Experten sehen die Wirtschaft im Sog der Finanzkrise weltweit in eine Rezession steuern. Das Ifo-Weltwirtschaftsklima als wichtiges...

Hamburg/München. Experten sehen die Wirtschaft im Sog der Finanzkrise weltweit in eine Rezession steuern. Das Ifo-Weltwirtschaftsklima als wichtiges Stimmungsbarometer fiel auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren. Vor allem die derzeitige wirtschaftliche Lage, aber auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate wurden von den befragten 1000 Experten aus 91 Ländern ungünstiger bewertet. "Insgesamt deuten die erhobenen Daten auf eine globale Rezession hin", sagte der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn.

Auch der deutsche Bankenverband und die Bundesbank gaben einen düsteren Ausblick und erwarten herbe Dämpfer für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. "Der Rückgang der Auslandsnachfrage trifft die deutsche Wirtschaft stärker als andere", sagte der Geschäftsführende Vorstand des Bankenverbandes, Manfred Weber. Er geht nicht von einer raschen Verbesserung der Konjunktur in Deutschland aus. "Derzeit müssen die Risiken einer weiteren Verschlechterung höher eingeschätzt werden als die Chancen einer zügigen Erholung."

Auch Experten der Bundesbank schrieben in ihrem Monatsbericht für November, der deutliche Rückgang der Rohstoffpreise werde nicht ausreichen, um die Konjunkturperspektiven in den kommenden Monaten aufzuhellen - obwohl die Angst vor einer langen weltweiten Rezession derzeit den Ölpreis immer weiter abrutschen lässt. Ein Fass Rohöl kostete gestern kurzzeitig weniger als 50 Dollar. Das ist der niedrigste Stand seit Januar 2007. In London war die Nordseeöl Brent sogar für 48,83 Dollar zu haben. Im Juli kostete ein Barrel (159 Liter) Öl noch rund 147 Dollar.

Die exportstarke deutsche Wirtschaft werde die Nachfrageschwäche in wichtigen Absatzregionen "nicht ohne einen empfindlichen Rückschlag wegstecken können, zumal nennenswerte binnenwirtschaftliche Impulse kurzfristig nicht zu erwarten sind", schreibt die Bundesbank. Ein Lichtblick sei der weitgehend stabile Arbeitsmarkt, das Konsumklima in Deutschland sei aber nach wie vor gestört.

Bankenverbandschef Weber forderte, das Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur Beschäftigungssicherung müsse nachgebessert werden. "Ein rascheres Vorziehen zusätzlicher öffentlicher Investitionen und deutlicher Abgabenentlastungen ist notwendig", sagte er.

Auch nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums müssen sich die deutschen Unternehmen auf eine längere Durststrecke einstellen. Im drittel Quartal sank die Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent. Siemens-Chef Peter Löscher warnte vor Schwarzmalerei. "Man kann das Ausmaß der Krise durch Reden vergrößern", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn ich Menschen über längere Zeiträume stark verunsichere, kann ich nicht erwarten, dass sie sich normal verhalten und konsumieren."