Hamburg. Das deutsche Kaiserreich ist noch jung in diesen 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts. Reichskanzler Otto von Bismarck will die Zollunion für das ganze Land. Dagegen sträuben sich die Kaufleute in Bremen und Hamburg, weil sie ihre Waren weiter kostengünstig im Freihafen und damit ohne Zoll lagern wollen. Da gelingt Hamburgs Bürgermeister Johannes Versmann ein Kompromiss: Hamburg wird zolltechnisch Teil des Reiches, dennoch bleibt ein Freihafen bestehen. Zentraler Akteur dort ist vom 7. März 1885 an die Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft (HFLG) - das Vorgängerunternehmen der heutigen Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Seit 125 Jahre steht sie für Hamburgs Anteil an der Globalisierung.
Gegründet wird die HFLG als Aktiengesellschaft, der die Stadt ihr Gelände pachtfrei zur Verfügung stellt. Straßen und Kais werden auch mit Zuschüssen des Reiches ausgebaut, den Bau der Speicherhallen plant die Stadt mit. Partner der zunächst privaten Gesellschaft sind Kaufleute und die Norddeutsche Bank, die 44 Jahre später in der Deutschen Bank aufgehen wird. Die Stadt muss die Gewinne, die ihr aufgrund der bereitgestellten Grundstücke zustehen, in Aktien der HFLG investieren. So geht die Hafengesellschaft bis 1928 nach und nach in den Besitz Hamburgs über. Ein Fakt, der sich erst am 2. November 2007 wieder ändert, als 30 Prozent des Unternehmens an die Börse gehen.
Bis zum Ersten Weltkrieg erlebt das neue Unternehmen einen Boom ähnlich dem, der bis 2008 den Containerumschlag in Hamburg bis auf fast zehn Millionen Standardcontainer anschwellen lässt. Der innerdeutsche Handel profitiert vom Wegfall der Zölle, der Austausch mit Osteuropa und Russland floriert. Hamburg wird nach New York und London der größte Hafen der Welt.
Zweimal unterbrechen dann die Weltkriege den Aufschwung der HFLG, die 1935 unter der Regie der Nazis mit dem staatlichen Kaibetrieb - vergleichbar mit der Hamburg Port Authority - zusammengeführt und 1939 in Hamburger Hafen und Lagerhaus AG (HHLA) umbenannt wird. 1945 markiert den Tiefpunkt. Der Bombenkrieg hat gerade noch einen Umschlag von 1,8 Millionen Tonnen zugelassen. Das ist so viel wie 1865, bevor mit dem Sandtorkai das erste errichtete Hafenbecken in Betrieb geht.
Nach dem Krieg steht der Wiederaufbau unter der Regie von Ernst Plate, der 1946 zum HHLA-Vorstandschef aufsteigt. Seinen Eintritt in die NSDAP 1936 verzeihen ihm die siegreichen Alliierten. Plate gelingt der Neubeginn - ausgerichtet auf den Verkehr aus der Vorkriegszeit. Vom Einstieg in das Containerzeitalter will er noch 1965 nichts wissen.
"Bremens Hafensenator Georg Bortscheller war die Neuausrichtung des Umschlags eher klar als Plate", sagt Franklin Kopitzsch, Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Hamburg. Dagegen ist Helmuth Kern sofort davon überzeugt, dass Hamburg den Containerumschlag für die Zukunft braucht. Als Kern 1966 Wirtschaftssenator wird, legt er als erste Vorlage den Ausbauplan für den Burchardkai zum Containerterminal vor. Er ist heute der größte der drei HHLA-Terminals und wird erneut modernisiert
Der Siegeszug des Containers hält über Jahrzehnte an. Erst 2009 geht die Zahl der umgeschlagenen Boxen erstmals in einem Jahr zurück - die Weltwirtschaftkrise würgt die Dynamik des Welthandels ab. "Wir haben zum ersten Mal einen konjunkturellen Einbruch", sagt Kopitzsch.
Damit stellt sich für den Professor die Frage, ob "nicht noch stärker über strategische Allianzen nachgedacht werden muss". Dabei sei eine engere Zusammenarbeit mit Bremen bedenkenswert. Auch Wilhelmshaven, wohin künftig Zubringerverkehre aus Hamburg abwandern könnten, schließt Kopitzsch in diese Überlegungen ein: "Für weltweit agierende Reedereien geht es doch darum, Container nach Deutschland und nicht unbedingt in einen bestimmten Hafen zu bringen."
Eine Zusammenarbeit der Häfen, glaubt er, würde zudem die Chancen erhöhen, Projekte wie die Weser- und Elbvertiefung bei der Bundesregierung rascher durchzusetzen. Beide Projekte brauchen beide Städte - für den nächsten Aufschwung.
Zum Jubiläum der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) erscheint das Buch "Welt im Fluss". Der Hoffmann und Campe Verlag stellt es am 16. März in Hamburg vor. Der Autor, Wirtschaftsjournalist Oliver Driesen (43), behandelt nicht nur die Geschichte der HHLA, sondern des gesamten Hafens auch über die 125 Jahre des Bestehens der HHLA hinaus. Das Buch ist ab 19. März im Handel erhältlich und kostet 35 Euro.