Ex-Siemens-Manager wird Chef der kanadischen Blackberry-Firma Research in Motion. Das Zentrum für Entwicklung in Bochum will Heins behalten.

Waterloo. Der angeschlagene Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) gibt dem Druck der Anleger nach und wagt einen Neuanfang mit einem ehemaligen Siemens-Manager an der Spitze. Das kanadische Unternehmen gab am Sonntag bekannt, dass die langjährigen Chefs Mike Lazaridis und Jim Balsillie mit sofortiger Wirkung zurücktreten. Neuer Konzernchef ist Thorsten Heins, der 2007 bei RIM anheuerte. RIM war noch vor wenigen Jahren Marktführer bei Smartphones, hat aber derzeit heftig unter den neuen Konkurrenten Apple und Google zu leiden.

Investoren hatten das Unternehmen zuletzt kräftig unter Druck gesetzt, mit einem neuen Mann an der Spitze die Produktpalette zu erneuern und so an die goldenen Zeiten des Konzerns anzuknüpfen. Die Ernennung von Heins weckte bei Branchenexperten jedoch umgehend Zweifel, ob RIM die Wende schaffen kann - sie hatten auf ein neues Gesicht von außerhalb des Konzerns gehofft. "Ich bin mir nicht sicher, ob ein Ingenieur als neuer Chef wirklich die zentralen Probleme von RIM angehen kann“, sagte etwa Analyst Michael Urlocker von GMP Securities.

Lazaridis und Balsillie hatten seit rund zwei Jahrzehnten sowohl den Posten des Konzernchefs als auch den des Direktoriumsvorsitzenden gemeinsam ausgeübt. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Waterloo, dem Hauptsitz des Unternehmens, erklärten sie: "In jeder erfolgreichen Firma müssen die Gründer irgendwann erkennen, dass die Zeit gekommen ist, den Stab an eine neue Führung zu übergeben...dieser Moment ist nun gekommen.“ Die beiden Männer werden jedoch als Großaktionäre Mitglieder im Direktorium des Konzerns bleiben.

Heins: "Bochum ist ein wichtiger Standort“

Unterdessen bekennt sich der neue RIM-Chef Heins zum Standort Bochum. "In Bochum steht eines unserer Entwicklungszentren. Das ist ein wichtiger Standort für uns“, sagte Heins am späten Sonntag. RIM hatte das Entwicklungszentrum 2008 in der Ruhrgebietsstadt eröffnet. Der Blackberry-Hersteller hatte damals zahlreiche Nokia-Ingenieure übernommen, nachdem der finnische Handykonzern sein Werk unter öffentlichem Protest nach Rumänien verlagert hatte. Nach früheren Angaben arbeiten in Bochum rund 300 Leute für RIM. Sie haben etwa das neue Blackberry Bold 9790 entwickelt, das zusätzlich zu der typischen Tastatur einen Touchscreen besitzt.

"Blackberry ist stark in Europa“, sagte Heins. "In Großbritannien sind wir beispielsweise die Nummer eins unter den Smartphones.“ Der Smartphone-Wegbereiter steht jedoch seit dem Vormarsch von Apples iPhone und der Android-Telefone unter enormem Druck. Vor allem im wichtigen US-Markt ist der Marktanteil geschrumpft. "Wir müssen unser Marketing verbessern“, räumte Heins ein. "Wir müssen mehr auf die Kunden zugehen.“

Ein tagelanger Ausfall der Blackberry-Internetdienste hatte im Oktober viele Nutzer verärgert, die vor allem nicht auf ihre E-Mails zugreifen konnten. Zudem bemängeln Kritiker, dass das Betriebssystem der Blackberrys nicht mehr auf der Höhe der Zeit sei. "In diesem Jahr bringen wir unser erstes Gerät mit dem neuen Betriebssystem Blackberry 10 heraus“, sagte Heins. "Das ist ein großer Schritt.“

"Es ist ein wachsender Markt“, betonte Heins. Er sieht vor allem die Entwicklung in den aufstrebenden asiatischen Ländern positiv, wo sich viele Menschen erstmals ein Smartphone leisten können. "Hier gewinnen wir Marktanteile. In manchen Ländern sind wir Marktführer.“

Heins war nach einer Karriere in der Siemens-Kommunikationssparte 2007 zu RIM gewechselt, dessen Sitz im kanadischen Waterloo in der Provinz Ontario liegt. Zuletzt leitete der 54-Jährige zusammen mit einem Kollegen das Tagesgeschäft des Blackberry-Herstellers. Er habe nie Probleme gehabt, als Deutscher akzeptiert zu werden, sagte Heins, der verheiratet ist und zwei Kinder hat. "Kanada ist ein sehr offenes Land. Ich liebe es, hier zu leben.“

Mit Material von rtr und dpa