Kunden von Kaupthing Edge kommen nicht mehr an ihr Geld. Deutsche Einlagensicherung greift nicht.

Hamburg. Die weltweite Finanzmarktkrise hat jetzt auch die deutschen Sparer erreicht. Kunden der angeschlagenen isländischen Bank Kaupthing Edge konnten gestern nicht auf ihr deutsches Konto zugreifen. Kaupthing Edge wurde in Island verstaatlicht. Das Institut, das noch im Internet mit aggressiven Zinsangeboten für Tagesgelder geworben hatte, gab auf seiner Internetseite lediglich den Hinweis: "Derzeit ist der Zugang auf die Onlinekonten nicht möglich. Sie erhalten schnellstmöglich weitere Informationen." Sobald man mehr wisse, werde dies auf der Seite kaupthing edge.de veröffentlicht, hieß es.

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat schnell auf die Verstaatlichung der Bank reagiert und ein Moratorium verhängt. Das Zahlungs- und Veräußerungsverbot sei zeitlich nicht befristet, sagte ein BaFin-Sprecher. Damit solle ein ungeordneter Abzug von Einlagen verhindert werden.

Die rund 50 000 Kunden der Bank in Deutschland sind derzeit machtlos und können laut Experten nur abwarten. "Es hat wenig Sinn, sich jetzt dort vor die Tür zu stellen", sagte Christian Schmid-Burgh von der Verbraucherzentrale Hamburg dem Abendblatt. Die Bank hat in Deutschland nur eine Filiale in Frankfurt.

Die Kunden müssen bangen. Kaupthing ist nicht Mitglied in den gesetzlichen und freiwilligen Sicherungsfonds der deutschen Geschäftsbanken, die nach eigenen Angaben Ersparnisse von mindestens 1,5 Millionen Euro je Kunde garantieren. Damit greift die isländische Einlagensicherung. Sie steht aber nur mit einem Betrag in Höhe von bis zu 20 887 Euro gerade (siehe Bericht unten). Wer mehr angelegt hat, muss im schlimmsten Fall auf die Restsumme verzichten. Es sei zweifelhaft, ob die isländische Einlagensicherung die Substanz habe, um das riesige Auslandsgeschäft der Bank aufzufangen, sagte Uwe Döhler, Finanzexperte der Stiftung Warentest. Kaupthing habe wahrscheinlich mehr Kunden als Island Einwohner.

Nicht nur deutsche Kunden müssen sich Sorgen machen. In Großbritannien fürchteten Dutzende Gemeinden um ihre Einlagen bei isländischen Banken im Wert von 500 Millionen Pfund. Interessenvertreter der lokalen Behörden forderten die britische Regierung auf, wie bei den Privatkunden auch für dies Geld einzustehen. Dem Deutschen Städte- und Gemeindebund liegen keine Erkenntnisse vor, dass Gemeinden Einlagen bei isländischen Geldinstituten haben.

In Großbritannien summieren sich die Investitionen allein bei mehreren Londoner Gemeinden bei den angeschlagenen isländischen Banken auf mehr als 100 Millionen Pfund. Zudem habe allein die Behörde in Kent 50 Millionen Pfund bei dem mittlerweile verstaatlichten zweitgrößten Geldinstitut Landsbanki oder dessen britischen Ableger Heritable angelegt. Betroffen waren auch die Londoner Verkehrsbetriebe, die 40 Millionen Pfund investiert hatten.

In Island ist nach dem Bankenchaos der Aktienhandel an der Börse in Reykjavik bis Montag komplett gestoppt worden. Der Börsenbetreiber OMX begründete den Schritt mit der "ungewöhnlichen Marktsituation" auf der Atlantikinsel. Die isländische Börse wird stark von den heimischen Banken dominiert. Wegen der internationalen Finanzkrise hatte die Regierung seit vergangener Woche nacheinander alle drei führenden Geldhäuser unter staatliche Zwangskontrolle gestellt.

Island ist wie kein anderer europäischer Staat durch die Finanzkrise in einen Abwärtsstrudel gerissen worden. Die Insel im mit ihren 300 000 Einwohnern steht vor dem Bankrott.