LÜBECK. An der Entscheidung der Europäischen Kommission, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen für den Flughafen Lübeck-Blankensee einzuleiten, gibt es massive Kritik. Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel spricht vom "Schlag ins Gesicht der Marktwirtschaft". Der Billigfluganbieter Ryanair kontert die Vorwürfe gar mit einer Klagedrohung gegen die EU. Und auch Bürgermeister Bernd Saxe weist den Verdacht unzulässiger Beihilfen zurück: "Der Flughafen Lübeck ist jetzt ein rein privatwirtschaftliches Unternehmen mit geringem öffentlichen Minderheitsanteil - im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern mit überwiegend öffentlichem Einfluss. Wenn zudem der private Betreiber die Geschäftsbeziehungen mit Ryanair fortsetzt, dann kann davon ausgegangen werden, dass dieses zu marktüblichen Konditionen geschieht." Das Prüfverfahren beschäftige sich mit dem Flughafen vor der Übernahme durch Infratil. "Die Kommission jagt ein Gespenst der Vergangenheit", so Saxe.

Worum geht es genau? Lübecks Flughafen war 2005 zu 90 Prozent an den neuseeländischen Investor Infratil verkauft worden. Die Europäische Kommission will nun folgende vier Punkte prüfen: die Flughafengebühren für den Billigflieger Ryanair, die laut Kommission "wesentlich niedriger" seien als in der amtlichen Entgeltordnung vorgesehen; die jährliche Übernahme von Verlusten durch die Stadt; Investitionszuschüsse des Landes Schleswig-Holstein und den Verkauf des Flughafens. Hierzu heißt es aus Brüssel: "Nach Auffassung der Kommission kann beim gegenwärtigen Stand nicht ausgeschlossen werden, dass das Unternehmen Infratil einen Preis gezahlt hat, der unter dem Marktpreis lag und damit im Rahmen dieser Privatisierung eine staatliche Beihilfe erhielt." Infratil hatte den Flughafen für 13 Millionen Euro gekauft - abzüglich der bis Ende 2008 auflaufenden Verluste - und sich zwei Ausstiegsklauseln gesichert: Wenn die Passagierzahlen Ende 2008 die 1,2-Millionen-Marke nicht erreichen und wenn der Ausbau des Flughafens scheitert, könnte der Airport an Lübeck zurückfallen - und der ohnehin hoch verschuldeten Stadt dann das Doppelte des Verkaufspreises kosten.

Zurzeit sind die Passagierzahlen rückläufig (von 711 000 im Jahr 2005 auf 678 000 im Jahr 2006) und gehen im Wesentlichen auf Ryanair-Angebote zurück. Die SPD warf bereits in der Bürgerschaft die Frage auf, was denn passiere, wenn Infratil 2009 vom Kauf zurücktrete.