Der Airbus-Mutterkonzern EADS wird sein Angebot vielleicht doch bestehen lassen. Neben Boeing gäbe es dann zwei weitere Bewerber.

New York. Der Bieterkampf um den milliardenschweren Tankerauftrag für die US-Luftwaffe hat eine überraschende Wendung genommen: Im letzten Moment hat sich ein staatlich kontrolliertes russisches Konsortium zu Wort gemeldet. Möglicherweise überlegt es sich auch der europäische Airbus-Konzern noch einmal anders und schickt seine Maschine wieder ins Rennen.

Das russische Konsortium United Aircraft Corporation wolle mit einer umgebauten Version des Passagierflugzeugs Iljuschin-96 ins Rennen gehen, berichtete das „Wall Street Journal“ am Samstag unter Berufung auf informierte Personen. Am Montag solle ein Vertrag für ein Gemeinschafts- unternehmen mit einem US-Partner unterschrieben werden, bestätigte Anwalt John Kirkland aus Los Angeles. Er vertritt das Konsortium in den USA.

Das Pentagon zeigte sich offen für den neuen Anbieter. Zuletzt war nur noch der US-Konzern Boeing im Rennen um das sogenannte Jahrhundertgeschäft übrig geblieben. Das hatte in den USA Befürchtungen ausgelöst, dass die Kosten in die Höhe schnellen könnten. Erst einmal geht es um 179 Tankflugzeuge im Wert von mindestens 35 Milliarden Dollar. Service- und Folgeaufträge versprechen langfristig aber ein Geschäft von 100 Milliarden Dollar.

Die Iljuschin-Flugzeuge des russischen Konsortiums sollen dem Zeitungsbericht zufolge weitgehend in Russland gebaut und in den USA endmontiert werden. Ein Geheimnis ist bislang, wer der US-Partner der Russen ist. Auch der russische Sprecher des Konsortiums lehnte dazu am Sonntag einen Kommentar ab. Das „Wall Street Journal“ sprach von einem „kleinen US-Rüstungsunternehmen“. Anwalt Kirkland machte klar, dass das Konsortium weitergehende Pläne auf dem wichtigen Rüstungsmarkt USA hat.

Unklar ist, wie die Beteiligung der russischen Regierung in den Vereinigten Staaten ankommt. Der Kreml hat in der United Aircraft Corporation (UAC) die wichtigsten Flugzeugbauer des Landes zusammengeschlossen, darunter Iljuschin, Tupolew und Suchoi. Das Konsortium, das in Russland unter der Abkürzung OAK bekannt ist, konnte im Ausland bislang aber kaum punkten. Boeing und Airbus dominieren den Markt.

Die umgebaute russische Maschine soll die Bezeichnung Iljuschin-98 bekommen, schrieb das „Wall Street Journal“. Das in den 90er Jahren eingeführte zivile Grundmodell Il-96 verkauft sich nur schleppend, selbst die russische Fluggesellschaft Aeroflot nahm nur wenige Maschinen ab.

Um das „Jahrhundertgeschäft“ gibt es seit Jahren Streit. Zunächst waren die Airbus-Mutter EADS und der US-Partner Northrop Grumman zu Siegern erklärt worden. Rivale Boeing konnte die Auftragsvergabe jedoch erfolgreich anfechten und der Mega-Deal wurde neu ausgeschrieben.

Anfang März kündigte Northrop Grumman schließlich an, bei der neuen Ausschreibung nicht mehr antreten zu wollen. Die Begründung lautete, die neuen Bedingungen seien auf den kleineren Boeing-Tanker zugeschnitten. Damit schien auch für Airbus das Rennen gelaufen. Zuletzt hatte das US-Verteidigungsministerium aber eine Verlängerung der Ausschreibungsfrist in Aussicht gestellt, um EADS eine Bewerbung zu ermöglichen. EADS reagierte darauf zunächst zurückhaltend.

Airbus war mit einer umgebauten Variante seines zweistrahlingen Langstrecken-Jets A330 ins Rennen gegangen, Boeing mit seiner konkurrierenden 767. Diese hat nicht nur einen schmaleren Rumpf, sondern ist auch zehn Jahre älter. Boeing wirbt damit, dass die Maschine weniger Treibstoff verbraucht als der größere und schwere Airbus-Flieger.

Die neuen Tankflugzeuge sollen die mehr als ein halbes Jahrhundert alten Boeing KC-135 ersetzen. In allen offenen internationalen Wettbewerben hat sich Airbus' sogenannte KC-45 bislang immer gegen Boeings KC-767 durchgesetzt. Die genauen technischen Daten des russischen Konkurrenzmodells sind noch unbekannt.