Die Bundesregierung will die Banken zur Kasse bitten, um die Staatsfinanzen zu sanieren. Das Problem: Die meisten sind selbst klamm.
Als ein Fan einer Steuer auf Finanzgeschäfte war Wolfgang Schäuble lange nicht aufgefallen. Wo auch immer der Bundesfinanzminister auftauchte, da betonte er, dass er eine solche Abgabe nur international abgestimmt erheben wolle. Und international, das wurde am vergangenen Wochenende beim Treffen der G-20-Finanzminister im südkoreanischen Busan klar, ist die Idee nicht konsensfähig. Umso überraschender war dann, dass ausgerechnet Schäuble verlauten ließ, notfalls werde er versuchen, die Idee nur in Europa umzusetzen. Die Pläne des Ministers haben sich offensichtlich geändert.
Schäuble braucht das Geld. Und seit dem Wochenanfang ist auch klar, wofür. Sein Sparpaket sieht ab 2012 jährliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro aus der Finanzsteuer vor. Zwei Milliarden Euro, auf die er bei seinem ohnehin eng gestrickten Haushalt nicht verzichten kann. Notfalls wollen einige in der CDU dafür sogar den nationalen Alleingang wagen. Norbert Barthle, der haushaltspolitische Sprecher der Union, hat das diese Woche in der "Welt" gefordert.
Das Ziel ist klar: Die Wirtschaft soll über neue Steuern einen Teil des Geldes bringen, das im Bundesetat fehlt - in der Koalition sieht man das als wichtiges Element, um das Sparpaket sozial auszubalancieren. In diesem Ringen geht allerdings eine zentrale Frage unter: wie viel bei den Banken überhaupt zu holen ist - und ob man nicht auf dem besten Weg ist, sie hoffnungslos zu überfordern.
Man kann davon ausgehen, dass die Banker in der Bevölkerung kaum Mitleid erregen werden. Jahrelang hat die Branche mit ihren Spekulationsgeschäften Milliardengewinne erzielt. Als die Blase platzte, musste vielerorts der Steuerzahler einspringen. Wenn die Banker jetzt zumindest einen kleinen Teil des Geldes zurückzahlen, dann sei das nur fair, heißt es selbst in den Reihen der CDU. Dass sich gerade die deutschen Geldhäuser das kaum leisten können, interessiert in Berlin kaum jemanden.
Das Problem ist die Summe der Dinge, die die Banken leisten sollen. Denn neben der schon verplanten Finanzsteuer will Schäuble auch noch eine nationale Bankenabgabe einführen. Kostenpunkt für die Branche: 1,2 Milliarden Euro im Jahr. Mit dem Geld soll ein Fonds aufgefüllt werden, der im Krisenfall wackelige Banken stabilisiert. Damit wären schon 3,2 Milliarden Euro der Jahresgewinne aller deutschen Geldhäuser abgeschöpft. Das aber ist noch lange nicht das Ende der Belastungen. Denn die Banken sollen künftig außerdem ihr Eigenkapital kräftig aufstocken, um im Notfall ein dickeres Sicherheitspolster zu haben.
Bis zum Jahresende sollen Vorschläge von Notenbankern und Aufsehern kommen. "Außerdem sind weitere Abschreibungswellen nicht auszuschließen", warnt Bankenprofessor Dirk Schiereck von der Technischen Universität Darmstadt. Als Risikofaktoren gelten etwa Kredite für Gewerbeimmobilien oder Schiffe - oder auch Anleihen hoch verschuldeter Staaten. "Wenn es da noch einmal einschlägt, müssen die Banken zusätzlich auch noch Verluste ausgleichen", sagt Schiereck.
Woher all das Geld kommen soll, können einem auch in Berlin Kenner der Materie nicht vermitteln. "Bis auf die Deutsche Bank verdient keines der großen Geldhäuser hierzulande genug, um Bankenabgabe sowie Steuer zu zahlen und dann auch noch sein Eigenkapital aufzustocken", heißt es in der Koalition. Die Commerzbank, die mit 18 Milliarden Euro Steuergeld gestützt wurde, ist bislang nicht einmal in der Lage, die Zinsen auf die Einlage des Bundes zu zahlen, weil sie auch im Jahr 2009 Milliardenverluste schrieb - von einer Rückzahlung ganz zu schweigen. Noch desaströser ist die Verfassung der verstaatlichten Hypo Real Estate.
Auch die Landesbanken sind größtenteils nur mit staatlicher Hilfe überlebensfähig. Gewinne, auf die sie Steuern zahlen könnten, machen sie kaum. Blieben praktisch nur noch Sparkassen und Genossenschaftsbanken - die sollen aber weitgehend geschont werden. "Das läuft auf ein reines Spiel gegen die Deutsche Bank hinaus", sagt Schiereck. Doch selbst der Branchenprimus verdient nicht genug, um so stark angezapft werden zu können. "Wir müssen aufpassen, dass wir das einzig konkurrenzfähige Haus des Landes nicht überfordern", heißt es in Berlin.
Zieht die Politik dennoch blank, dürften die Banken versuchen, die Lasten auf ihre Kunden abzuwälzen - auch wenn das angesichts des scharfen Wettbewerbs schwierig ist. Höhere Bankgebühren für Schäubles Haushalt - sozialer würde das Sparpaket dadurch nicht.