Nach Gerichtsurteil geht CDU-Landtagsfraktion mit Entwurf für Sportwetten in die Offensive. Hans-Jörn Arp will auch Private zulassen.
ABENDBLATT: Schleswig-Holstein hat sich als einziges Bundesland gegen den geplanten neuen Glücksspielstaatsvertrag ausgesprochen. Warum wollen Sie - die CDU-Landtagsfraktion und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen - ein staatliches Glücksspielmonopol in Deutschland verhindern?
HANS-JÖRN ARP: Das Monopol des Staatlichen Toto- und Lottoblocks hat in der heutigen Zeit keine Berechtigung mehr. Der Status widerspricht den Regeln des freien Wettbewerbs nach europäischem Recht. Wir wollen die Regelungen für das Glücksspiel in Deutschland jetzt diesen europäischen Vorgaben anpassen. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei auch die Liberalisierung des Vertriebs.
ABENDBLATT: Der neue Staatsvertrag soll aber gerade den Vertrieb von Lotto im Internet verbieten.
ARP: Und genau das ist völlig absurd. Junge deutsche Unternehmen wie Fluxx oder Tipp24, die Lotto erfolgreich im Internet vertreiben, müssten dann verboten werden. Zugleich würden Sportwettenanbieter wie Bwin in die Illegalität getrieben. Mit dem zusätzlichen Nachteil, dass der Staat auf diese Unternehmen dann überhaupt keinen Zugriff mehr hat. Da sagen wir: Das darf nicht sein. Ein Verbot des Vertriebs übers Internet passt nicht mehr in die Welt in der wir leben. Mir kann niemand erklären, warum Lottovertrieb im Internet verboten wird, gleichzeitig aber Medikamente legal darüber bestellt werden dürfen.
ABENDBLATT: Sie haben jetzt einen eigenen Entwurf für einen neuen Staatsvertrag für Sportwetten vorgelegt. Warum?
ARP: Wir sind überzeugt, dass nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Glücksspielen in Italien, der geplante Glücksspielstaatsvertrag für Deutschland rechtlich keinen Bestand mehr hat. Europa öffnet immer mehr seine Märkte - und wir Deutschen meinen, uns mit einem Glücksspielstaatsvertrag abschotten zu können, der völlig weltfremd und wahrscheinlich auch verfassungswidrig ist. Dieser Staatsvertrag würde schnell durch Gerichtsklagen zu Fall gebracht. Deshalb wäre es sinnvoll, ihn erst gar nicht umzusetzen, sondern durch eine liberalere Regelung zu ersetzen.
ABENDBLATT: Ihr Vorschlag?
ARP: Grundsätzlich sind wir überzeugt, dass der Staat auch künftig den Zugriff und die Kontrolle über das Glücksspielgeschäft haben sollte. Der Markt hat einen geschätzten Jahresumsatz von acht Milliarden Euro. Allerdings sehen wir den besten Zugriff auf den Markt nicht über ein staatliches Monopol, sondern über die Vergabe von Konzessionen. So lassen sich sowohl der Jugendschutz und die Suchtprävention am besten regulieren. Wichtig ist uns auch, dass der Staat durch Einnahmen aus den Glücksspielen weiter Mittel für die Förderung des Sports und der Kultur erhält wie dies bei Lotto und Toto geschieht. Das ist bei Sportwetten derzeit noch nicht der Fall.
ABENDBLATT: Was fordern Sie?
ARP: Der bestehende Lottostaatsvertrag, der bis 2014 gilt, soll im Kern bleiben wie er ist. Dort wollen wir nur den Vertrieb öffnen. Lottospielen muss überall - an Tankstellen wie beim Discounter - möglich sein, aber auch im Internet. Wenn man Lotto im Internet verbietet, gehen die Leute einen Mausklick weiter und spielen bei einer Gesellschaft im Ausland. Der deutsche Staat geht dann nicht nur finanziell leer aus, sondern kann auch das Spiel in keiner Weise mehr kontrollieren.
ABENDBLATT: Welches ist der Kern Ihres Sportwettenvertrags?
ARP: Wer Glücksspiele in einem Laden vertreiben will, muss eine Konzession in dem jeweiligen Bundesland beantragen. Nur wer eine Konzession erhält, darf am Markt tätig werden. Über das Konzessionsmodell kann kontrolliert werden, wer am Markt tätig ist. So kann auch überwacht werden, ob der Jugendschutz und die Maßnahmen zur Spielprävention eingehalten werden. Das ist uns sehr wichtig. Über die Konzession können zudem Abgaben aus den Spielgewinnen erhoben werden.
ABENDBLATT: Wie hoch soll diese Abgabe sein?
ARP: Wir schlagen 15 Prozent Gewinnabgabe vom "Hold" vor - also der Einnahme, die nach Abzug der Gewinnausschüttungen vom Umsatz übrig bleibt. Wir schätzen, dass dies dem Staat bundesweit rund 150 Millionen Euro brächte. Auf dieses Geld aus Sportwettengewinnen muss der Staat heute verzichten, da es für den Einzug der Gelder derzeit noch keine Rechtsgrundlage gibt.
ABENDBLATT: Dieses Geld soll dann sportlichen und kulturellen Organisationen zugute kommen?
ARP: Die Verwendung liegt im Ermessen der Bundesländer.
ABENDBLATT: Und wie wollen Sie den Jugendschutz sichern?
ARP: Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nicht spielen. Das könnte künftig noch besser kontrolliert werden, ebenso die Suchtprävention. Wenn ein Spieler sehr viel spielt, könnte ihm der Internetzugang gesperrt werden.
ABENDBLATT: Wie wollen Sie weiter vorgehen?
ARP: Wir werden in den nächsten Wochen versuchen, alle 15 Bundesländer und Ministerpräsidenten von unserem Entwurf zu überzeugen. Wir stehen unter großem Zeitdruck. Das Bundesverfassungsgericht hat uns auferlegt, bis Ende 2007 einen neuen Sportwettenstaatsvertrag vorzulegen. Am 22. März wird die EU entscheiden, ob der jetzt vorgelegte Staatsvertrag mit europäischem Recht vereinbar ist. Und ich bin fast sicher, dass der Entwurf durchfällt - und danach alle in unsere Richtung umdenken müssen.