Der Erstflug der Militär-Airbus A400M war erfolgreich. Jetzt geht der Milliarden-Poker um die Mehrkosten in die Endrunde.

Sevilla. Die A400M-Käuferstaaten haben sich im Milliarden-Poker um den Militärtransporter auf eine gemeinsame Position geeinigt. Über den Inhalt sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte der deutsche Rüstungsstaatssekretär Rüdiger Wolf am Freitag beim Jungfernflug der Maschine in Sevilla. Der knapp vierstündige Erstflug des bulligen Airbus, dessen Produktion um Jahre verzögert ist, verlief problemlos. „Es ist sehr bewegend. Man bekommt den Beweis, dass das Flugzeug lebt“, sagte EADS-Chef Louis Gallois.

Wolf sagte, die Staaten hätten dem Airbus-Mutterkonzern EADS eine Frist zur Stellungnahme bis Jahresende gesetzt. Das Stillhalteabkommen solle bis Ende Januar verlängert werden, der Vertrag bleibe damit vorerst unverändert. Damit behielten die Käufer auch ihr Kündigungsrecht bis Ende März. Deutschland halte weiter an der Order für alle 60 bestellten A400M fest, betonte Wolf. Damit scheint die Abnahme von weniger Flugzeugen zum gleichen Preis als Zugeständnis an EADS vorerst vom Tisch zu sein. Alternativ könnten die Staaten dem Rüstungskonzern entgegenkommen, indem sie die Lieferung über einen größeren Zeitraum strecken oder sich direkt an den Mehrkosten in Milliardenhöhe beteiligen.

Wolf schloss finanzielle Konzessionen nicht in letzter Konsequenz aus. Der Staatssekretär verwies lediglich auf das Schreiben an EADS, in dem die Nationen dem Rüstungskonzern keine finanziellen Zugeständnisse machten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, Deutschland wolle den Transporter. Deutschland könne aber auch nicht beliebig lange warten.

Einem unabhängigen Gutachten zufolge belaufen sich die finanziellen Risiken und bereits angehäuften Verluste durch den A400M für EADS insgesamt auf nahezu elf Milliarden Euro. Das schließe die Rückstellungen von 2,4 Milliarden Euro ein, die der Konzern bereits angelegt hat, hieß es in der Umgebung des Projekts unter Berufung auf eine Studie der Wirtschaftsprüfer von PriceWaterhouseCoopers. Dazu kämen zusätzliche Entwicklungsrisiken in Höhe von drei Milliarden Euro. Außerdem bemühe sich EADS, 5,3 Milliarden Euro an Kostensteigerungen an die Abnehmerstaaten abzugeben. Für diese Käufer würde der Preis pro Flugzeug damit um 25 Prozent auf 140 Millionen Euro steigen.

Während die Abnehmerstaaten verhandelten, absolvierte der neue Airbus mit dem Spitznamen „Grizzly“ am Flughafen von Sevilla mit zwei Jahren Verspätung seinen Jungfernflug. Unter dem Applaus Hunderter Zuschauer aus Politik, Militär und Rüstungsindustrie hob der massige Transporter erstmals von der Startbahn ab. Knapp vier Stunden später landeten die Testpiloten sicher. Mit einem ursprünglich vereinbarten Festpreis von 20 Milliarden Euro ist der A400M das größte europäische Rüstungsprojekt. Das Flugzeug soll künftig in Sevilla zusammengebaut werden.

EADS-Chef Gallois war nach dem Abheben des A400M sichtbar erleichtert und enthusiastisch. „Der erste Flug ist der wichtigste für ein Flugzeug“, sagte er am Rande der Startbahn. Auch Airbus-Chef Tom Enders hatte auf den Start hingefiebert. „Glauben Sie mir: Ich wäre wirklich gern an Bord“, sagte der frühere Fallschirmjäger, der in der Branche scherzhaft „Major Tom“ genannt wird. Der britische Rüstungsminister Quentin Daibes reagierte zurückhaltender auf den Start. „Es wäre natürlich deprimierend gewesen, wenn es nicht geflogen wäre“, sagte er. „Es ist ein wichtiger Schritt nach vorn, aber wir haben noch viel Arbeit vor uns“.

Deutschland ist mit 60 von insgesamt 180 Bestellungen größter Abnehmer des A400M, der bei der Bundeswehr die über 30 Jahre alten Transalls ersetzen soll. Vor allem für den Einsatz in Afghanistan wird das deutlich größere Turboprop-Flugzeug benötigt, das bei normaler Beladung mit 20 Tonnen Truppen und Material eine Reichweite von knapp 3500 Kilometern und maximal 8700 Kilometern haben soll. Die Auslieferung dürfte allerdings drei bis vier Jahre hinter dem Zeitplan herhinken: Frankreich soll seine erste Maschine 2013 erhalten, Deutschland ist danach an der Reihe.