Die fast eine halbe Million Kurzarbeiter in Deutschland sind knapper bei Kasse als bei Normalbeschäftigung. Doch sie dürfen einen Nebenjob annehmen, der jedoch nicht unbedingt viel mehr in die eigene Kasse bringt.
München. Sie müssen zum Teil mit mehreren hundert Euro weniger monatlich auskommen. Was passiert eigentlich, wenn Kurzarbeiter in ihrer freien Zeit einen Nebenjob annehmen, um den Verdienstausfall abzufedern? „Diese Frage treibt viele Betroffene um“, sagt Birgit Winter von der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd.
Grundsätzlich ist es nicht verboten, während der Kurzarbeit nebenbei noch dazuzuverdienen. Aber es lohnt sich nicht immer, weil das Zubrot das staatliche Kurzarbeitergeld mindern kann, mit dem die Arbeitsagentur den Verdienstausfall abmildert. Sie übernimmt 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Lebt ein Kind mit im Haushalt, gibt es 67 Prozent. Am besten fahren Beschäftigte, die schon einen Zweitjob hatten, bevor der Betrieb die Arbeitszeit herunterfuhr, wie Adriana Galunic, Sprecherin der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit, erläutert. In diesem Fall darf der Nebenverdienst nicht aufs Kurzarbeitergeld angerechnet werden. So sieht es das dritte Sozialgesetzbuch, Paragraf 179, Absatz 3, vor. Dabei reicht es, wenn der Nebenjobber einen Tag vor Bezug des Kurzarbeitergeldes mit der Zweittätigkeit angefangen hat, wie die Fachfrau weiter erklärt. Arbeitet der Betroffene beispielsweise auf 400-Euro-Basis, darf er dieses Geld wie auch sein Kurzarbeitergeld unangetastet behalten.
Deutlich weniger lukrativ fällt die Rechnung aus, wenn der Betroffene schon in Kurzarbeit ist und sich dann erst eine zusätzliche Einkommensquelle sucht. In diesem Fall verlangt das Gesetz eine Anrechnung des Zweitjobs. Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient regulär 1.607,30 Euro netto. Bei vollem Verdienstausfall und einem Kind bekommt er 1.077,89 Euro Kurzarbeitergeld im Monat, wie Experten der Deutschen Rentenversicherung vorrechnen. Nimmt der Mann nach Beginn der Kurzarbeit einen Nebenjob für monatlich 800 Euro brutto auf, darf er zwar die Netto-Einkünfte daraus voll behalten. Das wären 636 Euro. Sein Geld von der Arbeitsagentur sinkt jedoch zugleich. Aber nicht um diesen Betrag, sondern um das „fiktive“ Kurzarbeitergeld, das er für die 800 Euro bekäme. Und das wären 423,44 Euro. Diese Summe würde von den1.077,89 Euro abgezogen. Als reguläres Kurzarbeitergeld blieben also nur noch 654,45 Euro übrig. Plus Zweitjob hätte der Mann insgesamt 1.290,45 Euro zur Verfügung, gut 200 Euro mehr als ohne Nebenverdienst.
„Wenn jemand schon in Kurzarbeit ist, hat er in der Regel nicht so viel von seinem Zusatzverdienst“, bestätigt Galunic.
Heimlich Kassiertes muss zurückgezahlt werden
Wie viel vom Zusatzverdienst im Einzelfall im Geldbeutel hängen bleibt, sollten sich Beschäftigte, die den Nebenjob erst nach Beginn der Kurzarbeit aufnehmen, am besten vorher vom Lohnbüro des Chefs ausrechnen lassen. Die Arbeitsagentur wie auch die Deutsche Rentenversicherung sind keine Anlaufstelle für solche Fragen. Der Zweitjob muss in jedem Fall beim Arbeitgeber angemeldet werden. Dazu ist der Kurzarbeiter verpflichtet. Das gilt auch, wenn ein Nebenjob während der Kurzarbeit aufgestockt wird. In diesem Fall wird der Verdienst aufgesplittet. Das vorher schon nebenbei verdiente Zubrot bleibt weiterhin unangetastet. Nur der Mehrbetrag wird wie beschrieben angerechnet. Wer heimlich im Nebenjob verdiene und bei der Anrechnung aufs Kurzarbeitergeld schummele, müsse zu viel Kassiertes zurückzahlen, wenn er auffliege, sagt Galunic.