Kaufhäuser in der Innenstadt waren bereits gestern kurzfristig dicht. Streit um Ladenschluss und Spätzuschläge.
Hamburg. Verkäuferin Jessica Pöhl ist entschlossen: "Wenn wir schon bis spät in den Abend hinein arbeiten müssen, dann wollen wir dafür zumindest einen Ausgleich haben", sagt die 32 Jahre alte Angestellte im Hamburger Alsterhaus. Um für den Erhalt ihrer Spätzuschläge bis 22 Uhr zu kämpfen, stand die junge Frau gestern vor den Türen des Flaggschiffs der Karstadt-Warenhausgruppe. Bis elf Uhr blieben die Pforten des Luxuskaufhauses geschlossen, erst danach konnten die Kunden wie gewohnt shoppen gehen.
Insgesamt rund 400 Beschäftigte im Hamburger Einzelhandel traten in einen befristeten Warnstreik, um neben dem Erhalt der Zuschläge auch der Forderung der Gewerkschaft Ver.di nach fünf Prozent mehr Gehalt Nachdruck zu verleihen. Von den Arbeitsniederlegungen betroffen waren auch die beiden Karstadt-Häuser an der Mönckebergstraße, die Galeria Kaufhof, sowie die Buchhandelskette Thalia.
Dabei waren die Aktionen wohl erst der Auftakt zu einem ausgedehnten Arbeitskampf im Hamburger Einzelhandel. Per Urabstimmung hat sich Ver.di bis gestern nämlich auch die nötige Zustimmung für einen regulären Streik gesichert. Mehr als 90 Prozent der befragten Beschäftigten votierten nach Gewerkschaftsangaben für verschärfte Maßnahmen.
Die Tarifkommission beschloss daraufhin weitere Warnstreiks bis zum 27. Juli. Bis zu diesem Zeitpunkt laufen Verhandlungen in anderen Bundesländern, die vielleicht noch eine Annäherung mit der Arbeitgeberseite bringen könnten. "Sollte es dann immer noch keinen Durchbruch geben, werden wir vom 30. Juli an mit mehrtägigen Streiks in Hamburg richtig loslegen", kündigte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Ulrich Meinecke an. Dadurch könnte auch der Sommerschlussverkauf betroffen sein.
Was die Tarifgespräche diesmal so schwierig macht, ist die Freigabe des Ladenschlusses zu Beginn dieses Jahres. Im alten Manteltarifvertrag hatten die Arbeitgeber den Beschäftigten noch einen Zuschlag von 20 Prozent ab 18.30 Uhr und von 50 Prozent ab 20 Uhr zugebilligt, der entweder in bar oder als Freizeitausgleich genommen werden konnte. Für eine durchschnittliche Verkäuferin beliefen sich die Zusatzeinkünfte auf rund 45 Euro im Monat, errechnete etwa der Betriebsrat von Karstadt in Eimsbüttel.
Seit die Geschäfte rund um die Uhr öffnen dürfen, halten die Unternehmer diese Zuschläge für unbezahlbar. "Der Handel schwimmt nicht im Geld, die Zuschläge machen die Spätöffnung unrentabel", sagt Wolfgang Linnekogel vom Hamburger Einzelhandelsverband. Trotz erster Anzeichen einer Erholung und von besseren Geschäften im Luxussegment sei die Umsatzentwicklung insgesamt eher mäßig.
Ver.di-Verhandlungsführer Meinecke nannte das Verhalten der Arbeitgeber hingegen eine "Respektlosigkeit und Beleidigung gegenüber den Beschäftigten". Es könne nicht sein, dass die Unternehmer noch immer kein Lohnangebot unterbreitet hätten und die Abschaffung der Zuschläge zur Grundbedingung weitere Verhandlungen machten.