VW erhofft sich viel von der Übernahme MANs. Die Nutzfahrzeug-Strategie ist vor allem eine Kampfansage an den den Konkurrenten Daimler.
München. VW hat nun endgültig das Steuer bei MAN übernommen. Das Wolfsburger unternehmen erhofft sich viel von der neuen Tochter. Das oft schwierige Geschäft mit Lastwagen soll schließlich dabei helfen, den Konzern bis 2018 an die Weltspitze zu bringen. Vor allem ist die Nutzfahrzeug-Strategie eine Kampfansage an Daimler. Die Schwaben sind die größten Konkurrenten für die beiden VW-Töchter Scania und MAN. Auch MAN erhofft sich nach einigem Zögern vom Ende der fast 255 Jahre währenden Unabhängigkeit nun „noch mehr Rückenwind“ auf dem Weg an die Weltspitze. Konzernchef Georg Pachta-Reyhofen muss nun liefern: Erfolge, Ergebnisse und Antworten.
Das wird gerade in diesem Jahr nicht einfach. Auf der ersten Hauptversammlung nach der Mehrheitsübernahme muss der Manager am Freitag in München einen rumpelnden Start ins Jahr verkünden. Vor allem wegen der Schuldenkrise laufen die Geschäfte gerade in Westeuropa schlecht. Das operative Ergebnis im ersten Quartal brach um 20 Prozent auf 253 Millionen Euro ein. „Unbefriedigend“ nennt Pachta-Reyhofen das. Auch Scania hat mit den schwächelnden Lkw-Märkten zu kämpfen. Die Branche gilt als besonders anfällig für Konjunkturschwankungen – derzeit dürften wegen der schwachen Nachfrage auch großzügige Rabatte die Gewinne drücken.
VW- und MAN-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch könnte das durchaus gelegen kommen. Er bastelt seit Jahren an seinem Lastwagen-Geschäft und erhöhte regelmäßig den Druck auf Scania und MAN, endlich eng zusammenzuarbeiten, um Kosten zu sparen.
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Doch die beiden stolzen Unternehmen haben ein schwieriges Verhältnis, nicht erst seit einem spektakulär gescheiterten Übernahmeversuch der Münchner. Im vergangenen Jahr stockte VW schließlich überraschend seinen Minderheitsanteil an MAN auf und machte Nägel mit Köpfen. Die schwierige Wirtschaft könnte den Druck auf die Hersteller erhöhen, nun gemeinsam die Kosten zu drücken.
Wie das alles im Detail aussehen wird, ist allerdings noch offen. „Was will VW“, fragt die Aktionärsschützerin Daniela Bergdolt. Die Anteile weiter erhöhen, über 75 Prozent hinaus? Und vor allem: Werden die übrigen Aktionäre später herausgedrängt? Antworten gibt es nicht. Das alles, sagt Pachta-Reyhofen, müsse man Volkswagen auf deren Hauptversammlung fragen. Die war allerdings einen Tag zuvor. Dort hatte VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch erklärt, man halte sich alles offen. „Daran hat sich nichts geändert von gestern auf heute“, sagte Piëch am Freitag nach einigen Nachfragen bereits leicht angesäuert.
Auch zur Zusammenarbeit mit Scania gibt es kaum Details. Bei VW verantwortet im Konzernvorstand Jochem Heizmann seit gut eineinhalb Jahren das Ressort Nutzfahrzeuge. „Seither bin ich dabei, mich intensiv einzuarbeiten“, sagte Heizmann am Freitag. Wie VW-Chef Martin Winterkorn soll Heizmann künftig im Aufsichtsrat von MAN sitzen. Doch Details zu seinen Vorstellungen sagt auch Heizmann nicht. Nur soviel: Er sehe große Einsparmöglichkeiten, nicht nur bei MAN und Scania, sondern auch im gesamten Konzernverbund.
Vor allem die leichten Nutzfahrzeuge dürfte er dabei im Visier haben. So könnten die Münchner einer größere Rolle beim Nachfolger des VW-Crafter haben, den die VW Nutzfahrzeuge bisher zusammen mit Daimler bauen. Er sehe da Möglichkeiten, deutete Piëch an.
Der Autopatriarch hatte in dieser Woche 75. Geburtstag gefeiert. Einen Tag später gab Audi bekannt, den italienischen Nobelmotorradbauer Ducati zu kaufen. Tags drauf saß er der VW-Hauptversammlung in Hamburg vor – eine pralle Woche für Piëch. Sein Projekt Lastwagen-Geschäft bleibt allerdings weiter eine Dauerbaustelle. (dpa)