Schuldenkrise und Projektverzögerungen belasten den Konzern. Löscher: “Wir stehen zu den Zielen, die wir uns für 2012 gesteckt haben“.

München. Siemens ist schlecht ins Geschäftsjahr 2011/12 gestartet. Projektverzögerungen und die Staatsschuldenkrise belasteten den Konzern. Der Gewinn brach im ersten Quartal um 17 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro ein, wie Siemens am Dienstag vor der Hauptversammlung in München mitteilte. Der Umsatz im fortgeführten Geschäft stieg – unter anderem dank des hohen Auftragsbestands – um zwei Prozent auf 17,9 Milliarden Euro. „Die Realwirtschaft kann sich den Einflüssen der volatilen Finanzmärkte nicht entziehen“, sagte Siemens-Vorstandschef Peter Löscher. Öffentliche Budgets seien angespannt, Sorgen vor Kreditengpässen bremsten die Investitionsbereitschaft.

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„2012 wird kein leichtes Jahr“, sagte Löscher. „Wir stehen zu den Zielen, die wir uns für 2012 gesteckt haben. Aber angesichts der weltwirtschaftlichen Verfassung sind sie ambitionierter geworden.“ Siemens strebt im laufenden Geschäftsjahr unter anderem einen wachsenden Umsatz und einen Gewinn von sechs Milliarden Euro an. Unter anderem werde das Unternehmen von seiner breiten Aufstellung, und seiner soliden Finanzlage profitieren, sagte Löscher und lobte den auf 102 Milliarden Euro gestiegenen Auftragsbestand. Vor einem Jahr hatte er noch rund zehn Milliarden Euro niedriger gelegen.

Besonders stark vom Ergebnisrückgang war der Sektor Energie betroffen. Hier ging der operative Gewinn um 36 Prozent auf 481 Millionen Euro zurück. Die Bereiche Erneuerbare Energien und Stromübertragung rutschten sogar mit 48 Millionen beziehungsweise 145 Millionen Euro ins Minus. Bei der Stromübertragung litt Siemens nach eigenen Angaben unter verzögerten Projekten. Dies belastete das Ergebnis nach Konzernangaben mit 203 Millionen Euro. Bei den Projekten ist ein Auftragsvolumen von 1,6 Milliarden Euro betroffen. Im Bereich Windenergie machte dem Konzern unter anderem zu schaffen, dass er mehr Anlagen an Land baute. Dabei sei der Wettbewerb schärfer und die Margen niedriger, sagte Löscher. Er glaube, dass die goldenen Zeiten im Windbereich erstmal vorbei seien. Große Industriefirmen wie Siemens hätten hier aber weiterhin ihre Chancen. Bei Siemens werde sich die Situation im Windgeschäft bereits im zweiten Quartal verbessern.

Finanzvorstand Joe Kaeser bekräftigte, dass der Leuchtmittelhersteller Osram noch im laufenden Jahr an die Börse soll. Dies sei wahrscheinlich. Das Geschäftsumfeld im Lichtsektor habe einen Boden erreicht, und auch am Aktienmarkt sei die Situation günstiger. Im vergangenen Jahr hatte Siemens den Osram-Börsengang angesichts der schlechten Stimmung am Aktienmarkt noch abgesagt. Die aktuellen Zahlen von Siemens kamen an der Börse schlecht an. Der Aktienkurs fiel zwischenzeitlich um mehr als vier Prozent. Siemens gehörte damit zu den stärksten Verlierern im Leitindex DAX. Fondsmanager Christoph Niesel von Union Investment erklärte die Reaktion der Börse unter anderem mit Befürchtungen, dass Siemens sein Jahresziel nicht erreichen könne. Das könne vor allem passieren, wenn die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte nicht anziehe, sagte er. Zudem störe, dass Siemens immer wieder kleine negative Überraschungen wie die aktuellen Abschreibungen bringe. Kritik kam auch von Beschäftigten von Nokia Siemens Networks und Osram. Sie demonstrierten am Dienstag vor der Olmypiahalle, in der die Aktionäre zur Hauptversammlung zusammengekommen waren. Bei beiden Unternehmen wird Personal abgebaut.