“Deutschland geht es gut“, sagt Wirtschaftsminister Rösler. Die Bundesregierung lässt die Prognose unverändert, bleibt aber vorsichtig.

Berlin. Die Bundesregierung warnt wegen der ungelösten Euro-Schuldenkrise vor zu großem Konjunktur-Optimismus. „Auch wenn die deutsche Wirtschaft hervorragend aufgestellt ist, so sind wir mit unserer Projektion bewusst auf der vorsichtigen Seite geblieben“, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler am Mittwoch in Berlin. Neben den Problemen in der Euro-Zone könnten auch steigende Preise den Aufschwung gefährden.

+++Wirtschaft im Norden wächst deutlich langsamer+++

Die Regierung bleibt etwas vorsichtiger als führende Ökonomen und bestätigt ihre früheren Einschätzungen. Im laufenden Jahr wird ein Wachstum von 0,7 Prozent erwartet. Die führenden Forschungsinstitute trauen der deutschen Wirtschaft in ihrem vergangene Woche veröffentlichten Frühjahrsgutachten zu, nach einem Mini-Wachstum von 0,9 Prozent im laufenden Jahr bereits 2013 zwei Prozent oder mehr zu schaffen. Rösler bleibt auch hier vorsichtig. Laufe alles gut, sei im nächsten Jahr ein kräftiger Aufschwung mit 1,6 Prozent Wachstum möglich. „2013 wird die deutsche Wirtschaft stärker wachsen als in diesem Jahr. Deutschland geht es gut“, meinte Rösler. Freuen können sich die Arbeitnehmer: Die verfügbaren Einkommen legen in diesem Jahr über drei Prozent zu.

Rösler forderte vor dem Hintergrund neuer Unsicherheiten in den Euro-Ländern Frankreich, Niederlande, Spanien oder Griechenland eine konsequente Umsetzung des Fiskalpaktes für mehr Haushaltsdisziplin. „Die positiven Entwicklungen in Deutschland zeigen, dass sich Konsolidierung und mutige strukturelle Reformen am Arbeitsmarkt auszahlen“, sagte der FDP-Chef. Das sei eine wichtige Botschaft auch an die anderen EU-Länder. Die anderen EU-Staaten profitierten in der Krise davon, dass wegen der starken Inlandsnachfrage die deutschen Importe in beiden Jahren stärker stiegen als die Exporte. Allerdings steht die schwarz-gelbe Koalition in Berlin selbst in der Kritik, weil sie neue Milliarden-Ausgaben wie das Betreuungsgeld und zusätzliche Rentenleistungen für Eltern plant.

Die Zeit des billigen Geldes will Deutschland beenden. Die Bundesregierung werde darauf dringen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) sich wieder auf ihre Kernaufgabe der Geldwertstabilität konzentriere. „Die EZB hat unsere Unterstützung, damit sie zum geldpolitischen Normalmodus zurückfinden und sich auf ihr klares Mandat konzentrieren kann, Preisniveaustabilität zu sichern“, unterstrich der Vizekanzler.

Erfreut zeigte sich Rösler, dass die Arbeitslosigkeit trotz der jüngsten Wachstumsdelle weiter sinkt. „Es sind mehr Menschen in Lohn und Brot als je zuvor.“ Die Zahl der Arbeitslosen werde im Jahresschnitt in den kommenden zwei Jahren noch mal um insgesamt fast 200.000 zurückgehen. Damit sinke die Arbeitslosenquote in diesem Jahr auf 6,7 Prozent und im nächsten Jahr auf 6,5 Prozent. Die Arbeitnehmer profitieren vom Aufschwung. Das Plus bei den verfügbaren Einkommen beträgt laut Regierung in diesem Jahr 3,3 Prozent. Im nächsten Jahr steigen sie danach um weitere 3,1 Prozent. „Damit wachsen die verfügbaren Einkommen in vier aufeinander folgenden Jahren so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr“, erklärte Rösler. Die Teuerungsrate bleibt aber der Regierungsprognose zufolge in beiden Jahren mit 2,3 Prozent hoch.

DIW optimistisch

Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) lässt die Wirtschaft im laufenden Quartal ihre Delle hinter sich. „Die Inlandsnachfrage wird die Wirtschaft anschieben“, sagte DIW-Konjunkturexperte Simon Junker am Mittwoch. Die Konjunktur werde im laufenden Quartal um 0,4 Prozent anziehen, nach voraussichtlich plus 0,1 Prozent zu Jahresbeginn. „Die anhaltend gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und die wohl kräftig anziehenden Löhne sprechen dafür, dass der private Verbrauch ab dem Frühjahr spürbar zulegen wird.“

Dank günstiger Finanzierungsbedingungen dürften die Unternehmen ihre Investitionen ausweiten. Die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe habe sich zuletzt deutlich aufgehellt und die meisten Bilanzen für das erste Quartal hätten die Erwartungen übertroffen. Dennoch gehe die Unsicherheit an den Märkten nicht spurlos an Deutschland vorbei. „Die Eurokrise belastet die deutsche Wirtschaft immer noch, das Wachstum in Deutschland stützt sich deshalb zur Zeit vor allem auf die Inlandsnachfrage und die Exporte in die Schwellenländer“, betonte DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. Die Aufträge für die heimische Industrie aus den europäischen Krisenländern seien merklich zurückgegangen. „Nachdem sich die Krise zuletzt wieder etwas verschärft hat, ist auch vorerst nicht mit einer deutlichen Erholung der Exporte in den Euroraum zu rechnen“, sagte Fichtner.

Mit Material von dpa/rtr