Der Sanierungsplan des Unternehmens wurde gestoppt. Arbeitsplätze sollen von der angekündigten Insolvenz aber nicht betroffen sein.
München. Der Holzverarbeiter Pfleiderer steht unmittelbar vor der Pleite. Das Oberlandesgericht Frankfurt lehnte am Dienstag den Antrag des Oberpfälzer Unternehmens auf sofortige Umsetzung des Sanierungskonzepts ab. Für diesen Fall hatte Pfleiderer bereits einen Insolvenzantrag angekündigt. Das operative Geschäft der Töchter mit ihren weltweit 4000 Mitarbeitern soll davon jedoch nicht betroffen sein.
Mehrere Aktionäre und Anleihe-Gläubiger hatten gegen das im Juni 2011 von der Gläubigerversammlung beschlossene Rettungskonzept des Konzerns geklagt. Nach dem Landgericht Frankfurt gab jetzt auch das Oberlandesgericht den Klägern Recht und lehnte den Sofortvollzug des Sanierungsplans ab. Weil er bis zum 30. Juni umgesetzt sein müsste, der weitere Rechtsstreit aber noch Jahre dauern könnte, ist damit die letzte Frist für Pfleiderer abgelaufen. Einen bereits abgeschlossenen Vergleich mit den Klägern hatte das Unternehmen auf Druck der Banken widerrufen.
Pfleiderer war zunächst nicht für eine Reaktion zu erreichen, eine Börsen-Pflichtmitteilung wurde jedoch erwartet. Der Insolvenzantrag müsste dann in den nächsten Tagen beim Amtsgericht Nürnberg gestellt werden.
Pfleiderer-Vorstand Hans-Joachim Ziems hatte kürzlich erklärt, selbst bei einer Insolvenz der Dachgesellschaft würden Arbeitsplätze „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht verloren gehen. Das eigentliche Geschäft liege nach der Restrukturierung inzwischen bei den Tochterfirmen – und die seien weder überschuldet noch zahlungsunfähig. Die AG würde eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen und die Sanierung bis zum 30. Juni in einem sogenannten Planverfahren zu Ende bringen.
Pfleiderer ist einer der weltweit größten Hersteller von Span- und Faserplatten für Möbel und Laminatfußböden. 2010 erzielte der Konzern 1,5 Milliarden Euro Umsatz. Aber mit teuren Zukäufen in den USA kurz vor Beginn der dortigen Immobilienkrise hatte sich Pfleiderer übernommen und eine Schuldenlast von mehr als 1 Milliarde Euro angehäuft. Außerdem leidet das Unternehmen unter steigenden Holzpreisen.
Bis Ende Juni will Pfleiderer die Nordamerika-Geschäfte und die Fußboden-Tochter Pergo Europa verkaufen. Übrig bleiben unter dem Dach der Holding die Pfleiderer Holzwerkstoffe GmbH für das deutsche Geschäft und die 65-Prozent-Beteiligung an der Pfleiderer Grajewo in Polen. Dort liefen die Geschäfte inzwischen auch wieder, sagte Ziems: Der Umsatz dieser fortgeführten Aktivitäten wuchs 2011 auf fast 1,1 Milliarden Euro. Unter dem Strich machte Pfleiderer über alle Geschäfte aber 2011 erneut einen Verlust – auch wenn der mit 151 Millionen Euro deutlich kleiner ausfiel als 2010.
Das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte, den Beschlüssen der Gläubigerversammlung im Juni 2011 hätten alle Anleihegläubiger zustimmen müssen, damit sie gültig seien. Die Anleihen seien vor dem 5. August 2009 ausgegeben worden, und daher greife in diesem Fall nicht das Schuldverschreibungsgesetz 2009, nach dem eine einfache Mehrheit ausreicht.
Kläger-Anwalt Peter Dreier sagte am Dienstag: „Wir haben der Gesellschaft die Hand gereicht, um – trotz der offensichtlichen Nichtigkeit des Sanierungskonzeptes – die Überlebensfähigkeit sicherzustellen. Wenn nunmehr die Insolvenz angemeldet werden muss, ist dies allein den Kreditgebern zuzurechnen.“ Der Widerruf des Vergleichs sei völlig unverständlich. „Pfleiderer ist das Opfer eigensüchtiger Banken und Berater geworden, die – ohne Rücksicht auf Verluste – ausschließlich an ihr eigenes Gewinnstreben denken“, erklärte der Anwalt der Kläger. (abendblatt.de/dpa)