Ende 2010 will Google sein eigenes Betriebssystem auf den Markt bringen - und damit Windows an den Kragen gehen.
Berlin. Im Internet hat Google den Softwareriesen Microsoft schon längst weit überholt. Nun greift der Internetkonzern den Konkurrenten auf seinem Kerngebiet an: Ende 2010 will Google sein eigenes Betriebssystem auf den Markt bringen - und damit Windows an den Kragen gehen. Die Grundzüge hat der Konzern am Donnerstag vorgestellt. Dabei macht Google das Internet zum Prinzip: Das Chrome OS getaufte System soll eine Art Internetbrowser mit eingebautem Betriebssystem werden.
Betriebssysteme bringen Computer überhaupt erst zum Laufen. Sie sind die Grundlage für alle anderen Anwendungen wie Büro- und E-Mail-Programme oder Internetbrowser. Mit Chrome OS will Google nun gänzlich neue Wege gehen: Der Konzern will komplett „überdenken, was ein Betriebssystem sein sollte“. Es sei das „schnelle Leichtgewicht“ unter den Betriebsystemen. „Mit Google OS Chrome machen wir die elektronische Datenverarbeitung schneller, einfacher und sicherer als je zuvor“, erklärt Chrome-OS-Entwicklungschef Sundar Pichai.
Die Ambitionen von Google sind hoch und die Versprechungen vollmundig. Geschwindigkeit, Einfachheit und Sicherheit sollen die zentralen Aspekte von Google Chrome OS sein. Mit dem System fährt der Computer in wenigen Sekunden hoch, und es ist für Menschen geschaffen, die die meiste Zeit im Web verbringen. Das Unternehmen moniert, bisherige Betriebssysteme wie Windows, Mac OS oder Linux seien in einer Zeit entwickelt worden, als es noch kein Internet gab. Ziel sei es daher nun, ein System zu schaffen, dass von Grund auf für die Nutzung des Internets geschaffen sei. Das Prinzip deutet sich im Namen an: Chrome heißt der Internetbrowser von Google. Chrome OS sieht eigentlich genauso aus. Die Benutzeroberfläche ist minimalistisch – „um nicht im Weg zu sein“, wie Google sagt. Die Software soll mit Chrome OS vor allem im Internet laufen, auf dem Computer müsste – fast – nichts mehr installiert werden. Der Nutzer soll vom Betriebssystem kaum etwas mitbekommen, im Vordergrund steht das Internet.
Damit können die Computer einfacher werden und brauchen weniger Leistung. Das wiederum macht sie billiger und lässt sie Strom sparen. Die erste Version von Chrome OS will Google konsequenterweise auf Netbooks installieren, den zuletzt sehr erfolgreichen Mini-Laptops, die aber weniger Rechenleistung haben. Langfristig soll Chrome OS allerdings auf allen Rechnern laufen. Schon jetzt bietet Google im Internet Software an – etwa ein Schreib- und ein Tabellenkalkulationsprogramm, die dem teuren Microsoft-Office Konkurrenz machen. Auch andere Firmen bieten bereits vergleichbare Dienste im Netz. All diese erprobten Programme werden den Nutzern zur Verfügung stehen, wenn Chrome OS startet. Der zweite Vorteil für die Anwender: Sie können die Software von jedem Rechner aus nutzen, unabhängig von Betriebssystem und Browserprogramm.
Fraglich ist dabei nur, wie weit Google mit der Abhängigkeit vom Internet geht: Werden Computer mit Chrome OS auch ohne Internet wirklich betriebsfähig sein – oder ist dann nur Schmalspur-Arbeiten möglich? Nach Ansicht von Jürgen Kuri, Vize-Chefredakteur der Computerzeitschrift „c't“, setzt Google mit Chrome OS seine Kernkompetenzen um: „Google hat bewiesen, dass Webanwendungen funktionieren können.“ Die Technik sei dafür inzwischen reif. Den möglicherweise „größten Schwachpunkt“ für die internetbasierten Anwendungen sieht Kuri im Speichern der Daten im Internet. „Sie müssen dem Anbieter vertrauen können.“ Datensicherheit sei angesichts der aktuellen Technik eigentlich kein Problem mehr – „die Datenvertraulichkeit dagegen schon“, sagt Kuri.