Bisher werden Beschäftigungszeiten erst ab dem 25. Lebensjahr angerechnet. Die Regelung verstößt gegen EU-Recht, so ein Urteil.
Luxemburg. Im deutschen Arbeitsrecht müssen die gesetzlichen Kündigungsfristen geändert werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in Luxemburg, die bisher geltende Regelung, wonach bei den Kündigungsfristen die Beschäftigungszeiten erst vom 25. Lebensjahr an berücksichtigt werden, verstoße gegen das EU-Recht. Es handele sich um eine verbotene Diskriminierung aus Gründen des Alters. Die höchsten EU- Richter wiesen die deutschen Gerichte an, die fragliche deutsche Regelung in laufenden Prozessen vor Arbeitsgerichten „erforderlichenfalls unangewendet zu lassen“.
Der Entscheidung (Rechtssache C-555/07) lag die Klage einer Frau zugrunde, die im 18. Lebensjahr von einem Essener Unternehmen angestellt und zehn Jahre später entlassen worden war. Dabei wurde ihr wegen einer Beschäftigungsdauer von drei Jahren (seit dem 25. Geburtstag) lediglich ein Monat Kündigungsfrist zugestanden. Bei zehn Jahren hätte sie Anspruch auf vier Monate gehabt.
Der EuGHverwies darauf, dass eine auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung nur dann zulässig sei, wenn sie durch ein legitimes Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung gerechtfertigt sei. Außerdem müssten die Mittel zur Erreichung des Ziels „angemessen und erforderlich“ sein. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte als Berufungsinstanz den EuGH gefragt, ob dies im strittigen Verfahren der Fall sein könnte. Die EU-Richter verneinten: Die deutsche Regelung sei „nicht angemessen oder geeignet“.
Sie wiesen insbesondere die Argumentation zurück, der Arbeitgeber solle eine „größere personalwirtschaftliche Flexibilität“ bekommen, weil jüngeren Arbeitnehmern eine größere berufliche und persönliche Mobilität zugemutet werden könne. Dies sei nicht der Fall, weil die Nichtanrechnung der Betriebszugehörigkeit vor dem 25. Lebensjahr unabhängig vom Alter bei einer Entlassung gelte. Das Gericht stellte auch fest, ein Einzelner könne sich vor Gericht nicht direkt auf die EU-Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung berufen. Das Diskriminierungsverbot sei jedoch ein „allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts“. Das nationale Gericht müsse „die volle Wirksamkeit des Unionsrechts“ gewährleisten. Deshalb dürfe es in einem solchen Fall nationales Recht nicht anwenden.