Fahrgastverband kritisiert Politiker für den angeordneten Sparkurs. Bessere Wartung dringend notwendig
Hamburg. Bei dem Fahrgastverband Pro Bahn steht die Forderung nach mehr Investitionen in die Infrastruktur schon seit Jahren auf der Wunschliste an die Deutsche Bahn. "Es kann nicht sein, dass der Bund mit den Gewinnen der Bahn seinen Haushalt saniert. Vielmehr sollten die Millionen in viele kleine Maßnahmen der Infrastruktur investiert werden, damit die Bahn endlich wieder wetterfest wird", sagte der Bundesvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, dem Abendblatt. Wetterfest bedeute für ihn, dass die Bahn in allen Jahreszeiten fahrtüchtig sei - also im Sommer die Klimaanlagen funktionierten und im Winter die Weichenheizungen.
Schwere Vorwürfe richtet Naumann dabei an die Politik: "Die Politik hat im Zuge des geplanten Börsengangs jahrelang darauf gedrungen, dass die Deutsche Bahn einspart. Der Bahnvorstand hat wiederum so gehandelt, wie es der Eigentümer vorgegeben hat. Insofern trägt die Politik eine Mitverantwortung an dem heutigen Zustand."
Durch die jahrelangen Einsparungen an der Infrastruktur "genügt das Netz nur noch den alltäglichen Anforderungen", kritisiert Naumann. Sobald etwa ein Zug oder eine Klimaanlage ausfällt, gebe es praktisch keine Reserven mehr. Diese müssten aber durch zusätzliche Loks und Waggons oder ganze Züge wieder geschaffen werden.
Konkret fordert der Bundesvorsitzende von Pro Bahn, dass die Bahn in viele kleine Maßnahmen investieren müsste, damit der Verkehr reibungslos fließe. So müssten Klimaanlagen nachgerüstet werden. Das Schienennetz sollte weitere Abstell- und Überholgleise erhalten, um im Bedarfsfall bei der Betriebsführung flexibler zu sein.
Eingleisige Strecken müssten mit mehr Kreuzungsstellen ausgestattet werden, damit bei Verspätungen eines Zuges nicht der entgegenkommende Zug in eine Verspätung hineingezogen werde. Zudem müssten Züge Besandungsanlagen gegen rutschige Schienen erhalten. Aber auch die Wartung sollte verstärkt werden, damit beispielsweise defekte Toiletten wieder schneller repariert werden können, so Naumann. Dies alles könnte den Betrieb schon deutlich verbessern. "In den nächsten zwei bis drei Jahren muss massiv ins Bestandsnetz sowie in die Wartung investiert werden", hebt Naumann hervor. "Lieber sollten im Gegenzug Prestigeobjekte zurückgestellt werden", so Naumann. "Die Politik muss hier umdenken."
Eine Mitschuld an den zahlreichen Ausfällen bei der Bahn gibt Naumann auch den Herstellern. "Hier wird auch einiger Schrott geliefert", so Naumann. "Die Hersteller müssen hier mit an den Tisch, und die Politik sollte durchaus deutliche Worte finden. Schließlich könnten Züge ja auch im außereuropäischen Ausland bestellt werden."
Das Eingeständnis von Bahnchef Rüdiger Grube, dass die Bahn besser werden müsse, kann Naumann nur begrüßen. Grube habe begonnen, den Lok- und Waggonpark wieder aufzubauen. Dies sei der Beginn einer Trendwende, reiche aber noch nicht.