Ratan Tata ist kein Mann für leere Drohungen. Doch Indiens Vorzeigeunternehmer und Vater des Billigautos hat die Nase voll. “Wenn jemand glaubt,

Neu Delhi. Ratan Tata ist kein Mann für leere Drohungen. Doch Indiens Vorzeigeunternehmer und Vater des Billigautos hat die Nase voll. "Wenn jemand glaubt, dass die 15-Milliarden-Rupien-Investition uns davon abhalten wird, hier auszusteigen, der irrt sich. Wir werden gehen." Seit zwei Jahren plagt sich Tata mit dem Streit um seinen neuen Fabrikstandort in Singur, im Norden Indiens, in das der Konzern bereits umgerechnet 240 Millionen Euro gesteckt hat. Hier sollte das 1500 Euro-Auto eigentlich ab Mitte 2008 vom Band laufen. Doch die Fertigstellung der Fabrik verzögert sich immer weiter.

Vor dem Tata-Projekt war Singur nicht mehr als eine unscheinbare Ansammlung von Dörfern mit kaum 20 000 Seelen an einem Eisenbahnkreuz im Ganges-Delta. Die Regierung von West-Bengalen in Kalkutta hatte der Firma sechs mögliche Standorte zur Auswahl gestellt. Tata versprach den Flecken zu einer "Mini-Autostadt" zu machen. Doch schon von Beginn an war der Singur-Plan von Protesten der örtlichen Bevölkerung überschattet.

Etwa 2000 Bauern hatten sich geweigert, der Regierung ihr Land, etwa 400 Hektar Boden, zu verkaufen. Tata bekam es dennoch zur Verfügung gestellt. Es soll den Landwirten mit Gewalt abgenommen worden sein. Lokalpolitiker witterten ihre Chance. Allen voran Mamata Banerjee, Gründerin und Chefin der Trinamool Congress Party, einer linken Splitterpartei. Die Lehrerin aus Singur machte die Landfrage zum Wahlkampfthema, organisierte Demonstrationen und gewann den Singur-Wahlkreis im Regionalparlament in Kalkutta.

Stoisch reagiert sie auf Tatas Rückzugsdrohung: "Uns interessiert nicht, wer Tata oder Data ist." Das ist mehr als eine Provokation. Denn Tata ist in Indien das Synonym für Unternehmergeist und globale Wirtschaftsmacht. Der distinguierte Philanthrop ist der Stolz der ganzen Nation. Doch nun muss der 70-Jährige um den Erfolg seines Lieblingsprojektes fürchten. "Ich kann unsere Manager nicht herbringen, wenn sie verprügelt werden. Wenn ihre Kinder Angst haben, zur Schule zu gehen, wenn gesagt wird, dass kein Auto aus dem Fabriktor herausgelassen wird, dann werden wir gehen", sagt Tata. Arbeiter und Ingenieure sind bereits bedroht worden. Immer wieder ist ein Teil der Arbeiterschaft geflohen. Etwa 3500 Polizisten sollen nun in Singur das Werk schützen.

"Ich bin ein Optimist und ich bin zuerst Inder", sagt Tata. Doch er stellt auch klar: "Es gibt keinen Betrieb unter Polizeischutz." Die "Trinamool Congress Party" bleibt indes hart. Das schreckt die Kommunisten, die den Bundesstaat Westbengalen regieren und die die Ansiedlung des Tata-Werks betrieben haben. Sie haben vorsichtig angedeutet, dass die Partei Gelder von Konkurrenten empfangen haben soll, um den Aufstand gegen Tata anzuzetteln, bis diese selbst ihre Version des Billigautos auf den Markt gebracht haben.

Doch Banerjee und ihre Anhänger sind wenig beeindruckt. Denn es sieht gut aus für ihre Obstruktionspolitik. Die Zentralregierung in Neu Delhi hält sich betont bedeckt. Denn Banerjee hat ihr jüngst geholfen, ein Misstrauensvotum abzuwenden und so den prestigeträchtigen Nuklear-Deal mit den USA durchzupauken. Bis der Tata Nano über die Straßen Indiens rollt, könnte es noch etwas länger dauern.