Konzern setzt verstärkt auf Apothekengeschäft. Umsatz der Marke Eucerin soll kräftig zulegen. Hautzentrum am Stephansplatz.
Hamburg. Nachdem mindestens eine Creme oder Lotion von Nivea in einem von 150 Ländern dieser Welt Marktführer ist, will der Hamburger Hautpflegekonzern Beiersdorf an diesen Erfolg nun mit seiner Marke Eucerin anknüpfen. Morgen wird Unternehmens-Chef Thomas-B. Quaas das weltweit erste Eucerin Haut Institut in Hamburg in der Alten Oberpostdirektion am Stephansplatz eröffnen.
Kunden sollen dort die Möglichkeit erhalten, die Produkte von Eucerin zu testen oder sich bei Hautproblemen beraten zu lassen. Unter anderem kommt in dem Institut laut Karin Hannig, die das weltweite Geschäft von Eucerin leitet, erstmals eine Weltneuheit zum Einsatz. Ein für Beiersdorf entwickelter Skin Code Reader ermittelt den individuellen Hautcode von Menschen. Auf Basis der Daten könne sich der Verbraucher besser pflegen. Zudem nutzt der Konzern die so ermittelten Ergebnisse für seine Forschung, falls der Kunde seine Zustimmung gibt. Die medizinische Hautpflegemarke wird ausschließlich in Apotheken angeboten. Beiersdorf erhofft sich von dem neuen Institut nicht nur mehr Nähe zu Apotheken und Ärzten, sondern auch mehr Umsatz.
Der Hamburger Cremehersteller braucht Erfolge, denn seit der Krise 2008 hängt das Unternehmen den Konkurrenten wie Unilever, L'Oreal oder Henkel hinterher. Wie hoch der Anteil von Eucerin an den Gesamterlösen des Konzerns in Höhe von 5,6 Milliarden Euro 2011 war, möchte das Unternehmen zwar nicht sagen. Aber nach Schätzungen von Experten liegt er bei rund zehn Prozent.
Über Jahrzehnte ist die ausschließlich in Apotheken erhältliche Creme neben der Weltmarke Nivea unscheinbar geblieben. Doch seit Karin Hannig im Jahr 2006 die Verantwortung übernahm, gab es zweistellige Wachstumsraten. Bis 2015, schätzt Beiersdorf-Marketingvorstand Ralph Gusko, könnte Eucerin um weitere 45 Prozent zulegen. Helfen soll dabei das Haut Institut.
+++ Kommentar: Beiersdorf muss zur Ruhe kommen +++
Das Potenzial für Eucerin wird als hoch eingestuft. Schließlich ist bei den 21 441 Apotheken in Deutschland noch viel Luft für weitere Kosmetikprodukte. Vom gesamten Umsatz der Branche in Höhe von 39,9 Milliarden Euro (ohne Mehrwertsteuer) im Jahr 2010 fiel mit 36,1 Milliarden Euro der Löwenanteil auf den Verkauf von Arzneimitteln. Kosmetische Produkte wie Eucerin und Mittel zur Hygiene machten zusammen nur rund eine Milliarde Euro aus.
Nachdem die Branche in den vergangenen Jahren durch das Arzneimittelneuordnungsgesetz Verdiensteinbußen verkraften musste, dürfte der Anreiz zum Verkauf von Pflegeprodukten in den Apotheken immens steigen - zumal die Cremes von Eucerin wegen der im Vergleich etwa zu Nivea höheren Preise auch mehr Umsatz bringen und mehr Gewinn abwerfen. Die Tatsache, dass der Umsatzanteil der Versandapotheken bereits bei fast zehn Prozent liegt, dürfte die Branche zudem auf Trab bringen. Derzeit liegt der Durchschnittserlös einer stationären Apotheke bei rund 1,86 Millionen Euro im Jahr, aber zwei Drittel der Betriebe setzen laut des Jahresberichts der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sogar weniger um.
Der Ort für das Haut Institut ist mit Bedacht gewählt. Im selben Gebäude betreibt der Dermatologie-Professor Volker Steinkraus sein über Hamburgs Grenzen hinaus bekanntes Dermatologikum. Auch andere Hautarztpraxen befinden sich in der Nähe, sodass das 13 Mitarbeiterinnen starke Team des Instituts Kunden mit dermatologischen Problemen gleich weiterverweisen kann. Hinzu kommt eine Apotheke neben dem Haut Institut, das sich in direkter Nähe zum Nivea-Haus am Jungfernstieg befindet, das gerade umgebaut wird. Beiersdorf setzt beim Verkauf von Eucerin-Produkten vor allem auf die Beratungsqualität der Apotheken. Im Eucerin Haut Institut jedoch geht es um den Dialog mit den Kunden. "Wir planen, auf freiwilliger Basis sowie anonymisiert Hautdaten unserer Kunden zu sammeln und zu analysieren", sagt Karin Hannig. Eucerin sei bereits in zahlreichen Ländern auf dem Markt und neben Deutschland unter anderem in Chile, Thailand und den USA Marktführer im Apothekensegment.
Ob nach dem Hamburger Institut weitere Eröffnungen folgen? Stefan Warnke, Leiter des deutschen Pharmaziegeschäfts des Unternehmens, gibt sich noch zugeknöpft. "Wir werden schauen, wie das Eucerin Haut Institut in Hamburg von den Verbrauchern angenommen wird." Auch das erste Nivea-Haus entstand in der Hansestadt. Inzwischen gibt es zwei weitere in Berlin und Dubai.