Im noblen Nachtklub „Soho Rooms“ in Moskau stand eine Party kürzlich unter dem dekadenten, aber sinnfälligen Motto: „Das ist das Ende der Welt.“ Könnte sein, dass die Party für die Superreichen in Russland, die sogenannten Oligarchen, tatsächlich vorbei ist.

Moskau. Die Börse in Moskau ist im freien Fall, der Kreml kämpft um die Unterstützung des Rubels und Experten rechnen mit einer Welle von Unternehmenspleiten. Die russische Leitbörse RTS (Russian Trade System) hat am Freitag bereits den Aktienhandel bis Dienstag, 28. Oktober, ausgesetzt. Grund dafür sei der starke Verfall beim RTS-Index von mehr als zehn Prozent, "Die Glocke läutet schon", sagt der Milliardär Alexander Lebedew.

Die russischen Oligarchen sind bekannt dafür, dass sie ihren Reichtum auch gerne zeigen. Dies geschieht vor allem in Moskau. So gehören zum Beispiel die Immobilienpreise in der Ostoschenka-Straße zu den höchsten der Welt. Die Zahl der russischen Milliardäre stieg innerhalb eines Jahres um rund ein Drittel von 53 im Jahr 2007 auf 71 in diesem Jahr, die das "Forbes"-Magazin ermittelte. Die meisten haben ihr Geld mit Rohstoffen gemacht, mit Öl, Stahl und Bergbau, die in Zeiten einfacher Kredite und großer Nachfrage florierten.

Aber alles deutet darauf hin, dass jetzt der große Kater folgt. Russland nimmt täglich 400 Millionen Dollar (314 Millionen Euro) weniger ein durch Öl und Gas als noch Anfang Juli. Einige Unternehmen haben innerhalb kürzester Zeit bis zu 75 Prozents ihres Wertes eingebüßt. Wer wie der Aluminium-König Oleg Deripaska Beteiligungen an anderen Unternehmen wie Strabag und Hochtief über Kredite gekauft hat ist nun gezwungen, diese wieder abzustoßen.

Die exklusiven Nachtklubs, in denen ein Tisch schon mal einige zehntausend Dollar kosten kann, stehen nun vor harten Zeiten. Die Bars sind spärlicher besucht, die VIP-Bereiche leer. Auch in Clubs wie "Soho Rooms" und "Most" finden sich deutlich weniger Leute ein als früher.

Lebedew, der mit seinen 3,1 Milliarden Dollar in der "Forbes"-Liste auf Platz 358 landete, bleibt aber bemerkenswert kühl in der Krise. Dabei haben die fallenden Aktienkurse den Banker, der auch an Aeroflot beteiligt ist, schon rund zwei Drittel seines Vermögens gekostet. "Ich hoffe nur, dass diese Krise eine kalte Dusche für die ganze Hitzköpfe ist", sagt der 49-Jährige in seinem Moskauer Büro.

Er hoffe, dass wieder Vernunft einkehre in einer Stadt, wo eine Tasse Kaffee umgerechnet knapp 8 Euro, ein Glas schlechten Weins in einem guten Restaurant 11 Euro und eine Fünf-Zimmer-Wohnung in einem zentral gelegenen Stadtviertel 7.800 Euro im Monat kosten könne. Und das alles in einem Land, in dem das durchschnittliche Monatseinkommen bei rund 550 Euro liegt, erklärt Lebedew. "Wenn irgendjemand sich keinen Bentley mehr leisten kann oder ein Regierungsbürokrat sein Gulfstream-Jet für 50 Millionen Dollar verkaufen muss dann ist das etwas Gutes."

Für die wirklich Reichen sei die Krise bislang aber noch kein Grund zur Sorge, sagt Nikolai Uskow von der russischen Ausgabe des Magazins "GQ". "Die reichsten Russen kaufen weiter in großem Stil, sie können damit einfach nicht aufhören. Ich glaube, ihnen sind selbst zu Krisenzeiten weitere 10.000 oder 20.000 Euro egal." Auch der Geschäftsmann Wladimir Piroschkow glaubt nicht daran, dass viele der Reichen ihren hedonistischen Lebensstil ändern werden. "Die Finanzinstitutionen werden betroffen sein", sagt Piroschkow in der Bar "Denis Simachewit" mit Bezug auf die Krise. "Aber die Leute kommen trotzdem hierher."