Osnabrücker Traditionsunternehmen zieht sich vermutlich komplett aus Fahrzeugproduktion zurück.

Hamburg. Es ist die Geburtsstätte für automobile Träume: Legendäre Wagen wie der Karmann Ghia und das Käfer Cabrio verließen die Hallen des Osnabrücker Traditionsherstellers in den vergangenen Jahrzehnten. Tausende stolze Autokäufer holten sich auf dem Werksgelände in der niedersächsischen Stadt ihre Fahrzeuge persönlich ab, um die Vorfreude etwas länger auszukosten. Jetzt könnten der Mercedes Benz CLK und das Audi A4 Cabriolet die letzten Modelle sein, die jemals bei Karmann vom Band liefen: Das Unternehmen wird sich aller Voraussicht nach aus dem Fahrzeugbau zurückziehen. Aus der Produktion von Nischenfahrzeugen - dem bisher wichtigsten und bekanntesten Geschäftsfeld - werde das Unternehmen einen "geordneten Rückzug" einleiten, teilte der sichtlich mitgenommene Peter Harbig gestern den Führungskräften, dann dem Betriebsrat und schließlich rund 3000 Mitarbeitern auf dem Osnabrücker Werksgelände mit.

Nach mindestens vier Entlassungswellen mit Tausenden weggefallener Jobs wird es für weitere bis zu 1725 Mitarbeiter ein bitterer Abschied. Ende 2007 hatte Karmann noch 7000 Männer und Frauen in Lohn und Brot. 2009 werden es vermutlich nur noch 2400 sein. Der Umsatz bricht von 1,5 Milliarden auf 500 Millionen Euro ein.

Grund für den Personalabbau sind die Schwierigkeiten, Folgeaufträge für die bislang in Osnabrück und Rheine gebauten Mercedes- und Audi-Modelle zu bekommen. Während der derzeitigen Marktschwäche der Autobranche lasten die Auftraggeber lieber ihre eigenen Fabriken aus, als Zulieferer wie Karmann einzuschalten. Viele Autokonzerne sind auch an Beschäftigungssicherungsverträge gebunden. Außerdem bietet die moderne Fertigungstechnik die Flexibilität, auch Nischenmodelle, also kleinere Serien in eigenen Werken zu fertigen.

Das Unternehmen werde sich aber weiter für Folgeaufträge einsetzen, hieß es. Gleichwohl müsse aus arbeitsrechtlichen Gründen bereits jetzt mit den Sozialplanverhandlungen begonnen werden, damit spätestens im Januar die Kündigungen ausgesprochen werden können. Sollte es einen Neuauftrag geben, sollen die Entlassungen zurückgenommen werden. Karmann soll nun zu einem "lupenreinen Zulieferunternehmen" werden. So solle der Bereich Dachsysteme weiter ausgebaut werden, teilte Gerhard Schrader vom Betriebsrat bei Karmann dem Abendblatt mit. Die Anzahl der gefertigten Verdecke werde sich bis 2012 verdoppeln.

"Einen Funken Hoffnung gibt es allerdings noch", betonte der der Osnabrücker IG-Metall-Sekretär Hartmut Riemann. Damit meinte er auch die Ankündigung der Gesellschafter - die drei Familienstämme Boll, Battenfeld und Karmann -, einen Käufer für das Unternehmen zu suchen. Nicht wenige Beobachter rechnen dabei mit einem Interessenten aus Asien.