Im Kampf gegen die anhaltende Rezession hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins im Euro-Raum auf den niedrigsten Stand seiner Geschichte gesenkt. Das teilte die EZB nach ihrer Ratssitzung am Donnerstag in Frankfurt mit.

Frankfurt/Mai. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins im Kampf gegen die Wirtschaftskrise auf den tiefsten Stand seit Einführung des Euro vor zehn Jahren gesenkt. Der Schlüsselzins für die Refinanzierung der Banken sinke auf 1,5 von zwei Prozent, teilte die Notenbank am Donnerstag nach einer Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt mit.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet wollte die Gründe für den Beschluss des EZB-Rats wie gewohnt um 14.30 Uhr vor der Presse in Frankfurt erläutern. Mit Spannung erwarteten Analysten, ob sich der oberste Währungshüter hinsichtlich des weiteren Kurses der Notenbank in die Karten schauen lässt. Dabei geht es den Experten einerseits um Hinweise auf die Zinsentwicklung. Auf der anderen Seite blieb zuletzt die Frage offen, ob die EZB anderen Notenbanken bald folgt und über den massenhaften Ankauf von Wertpapieren zusätzlich Geld in die Wirtschaft pumpt, wenn sich der Leitzins der Nulllinie nähert. Diese im Fachjargon "quantitative Lockerung" genannte Form der Geldpolitik ist unter Experten heftig umstritten.

Die Wirtschaft begrüßte die Zinsentscheidung der EZB. "Sie nutzt den Spielraum, den ihr der sinkende Preisdruck eröffnet", sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Angesichts der schwierigen konjunkturellen Situation sei die Zinssenkung angemessen. Sie trage zur Stabilisierung der Finanzmärkte bei. Der DGB ging die EZB dagegen scharf an. "Sie reagiert zu spät und zu zögerlich auf die historische Wirtschaftskrise", sagte der Chefvolkswirt der Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dierk Hirschel. "Sie hätte sich ein Beispiel an den angelsächsischen Banken nehmen und die Zinsen schnell und drastisch senken sollen." In den USA liegt der Leitzins nahe null Prozent.