Völlig überraschend kamen die traurigen Nachrichten nicht. Für die betroffenen Mitarbeiter der Stankiewicz waren sie trotzdem ein Schock: Die ersten Beschäftigten des insolventen Autozulieferers bekamen jetzt ihre Kündigung.

Hamburg. "Es waren Kollegen dabei, die schon viele, viele Jahre hier sind", sagte eine Mitarbeiterin, "da flossen natürlich Tränen."

Bei dem Autozulieferer in Harburg verlieren 120 von 350 Beschäftigten ihren Job. "Heute und morgen werden weitere Betroffene informiert", sagte der Betriebsratsvorsitzende von Stankiewicz, Thorsten Päth, dem Abendblatt. Der Betriebsrat setze jetzt alles daran, dass eine Beschäftigungsgesellschaft gegründet wird. "Für die Mitarbeiter ist es einfach viel besser, sich dort zu qualifizieren oder Bewerbungstrainings zu haben, als sich aus der Arbeitslosigkeit heraus bewerben zu müssen", sagte Päth.

Die verbleibenden Mitarbeiter würden die Aufträge abarbeiten, die der Anbieter von Bodenbelägen für Lkw von Kunden wie Daimler und anderen Fahrzeugherstellern in der Autokrise noch bekommt. Derzeit sind die Bestellungen um 45 Prozent reduziert, sagte Päth. Allerdings hatte etwa Daimler zugesichert, der insolventen Firma weitere Aufträge zu geben.

Bundesweit verlieren bei Stankiewicz, deren Zentrale in Adelsheidsdorf bei Celle liegt, mehr als 330 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz. Das Insolvenzverfahren über den Stankiewicz-Alleingesellschafter Gimotive war Ende Dezember als Folge der Finanzkrise eröffnet worden. "Die Personalanpassung war aufgrund der starken Umsatzrückgänge bei den Automobil- und Nutzfahrzeugherstellern leider nicht zu vermeiden", sagte der Insolvenzverwalter Christopher Seagon zu den Entlassungen. Standortschließungen seien derzeit aber nicht geplant.

Schon seit Wochen führt Seagon Gespräche mit Interessenten, die ein Überleben der Stankiewicz sichern könnten. "Es handelt sich um Finanz - und strategische Investoren, die derzeit die Geschäftszahlen von Stankiewicz prüfen", sagte Seagons Sprecher Holger Voskuhl.

Der Investor entscheide dann auch darüber, mit welchem Konzept er das Unternehmen weiterführe. Noch vor der Sommerpause sei mit Ergebnissen der Verhandlungen mit den möglichen Käufern zu rechnen. Weltweit beschäftigte Stankiewicz vor dem Insolvenzantrag etwa 2100 Mitarbeiter. Der Umsatz lag nach Unternehmensangaben 2007 bei 272 Millionen Euro.

Auch ein Unternehmen in direkter Nachbarschaft zu Stankiewicz trifft die Autokrise mit voller Wucht. Bei Harburg-Freudenberger, die in Harburg Maschinen zur Herstellung von Autoreifen bauen, gehen im April die ersten Mitarbeiter in Kurzarbeit. "Bis September werden dann wohl alle rund 300 Beschäftigten von dieser Maßnahme betroffen sein", sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Norbert Scheuch, gestern dem Abendblatt. Die Kurzarbeit soll für fünf bis maximal zwölf Arbeitstage im Monat gelten. Details würden derzeit noch verhandelt, sagte Scheuch. Die Beschäftigten wurden gestern auf einer Mitarbeiterversammlung informiert.

Als Grund für die Kurzarbeit nannte Scheuch die schlechtere Auftragslage. Reifenhersteller hielten sich derzeit mit Orders zurück, die noch vorhandenen Aufträge würden nun sukzessive abgearbeitet.