Nach jahrelangen Ermittlungen hat die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen sechs ehemalige Vorstände der HSH Nordbank Anklage erhoben.

Frankfurt/Hamburg. Seit Ende März 2011 ist Dirk Jens Nonnenmacher schon nicht mehr Chef der HSH Nordbank. Jetzt holt die Vergangenheit den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden ein: Nach jahrelangen Ermittlungen hat die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen sechs ehemalige Vorstände der HSH Nordbank Anklage erhoben. Zu den Beschuldigten zählen auch die früheren Vorstandschefs Nonnenmacher und Hans Berger.

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Nonnenmacher musste im vergangenen Frühjahr nicht wegen der Ermittlungen gegen ihn das Amt räumen. Er hatte vielmehr den Rückhalt der Haupteigentümer verloren, der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Die Bank ließ Kritiker von Detektiven überwachen, zahlte trotz tiefroter Ergebnisse Millionen an Boni auch an Nonnenmacher und drängte einen Topmanager mit unsauberen Methoden aus dem Amt. Am Ende wurde es den Regierungen der beiden Länder zu bunt, Nonnenmacher musste trotz einer Erholung der Geschäftszahlen gehen.

Vor Gericht wird es aber um alle diese Themen nicht gehen. Den Managern wird Untreue und Bilanzfälschung vorgeworfen. Sie sollen mit einem umstrittenen Kreislaufgeschäft namens Omega 55 zum Jahresende 2007 hohe Millionenverluste ausgelöst haben. Nonnenmacher war damals Vorstandsmitglied, aber noch nicht Chef. Er soll aber an der Genehmigung beteiligt gewesen sein.

Die Klage wird abgeleitet von dem sogenannten Omega-55-Geschäft: Die HSH Nordbank hatte Ende 2007 Milliardenrisiken an die französische Bank BNP Paribas übertragen, um die eigene Bilanz zu entlasten. Offenbar war von vornherein geplant, die Risiken nach kurzer Zeit wieder zurück in die HSH-Bilanz zu nehmen. Die Geschäfte führten dann aber in der Bilanz 2008 zu Verlusten in Höhe von 500 Millionen Euro. Insgesamt häufte die Bank 2008 rund 2,8 Milliarden Euro Verluste aus Fehlspekulationen an. Vorstandschef Hans Berger trat zurück, Nonnenmacher übernahm.

Ausgangspunkt der Ermittlungen der Sonderkommission „Conduit“ war eine Anzeige des Hamburger Anwalts Gerhard Strate. Er warf der Bank vor, in den vergangenen Jahren nicht kalkulierbare Risiken eingegangen zu sein, für die letztlich der Steuerzahler einstehen musste. Im Mai 2010 hatte die Staatsanwaltschaft Geschäftsräume der HSH Nordbank und Privatwohnungen ehemaliger Vorstände durchsucht. Ob es zu einem Prozess kommt, hängt nun am Landgericht: Die zuständige Kammer kann eine Prozesseröffnung ablehnen. Falls der Fall vor Gericht geht, droht ein langer Prozess, denn zahlreiche Akten und andere Unterlagen müssten geprüft werden.

Die Landesbank wurde von den Hauptanteilseignern Schleswig-Holstein und Hamburg nach den Milliarden-Verlusten durch eine Kapitalspritze in Höhe von drei Milliarden Euro sowie Garantien über zehn Milliarden Euro gerettet. Diese Geldspritzen lösten ein Verfahren der EU aus, weil mit diesen Staatsmitteln der Wettbewerb verzerrt wurde. Im Ergebnis muss die Bank ihr Geschäft kräftig verkleinern und sich von Hunderten Mitarbeitern trennen. Mathematikprofessor Nonnenmacher ließ bisher immer jeder Verantwortung für die Omega-Verluste zurückweisen. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der Vorwurf der Bilanzfälschung völlig absurd ist“, sagte er Ende 2010. Er fügte hinzu: „Eine falsche Bilanz ist keine gefälschte Bilanz.“ Die umstrittenen Omega-Geschäfte seien aber falsch bilanziert worden, räumte er ein. Die Bank hatte ihre Bilanz 2009 offiziell korrigiert.

(abendblatt.de/dapd)