Der Eigentümer des zahlungsunfähigen Autozulieferers sucht Investoren für das Harburger Werk. Auch die Mitarbeiter, die bis Februar Insolvenzgeld erhalten, hoffen auf die Rettung ihres Arbeitgebers.
Hamburg. Etwas Glück brauchen sie. Aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass die 350 Mitarbeiter der insolventen Stankiewicz in Harburg ihre Arbeitsplätze behalten. Trotz Krise. Und trotz der Banken, die dem Autozulieferer zuletzt kein Geld mehr leihen wollten. Am 29. Dezember waren die Lichter ausgegangen. "Unsere Meister haben uns in den Weihnachtsferien zu Hause angerufen und von der Insolvenz erzählt", sagt ein Mitarbeiter, der in der Eiseskälte vor dem Werk in der Nähe des Harburger Bahnhofs steht.
Bei einer Betriebsversammlung gab es gestern erste Informationen vom Insolvenzverwalter Christopher Seagon. "Er hat gesagt, dass er unseren Fall wesentlich positiver sieht als bei vielen anderen Firmen in der Insolvenz", sagt die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Stankiewicz, Nilüfer Salman. Außerdem seien die Kunden, große Autohersteller wie VW oder Daimler, auf die Produkte aus Harburg angewiesen.
Doch nicht nur in Harburg selbst, sondern auch 700 Kilometer weiter südlich gibt es Zuversicht für den Standort. In Zürich sitzt Ralph Wyss, Gesellschafter des niederländischen Finanzinvestors Gilde, der die Stankiewicz im Februar 2006 von Continental übernommen hatte. Mit Büros in Utrecht, Paris und Zürich verwaltet Gilde ein Gesamtvolumen von mehr als 1,5 Milliarden Euro und hat seit der Gründung im Jahr 1982 in über 200 Unternehmen investiert.
"Das Werk Harburg ist bei Stankiewicz überhaupt nicht das Problem", sagte Wyss gestern dem Abendblatt. Mit speziellen schallisolierenden Gummimatten für Fahrzeuge seien die Harburger Weltmarktführer und einer der wenigen Produzenten auf der Welt. Die Autobauer seien praktisch auf das Überleben des Werkes angewiesen, ist Wyss überzeugt. Das Filetstück der Stankiewicz, deren Zentrale in Adelheidsdorf bei Celle sitzt und die weltweit etwa 2100 Mitarbeiter beschäftigt, dürfte damit auch besonders begehrt bei Investoren sein, glaubt Wyss.
Diese Interessenten sucht derzeit Insolvenzverwalter Saegon für den Autozulieferer, der 2007 noch einen Umsatz von 272 Millionen Euro erzielte. Er habe bereits Anfragen von Firmen aus der Autobranche und von Finanzinvestoren, sagte sein Sprecher Holger Vosskuhl. Harburg könne dabei auch aus dem Konzern herausgelöst werden und einzeln verkauft werden, sagte Wyss, der gleichzeitig aber auch zugibt, dass die Autokrise keine gute Zeit für solche Geschäfte ist.
Die Mitarbeiter, die vor dem Werk über ihre Zukunft reden und beraten, wie sie das bis Februar versprochene Insolvenzgeld beantragen, klammern sich an jede Hoffnung. Und keiner hier spricht aus, dass es schon etliche Hiobsbotschaften in Harburg gab: Bei der Phoenix und dem Cabriodachhersteller CTS sind bereits Hunderte Stellen südlich der Elbe weggefallen.
Ein neuer Investor für die Stankiewicz wäre für die Harburger Beschäftigten die Rettung, würde aber auch bedeuten, sich erneut auf einen neuen Eigentümer einzustellen: Zwei Jahre vor dem Verkauf an Gilde hatte Stankiewicz noch zum Harburger Traditionsunternehmen Phoenix gehört. Dieser Autozulieferer, bei dem früher einmal jeder fünfte Harburger arbeitete, war damals von Continental übernommen worden, sodass auch die Stankiewicz in neue Hände wechselte.
An der Continental lässt Wyss indes kein gutes Haar. "Continental hat uns damals verschwiegen, dass bei Stankiewicz ein Gerichtsverfahren mit einem Lieferanten in den USA lief und es Probleme geben könnte, Aufträge für Nachfolgemodelle zu bekommen", gibt Wyss den Hannoveranern die Mitschuld an der Lage bei Stankiewicz. "Wir haben dadurch Millionen verloren", kritisiert der Niederländer und betont, das durch Conti eingesetzte Management hätte diese Probleme verschlafen.
Ursprünglich hatte Gilde gehofft, die Stankiewicz mit Gewinn wieder abzustoßen. "Wir wollten mehrere Unternehmen aus dem Bereich der akustischen Isolation kaufen und den Umsatz der Stankiewicz dadurch verdreifachen", sagte Wyss. "Diese Gruppe hätten wir 2010 dann verkaufen wollen". Diese Pläne haben sich nun endgültig in Luft aufgelöst.