Verbund: Blohm + Voss, HDW und die Nordseewerke gehen zusammen. Hamburg bekommt die Zentrale, verliert aber Arbeitsplätze.

Hamburg. Das Konzept steht. Nach Informationen des Abendblatts kann es sich maximal noch um Tage handeln, bis ThyssenKrupp und die amerikanische Investmentgesellschaft One Equity Partners (OEP) die Fusion ihrer Werften in einem Vertrag besiegeln werden. "Die wichtigsten Einzelheiten sind geklärt, auch wenn wir bei jedem einzelnen Standort nochmals ins Detail gehen müssen", sagte Frank Teichmüller, Chef der IG Metall Küste, dem Abendblatt. "Entscheidend ist, daß alle drei Standorte langfristig gesichert sind."

ThyssenKrupp will seine beiden Werften Blohm + Voss in Hamburg sowie die Nordseewerke GmbH in Emden in den neuen Werftenverbund einbringen, OEP bringt die Kieler Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW) ein. Erst am Mittwoch nachmittag besiegelte der mit Vertretern von Arbeitgebern und -nehmern sowie der IG Metall besetzte sogenannte Koordinierungskreis, daß in Hamburg - wie berichtet - die Zentrale des neuen Werftriesen angesiedelt werden soll.

Die Verhandlungen zur Fusion dauern bereits Monate. "Und in dieser Zeit haben wir einiges erreicht", sagte Teichmüller dem Abendblatt. So standen nach seinen Angaben zu Anfang der Gespräche mehr als 1000 Arbeitsplätze zur Disposition. "Jetzt sind es noch 400 bis 500 Stellen." Zudem habe die Gewerkschaft Einfluß auf das industrielle Konzept der Werft genommen, die inklusive der ausländischen HDW-Töchter 9300 Mitarbeiter beschäftigen und 2,2 Milliarden Euro umsetzen wird.

"Wir haben zum Beispiel erreichen können, daß jeder der bisher drei Betriebe auch in Zukunft ein zweites Standbein erhält", sagt Teichmüller. Die betroffenen Werften sowie ThyssenKrupp wollten sich gestern zu den Einzelheiten nicht äußern, aber aus Branchenkreisen wurden die Angaben der Gewerkschaft dem Abendblatt bestätigt.

Im einzelnen sollen bei Blohm + Voss in Hamburg neben der Zentrale auch die Kompetenzbereiche Reparatur, Marineschiffbau (Fregatten und Korvetten) sowie der Bau von Großyachten durch private Auftraggeber bleiben. HDW in Kiel soll neben dem U-Boot-Bau auch Teile des Handelsschiffbaus behalten. Dies war ursprünglich nicht vorgesehen. "Zwar ist HDW derzeit gut mit U-Boot-Aufträgen ausgelastet, aber in Zukunft könnte dies ganz anders aussehen. Und davor muß man die HDW schützen." In Emden sollen drei Bereiche beheimatet sein: die Konstruktion in der U-Boot-Sparte, zivile Schiffe und die Überwassermarine.

Einen möglichen Arbeitsplatzabbau sehen Experten vor allem bei HDW und in der Zentrale in Hamburg. Obwohl die Verwaltung von Blohm + Voss künftig für den gesamten neuen Konzern zuständig sein wird, gebe es Einsparpotentiale, hieß es. Der Betriebsratsvorsitzende der Nordseewerke, Fritz Niemeier, kann mit den Plänen recht gut leben: "Es wird in Emden keine betriebsbedingten Kündigungen geben", sagte er dem Abendblatt.

Der heimliche Sieger der Fusion ist Hamburg. Das sieht auch Kiel so - und will dies nicht unwidersprochen hinnehmen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung hält weiter den Standort Kiel für den besseren Firmensitz des Gesamtverbundes. "Kiel trägt den größten Beitrag zur Wertschöpfung des neuen Konzerns bei und hat zudem die meisten Konzernführungserfahrungen", sagte Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD) dem Abendblatt. Der Minister wird sich heute persönlich in Düsseldorf für die Interessen der Landeshauptstadt bei ThyssenKrupp stark machen. Er trifft sich zu Gesprächen mit dem Vorstandschef von ThyssenKrupp, Olaf Berlien, sowie mit dem Blohm+Voss-Chef, Klaus Borgschulte. Borgschulte soll voraussichtlich auch Chef der fusionierten Werft werden.

Ob die Verantwortlichen der Fusion ihre Meinung wegen Rohwers Intervention nochmals ändern, wird von Insidern bezweifelt. Hamburg biete mit dem Flughafen die bessere Infrastruktur, liege zentraler als Kiel und Emden. Zudem gebe es bei Blohm + Voss mehr geeignete Büroräume. Andererseits freute sich Rohwer gestern, daß nach dem jetzigen Stand der Fusion in Kiel weniger Stellen abgebaut werden sollen als bisher befürchtet. Der Vorsitzende der schleswig-holsteinischen FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki, hat einen Erfolg zugunsten Kiels dagegen offenbar abgeschrieben: "Die Pfeffersäcke haben den Schnarchsäcken den Rang abgelaufen."