Niederländer eröffnen heute am Speersort. Nicht immer die günstigsten Angebote. Weitere Anbieter in den Startlöchern.

Hamburg. Der Druck auf dem Apothekenmarkt verstärkt sich. Am heutigen Montag eröffnet bereits die vierte Apotheke des niederländischen Arzneiversenders DocMorris in Hamburg - mitten in der Innenstadt am Speersort. "In Hamburg sind wir noch lange nicht am Ende. Noch in diesem Monat wird unsere fünfte Apotheke eröffnet, dann kommt noch mal mindestens die doppelte Anzahl dazu", sagt DocMorris-Chef Ralf Däinghaus dem Abendblatt. Deutschlandweit ist die heutige Eröffnung Nummer 20, bis Ende des Jahres will DocMorris 100 Apotheken unter Vertag haben.

Der Konkurrenzkampf in der Branche wird immer stärker angeheizt. "Es gibt schon sehr viele Kooperationen, DocMorris ist nur eine Variante", sagt der Hamburger Apothekerkammer-Präsident Rainer Töbing. Vor zwei Wochen eröffnete ganz in der Nähe seiner Schimmelreiter Apotheke eine DocMorris-Filiale. "Aber meine Erfahrungen hier in Rahlstedt zeigen, dass die Euphorie schnell abflaut", sagt Töbing, "Dennoch wird es definitiv für die Einzelapotheke schwerer. Sie muss sich gut am Markt positionieren, um zu überleben."

Einzelkämpfer wie die Apotheke am Rothenbaum versuchen, sich mit günstigen Preisen und einem Online-Versand gegen die Konkurrenz zu behaupten. Für die Kunden lohnen sich Preisvergleiche, denn wie der Abendblatt-Test (siehe Tabelle auf Seite 1) zeigt, sind die freiverkäuflichen Arzneimittel bei DocMorris nicht immer die günstigsten Angebote.

Ohnehin könne der Wettbewerb in Zukunft nicht über den Preis, sondern nur über Service stattfinden, sagt Wolfgang Straßmeir vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). "Zukünftig wollen wir uns nicht nur durch den Preis unterscheiden, sondern auch über Service und einen einheitlichen Auftritt. Der Kunde soll schon bevor er zu DocMorris kommt genau wissen, was ihn in der Apotheke erwartet", kontert Däinghaus.

Als Kooperation ist unter anderem das Netzwerk der "Partner-Apotheken" in Hamburg aktiv. In der Stadt haben sich unter diesem Namen mittlerweile 60 Apotheken zusammengeschlossen, deutschlandweit sollen es in zwei Jahren 500 werden. Die Gesellschaft für Dermatologie hat seit März ein Netzwerk "hautkompetenter Apotheken" geschaffen - mit zurzeit einem Mitglied in Hamburg und 58 bundesweit. Auch der Versandhändler Sanicare will Ortsapotheken unter einem Dach zusammenschließen und probt zudem eine Kooperation mit dem Hamburger Kaffeeröster Tchibo. Dort verkauft Sanicare bereits Gutscheine für Reiseapotheken.

Zurzeit herrscht in Deutschland noch das "Fremd- und Mehrbesitzverbot". Danach muss eine Apotheke auch von einem ausgebildeten Apotheker betrieben werden. Zudem darf ein Apotheker seit Januar 2004 maximal drei Filialen neben seiner Hauptapotheke betreiben. Größere Ketten sind deswegen hierzulande noch nicht zugelassen. Doch dieses Verbot droht zu kippen. Als DocMorris im Juli 2006 in Saarbrücken eine Apotheke in Eigenregie eröffnete, trat das Unternehmen damit eine Prozesslawine los, die jetzt zur endgültigen Abstimmung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) liegt. "Ich habe mir vorgenommen, das Fremdbesitzverbot zu knacken", sagt Däinghaus, "Es ist längst veraltet und fällt definitiv. Heute in einem Jahr wird die Apothekenlandschaft ganz anders aussehen."

Wenn das Verbot fällt, plant DocMorris eine Apothekenkette mit 500 Filialen. "Sie soll eine Mischung aus Markenpartnerschaft, wie sie heute auch in Hamburg stattfindet, und eigenen Apotheken sein. Ganz wie im Modell der Optikerkette Fielmann", sagt Däinghaus. Doch DocMorris wird sicher nicht allein auf dem Markt bleiben. Konkurrenten wie die Drogeriekette Schlecker und der Pharmagroßhändler Celesio stehen bereits in den Startlöchern. "Der Apothekenmarkt ist mit einem Volumen von 35 Milliarden Euro sehr attraktiv. Vermutlich wird es sich so entwickeln wie in den Niederlanden, wo etwa die Hälfte der Apotheken einer Kette angehört und die andere Hälfte eigenständig ist", sagt Däinghaus.

"Der Arzneimittelmarkt in Deutschland bleibt auch künftig ein wichtiger Wachstumsmarkt - allein schon durch die zunehmende Zahl älterer Menschen und dem medizinischen Fortschritt", begründet Celesio-Chef Fritz Oesterle, warum die großen Anbieter bereits in den Startlöchern stehen und auf den Fall des Fremdbesitzverbots warten. "Wir sind auf verschiedene Szenarien vorbereitet und beobachten den Markt sehr genau, damit wir auch kurzfristig Entscheidungen treffen können."

Ob es Medikamente zukünftig jedoch in Supermärkten und Tankstellen geben wird, bleibt fraglich. "Apotheken vor Ort haben nach wie vor einen Wettbewerbsvorteil in der direkten persönlichen Beratung der Kunden", sagt Wolfgang Straßmeir vom BPI, "Der beratungsfreie Raum der Tankstelle ist nicht der richtige Ort, um hochwertige Arzneimittel zu vertreiben. Die Apotheken-Exklusivität ist Verbraucherschutz." Versuche von der Drogeriemarktkette dm, in den Filialen mit der Versandapotheke Apotheek zu kooperieren, wurden daher auch vom Apothekerverband torpediert. dm-Konkurrent Schlecker will den Markt auf andere Weise aufrollen. Per Anzeige sucht das Unternehmen derzeit offenbar Apotheker, um mit ihnen beim Aufbau einer Kette zusammenzuarbeiten.