Die weltgrößte technisch zugängliche Energiequelle ist der Sonnengürtel der Erde. Solarkraftwerke in der Sahara, im Südwesten der USA und in Südeuropa könnten zukünftig die Verbrauchszentren mit Strom versorgen.
Köln/Hamburg. Diese Vision gibt es seit Jahrzehnten, jetzt steht sie an der Schwelle der Realität. Die beiden Schlüsseltechnologien heißen: Parabolrinnen-Kraftwerke und Hochspannungs-Gleichstromübertragungsnetze (HGÜ).
Parabolrinnen-Kraftwerke sind sogenannte solarthermische Kraftwerke. Halbrunde Spiegelreihen heizen ein Spezialöl auf etwa 400 Grad auf. Es fließt vom Solarfeld in die Kraftwerkseinheit und erzeugt dort Dampf, der eine Turbine antreibt. Prinzipiell ähnelt die Technik einem konventionellen Kraftwerk, nur dass statt der Brennstoffe Kohle oder Gas die Sonne genutzt wird, um Dampf zu produzieren.
"Die Parabolrinnen-Technik ist startklar", sagt Stephan Saupe, der die Energieforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln koordiniert, und verweist auf Projekte in der spanischen Provinz Granada und im US-Bundesstaat Kalifornien. In Südspanien entsteht derzeit ein Kraftwerkstrio, bei dem jede Anlage eine Leistung von 50 Megawatt hat und bis zu 200 000 Menschen mit Solarstrom versorgen kann: Das Kraftwerk Andasol 1 produziert bereits Strom, Nummer zwei soll noch in diesem Jahr folgen. Andasol 3 ist in Bau, der 2011 beendet sein soll.
Da die Solarenergie in Wärme überführt wird, ist sie speicherbar. Die Andasol-Kraftwerke liefern zwar hauptsächlich Strom für Kühlanlagen, sodass der Bedarf mit der Produktionsspitze zusammenfällt. Aber sie halten auch Strom für das Abendessen bereit, denn dank gespeicherter Wärme laufen sie ohne Sonneneinstrahlung noch siebeneinhalb Stunden unter Volllast weiter.
Allerdings verbrauchen die Dampfturbinen von solarthermischen Kraftwerken Wasser. Saupe: "Die Standortwahl ist deshalb entscheidend. Wüstenkraftwerke wird man vielleicht nicht am Ort der optimalen Energieausbeute bauen, sondern in der Nähe der Küste und sie dann mit einer Meerwasserentsalzungsanlage kombinieren."
Der zweite solarthermische Weg könnte Abhilfe schaffen: Bei den Turmkraftwerken lenken fächerförmig angeordnete Spiegelelemente die Sonnenstrahlung auf einen punktförmigen "Receiver", der im Kopf eines Turmes untergebracht ist. Da hier fast beliebig viel Strahlung konzentriert werden kann, sind Temperaturen von 1000 Grad möglich. Damit ließe sich ausreichend heiße Luft produzieren, die eine Gasturbine antreibt.
Der zweite Trittstein zum Wüstenstrom ist die Stromübertragung mit HGÜ. Gleichstromkabel können Strom mit deutlich geringeren Verlusten transportieren als die übliche Drehstromtechnik - die Verlustrate liegt bei drei Prozent pro 1000 Kilometer. Spezielle Wechselrichter können große Gleichstrommengen in bestehende Wechselstromnetze einspeisen - der Schlüssel für den Stromtransport über große Strecken.
Greenpeace legte Ende Mai eine Studie vor, nach der solarthermische Kraftwerke künftig ein Viertel des weltweiten Strombedarfs "umweltfreundlich, preiswert und zuverlässig" decken könnten. Die Technologie könne zum Konjunkturmotor werden und gleichzeitig viele Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid einsparen helfen.