Betriebsrat fürchtet Massenentlassungen und Werksschließungen. Debatte über staatliche Intervention bei Autobauer.

Hamburg/Berlin. Die Situation beim Automobilhersteller Opel spitzt sich dramatisch zu. Der Betriebsrat fürchtet Werksschließungen und Massenentlassungen als Teil des Sanierungskonzeptes bei der Konzernmutter General Motors. Das US-Unternehmen steht vor der Insolvenz und braucht dringend weitere staatliche Hilfen.

Der Opel-Betriebsratsvorsitzende Klaus Franz warnte gestern in einer Mitteilung an die Belegschaft mit Blick auf den Sanierungsplan bei GM: "In seiner derzeitigen Fassung umfasst er vermutlich Massenentlassungen an den GM/Opel/Vauxhall-Standorten und einige Werksschließungen." In den deutschen Opel-Werken arbeiten nach Stellenstreichungen in den vergangenen Jahren heute noch rund 25 000 Menschen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, derzeit in den USA, wies Spekulationen zurück, dass Schließungen bereits beschlossen seien. In Bochum steht ein Opel-Werk. "Nach unserem Wissen ist noch nicht beschlossen, irgendeinen Standort zu schließen", sagte der CDU-Politiker "Bild.de".

Die Politik in Deutschland diskutiert unterdessen über staatliche Hilfen, die Opel eine eigenständige Existenz außerhalb von GM ermöglichen sollen: "In einer Krisensitzung wie in der, in der wir uns befinden, muss man offen sein für solche Wege", sagte Edelgard Bulmahn (SPD), die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, dem Abendblatt. Entschieden wird über die Zukunft der deutschen Traditionsmarke zunächst in den USA.

Der Opel-Betriebsratsvorsitzende Franz hält es für realistisch, dass in der GM-Zentrale in Detroit Szenarien für umfangreiche Stellenstreichungen bei den europäischen Töchtern Opel und Saab durchgespielt werden: "Ich gehe davon aus, dass es auch Menschen im Management von GM gibt, die Bestrebungen haben, verbrannte Erde zu hinterlassen", sagte Franz gestern. "Ich warne davor, dass man so mit dem Schicksal von Menschen und einem Traditionsunternehmen umgeht."

Das Verhältnis zwischen der Belegschaft von Opel und dem Mutterkonzern in den USA ist längst zerrüttet. Am liebsten würden die Opel-Beschäftigten in Zukunft für ein eigenständiges Unternehmen arbeiten. Dafür müsste GM allerdings erst einmal bereit sein, das deutsche Tochterunternehmen aus dem Konzernverbund herauszulösen. Das Management von GM, darunter Europachef Carl-Peter Forster, hat das bislang strikt abgelehnt. Opel ist in den Produktionsverbund bei GM eng eingebunden. Als Perle gilt vor allem die Entwicklungsabteilung der Deutschen, die Automobile für verschiedene Konzernmarken von GM entwickelt. "Ich glaube nicht, dass es eine Trennung sehr schnell gibt. Auch deshalb, weil Opel natürlich auch auf das Know-how, auf die Patente, auf die Markenrechte, die in Amerika sind, angewiesen sein wird", sagte Ministerpräsident Rüttgers. Die US-Regierung hat GM mehrmals mit Milliarden Dollar unterstützt und damit in den vergangenen Monaten den Kollaps des weltweit früher größten Automobilkonzerns abzuwenden. Erst gestern erhielt GM einen neuen Kredit über vier Milliarden Dollar. Angesichts der immensen Verluste, die der Konzern jeden Monat anhäuft, bringt diese Kapitalspritze allerdings nur eine kurzzeitige Entlastung.

Die US-Regierung verlangt vom GM-Management eine klare Sanierungsstrategie. Die einzige Chance für Opel besteht darin, dass sich GM komplett neu sortiert und sich bei der Autoproduktion langfristig auf die USA konzentriert. Wenn ein solcher - unwahrscheinlicher - Fall einträte, bräuchte Opel in Deutschland allerdings staatliche Hilfen, um eigenständig zu werden.