Bei einer Konferenz im Pariser Wirtschaftsministerium erörtern Politiker und Unternehmer die dramatische Krise der französischen Autoindustrie. Der Staat ist bereit, mit Milliardensummen einzuspringen - sofern die Produktion im Inland bleibt.

Paris. Frankreich greift angesichts der dramatischen Verschärfung der Krise der heimischen Autoindustrie erneut mit Milliarden unter die Arme. Als Gegenleistung forderte Premierminister François Fillon am Dienstag, dass die Konzerne Renault und PSA Peugeot Citroën ihre Produktion in Frankreich halten und im Inland einkaufen. Die EU solle schnell den Weg für Hilfen freimachen.

Der Staat wolle den Herstellern fünf bis sechs Milliarden Euro bereitstellen, sagte Fillon am Dienstag auf einer Konferenz zur Lage der Autobranche im Pariser Wirtschaftsministerium. Auf der Konferenz gründete die Regierung mit Renault und PSA gemeinsam einen Fonds über 300 Millionen Euro, um international wettbewerbsfähige Zulieferer zu schmieden.

Fillon forderte die "Neugründung des Autopaktes" von Herstellern und Lieferanten, um das Überleben der französischen Zulieferer zu sichern. "Eine Einkaufstrategie der Hersteller, die fast ausschließlich nach den niedrigsten Kosten sucht, ist nicht nachhaltig."

Auf europäischer Ebene forderte der Premierminister abgestimmte Maßnahmen der Staaten und der EU-Kommission für die Kreditversorgung. Wenn die Banken nicht genügend Geld bereitstellten und die Zentralbank nicht wie die US-Notenbank handeln dürfe, müssten die Staaten handeln.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, erklärte auf der Konferenz, angesichts der Überkapazitäten werde ein Teil der bestehenden Autowerke verschwinden. "Langfristig wird die Produktion vor allem kleiner Wagen von West- nach Osteuropa wandern." Von 300 000 mittelständischen Unternehmen der Autobranche in Europa sei jedes fünfte in der Existenz bedroht.

Im EU-Budget gebe es keinen Spielraum für Hilfen, so Verheugen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) gebe aber Mittel zur Entwicklung "grüner" Produkte. Zudem müsse die EU darauf hinwirken, dass die neue US-Regierung nichts für ihre Autobranche tue, das den Wettbewerb verzerre und die europäischen Hersteller benachteilige.

Die Finanztöchter von Renault und PSA haben bereits jeweils 500 Millionen Euro Liquiditätshilfen vom Staat erhalten. Neue Hilfen sollen ebenfalls vor allem die Finanzierung erleichtern.

Renault-Chef Carlos Ghosn erklärte auf der Konferenz, im laufenden Jahr könnten 15 bis 20 Prozent der Auto-Arbeitsplätze in Europa verloren gehen. Die Produktion werde um 15 Prozent fallen. Die "brutale und globale Krise" sei dreifach: Es fehlten Kredite, die Hersteller müssten in neue Technologien investieren und jeder dritte Zulieferer sei gefährdet. Es gehe um das Überleben von Herstellern, Lieferanten und Händlern. Die bisherigen Hilfen reichten nicht. Zudem müssten die Hilfen europäisch abgestimmt werden.

Renault sei entschlossen, die Beschäftigung in Frankreich zu halten, und zähle auf den Staat, dafür die Bedingungen zu schaffen, sagte Ghosn. Dagegen wies PSA-Chef Christian Streiff Staatseingriffe auf die Konzernpolitik zurück.

Mit Verweis auf die deutschen Konzerne Continental und Bosch forderte Streiff in der Zeitung "Figaro" die Schaffung starker Zulieferer in Frankreich. Der Staat müsse bei der Entwicklung von Hybridtechnik helfen und für billigeres Geld sorgen. Eine Kapitalbeteiligung des Staates an PSA wie an Renault lehnte er ab.