Die Drohungen, den Öl-Transport am Persischen Golf zu blockieren, schüren Sorgen. Dies hat auch Einfluss auf die Benzinkosten.
Hamburg. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, das in mancher Hinsicht an die Ölkrisen früherer Jahrzehnte erinnert. Der Iran drohte zum Jahreswechsel dem Westen damit, die Straße von Hormus zu sperren. Hintergrund ist der Streit um den Ausbau des iranischen Atomprogramms. Durch die Meerenge am Persischen Golf laufen rund 40 Prozent des weltweiten Öltransports zur See. Das führende Förderland Saudi-Arabien exportiert einen wesentlichen Teil seiner Ölmengen auf diesem Weg, aber auch Iran selbst sowie Irak und Kuwait. "Sollte der Iran tatsächlich seine Drohungen in eine Blockade umsetzen, wird der Ölpreis in die Höhe schießen", sagte der Rohstoffexperte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die Straße von Hormus sei ein "Nadelöhr".
Die Preise für Rohöl bilden sich an den internationalen Börsen aus verschiedenen Faktoren wie dem regionalen Angebot, aber auch aus der Versorgungslage am Weltölmarkt insgesamt. Die Nordsee-Referenzsorte Brent notierte am vergangenen Freitag bei 107,38 Dollar je Fass (159 Liter). Die wichtigste US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostete 98,83 Dollar. Gestern blieben die meisten Ölbörsen wegen des Jahreswechsels noch geschlossen und die Preise unverändert. Erst heute wird sich zeigen, inwieweit Irans Drohpolitik die Märkte bewegt.
Eine Abriegelung des wichtigsten Ölhandelsweges durch den Iran brächte allen beteiligten Seiten nur Schaden - höhere Ölpreise für die Verbraucherländer, aber zugleich auch eine weitgehende Einstellung des iranischen Ölexports, der die wichtigste Einkommensquelle des Landes darstellt. Letztlich würde eine Seeblockade des Tankerverkehrs wohl zu einer militärischen Eskalation in der Krisenregion des Persischen Golfs führen - mit unabsehbaren Folgen für den Weltfrieden.
"Ich glaube nicht, dass der Iran seine Drohungen tatsächlich wahr macht. Das Land würde sich selbst massiv schaden", sagte Leon Leschus, Rohstoffexperte am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). "An den Ölbörsen hat man die aktuellen Spannungen am Persischen Golf schon berücksichtigt. Sollte sich die Krise aber zuspitzen, würden wir schnell Preise von oberhalb der Rekordmarken des Jahres 2008 sehen." Getrieben durch Rohstoffspekulation und das starke Wachstum vor allem in China, war der Preis für ein Fass Brent Mitte 2008 auf bis zu 145 Dollar gestiegen. Kurz darauf allerdings eskalierte die Weltfinanzmarktkrise mit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers. Der Preis für Brent stürzte bis Ende 2008 auf rund 40 Dollar je Fass ab.
Seither hat sich der Ölpreis konstant wieder über die 100-Dollar-Marke heraufentwickelt. "Der wichtigste Faktor dafür ist das starke Wirtschaftswachstum Chinas, aber auch Indiens und anderer asiatischer Staaten", sagte Leschus. Dieser Trend treibt den Ölpreis bereits das gesamte zurückliegende Jahrzehnt hindurch an.
Auch auf die Spritpreise wirkt sich das teure Rohöl aus. Wie der ADAC gestern mitteilte, war 2011 ohnehin ein neues Rekordjahr mit einem Durchschnittspreis von 1,52 Euro je Liter Super E10 und 1,41 Euro je Liter Diesel. Allerdings beträgt der Anteil des Rohstoffpreises bei Super derzeit weniger als ein Drittel. Gut 62 Prozent des Endpreises für einen Liter Super bestehen aus Energie- und Mehrwertsteuer.
Der Preisanteil des Rohöls am Kraftstoff hängt letztlich von mehreren Faktoren ab: "Ein Liter Öl ist nicht gleichzusetzen mit einem Liter Benzin oder Diesel, die aus dem Rohstoff gewonnen werden", sagte Karin Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband. "Wichtig ist, welches Teilprodukt wie stark gefragt ist." Auch der Umtauschkurs von Dollar und Euro beeinflusst die Spritpreise. Rohöl wird in Dollar gehandelt. Je stärker der Euro gegenüber dem Dollar notiert, desto weniger kostet das Öl in den Euro-Ländern.
Letztlich führen hohe Ölpreise auch dazu, dass der Ölverbrauch in Industriestaaten wie Deutschland stetig sinkt. Im Jahr 2010 wurde hierzulande ein Drittel des gesamten Primärenergiebedarfs durch Mineralöl gedeckt. In der Mitte der 1970er-Jahre war es mehr als die Hälfte.