Erst Kurzarbeit, dann der Job weg. Wenn das Haushaltseinkommen sinkt, greifen viele zu ihrem Versicherungsordner. Lässt sich bei den Policen nicht...

Hamburg. Erst Kurzarbeit, dann der Job weg. Wenn das Haushaltseinkommen sinkt, greifen viele zu ihrem Versicherungsordner. Lässt sich bei den Policen nicht noch sparen? "Mit Sicherheit", sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. "Normalerweise beschäftigen sich die Leute nicht gern mit diesem Thema. Doch wenn die Haushaltskasse knapp wird, werden sie dazu gezwungen." Das spüren auch Makler und Vermittler. "In diesem Jahr wird nicht nur um die Kfz-Versicherung gefeilscht", sagt ein Hamburger Makler. "Die Kunden wollen jetzt schon ihre Beiträge zur Riester-Rente reduzieren."

Eine Rezession schlägt sich in allen Bereichen der Wirtschaft nieder, "also auch bei den Versicherungen", bestätigt Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender Vorstand des Verbandes Deutscher Versicherungsmakler. "Gefährlich wird es immer dann, wenn in einer Region ein großer Arbeitgeber viele Beschäftigte entlässt. Die größte Gefahr sehe ich darin, dass Kapitallebensversicherungen gekündigt werden." Sparen auf Kosten der Zukunft: Diese Gefahr sieht auch Experte Rudnik. "Die Leute setzen zuerst bei ihrer Altersversorgung an", sagt er.

Doch es gibt noch andere Möglichkeiten. "Vor allem bei den Sachversicherungen kann man sich häufig günstiger und besser versichern", sagt Rudnik.

Die Deutschen geben zwar mit rund 3000 Euro pro Haushalt jährlich viel Geld für Versicherungen aus, sind aber dennoch nicht optimal abgesichert. "Zu stark wird das Versicherungsbedürfnis von Gefühlen statt von rationalen Erwägungen bestimmt", sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Die Leute fürchten sich vor Rechtsstreitigkeiten und Unfällen. Folglich haben sie eine Rechtsschutzversicherung und eine Unfallversicherung." Das größte Risiko ist aber die Verursachung eines Schadens, für den man finanziell einstehen muss. Denn solche Schäden können - insbesondere wenn Personen betroffen sind - existenzbedrohend sein. "Deshalb sollte auf eine Haftpflichtversicherung nicht verzichtet werden", sagt Castello.

Sparen kann man dennoch. Rund 64 Euro kostet beim Direktversicherer HUK24 eine Familienpolice mit einer Deckungssumme von 50 Millionen Euro. Auch fünf Millionen reichen schon aus und drücken den Beitrag für die Familienpolice auf 54 Euro. Castellos Faustregel: "Mehr als fünf Euro monatlich müssen für eine solche Versicherung nicht aufgewendet werden." Singles kommen noch günstiger weg. Dennoch sollte der Beitrag jährlich gezahlt werden, um den größtmöglichen Rabatt zu erhalten. Gegenüber dem teuersten Anbieter können rund 100 Euro im Jahr gespart werden.

Die Notwendigkeit einer Hausratversicherung ist umstritten. "Darauf kann man auch verzichten", sagt Castello. Rudnik sieht das differenzierter: "Ein Student braucht für seine Bleibe keine Hausratversicherung. Bei einer vierköpfigen Familie sieht das anders aus." Er hält deshalb eine Hausratversicherung für Familien für empfehlenswert: "In den Haushalten stehen Werte von 70 000 bis 100 000 Euro."

Preistreiber bei einer Hausratversicherung sind die Versicherungselemente Glasbruch, Fahrraddiebstahl und Wertsachen. Ohne Fahrraddiebstahl und Glasbruch kostet die Police beim niedersächsischen Versicherer LBN im Beispielfall nur 97 Euro. Fast die Hälfte des Jahresbeitrages lässt sich so einsparen.

Je nach Lebenssituation können noch andere Sachversicherungen erforderlich sein. So ist in Hamburg eine Tierhalterhaftpflichtversicherung Pflicht. Immobilienbesitzer brauchen eine Wohngebäudeversicherung und Autofahrer mindestens eine Kfz-Haftpflichtversicherung. "Sparen lässt sich an der Kaskoversicherung, wenn das Fahrzeug nicht mehr neu ist und nicht auf Kredit angeschafft wurde", sagt Rudnik.

Andere Sachversicherungen wie eine Geräte- oder eine Reisegepäckversicherung sind verzichtbar. Dazu zählt Castello auch eine Rechtsschutzversicherung. Sparpotenzial im Jahr: rund 300 Euro. "Der Versicherungsschutz ist bei diesen Policen ohnehin extrem lückenhaft", sagt sie. Viele Streitereien etwa um das Erbe oder den Hausbau sind nicht abgesichert.

Bei den Personenversicherungen steht die Absicherung der Hinterbliebenen mit einer Risikolebensversicherung an erster Stelle. "Es empfiehlt sich, beide Partner abzusichern und nicht nur den Hauptverdiener", rät Rudnik. Denn Alleinerziehende können ihrem Job nur dann weiter nachgehen, wenn sie die Betreuung der Kinder gesichert haben. Und das kostet Geld. "Wichtig ist bei diesen Policen eine Nachversicherungsgarantie", sagt Castello. So kann die Versicherungssumme ohne weitere Gesundheitsprüfung angepasst werden, wenn die Familie größer wird oder zusätzlich ein Baudarlehen aufgenommen wurde.

Nichtraucher kommen bei dieser Versicherung deutlich günstiger weg als Raucher, die rund 90 Prozent mehr bezahlen. "Wer mit dem Rauchen beginnt, muss umgehend seine Versicherung informieren, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden", sagt Daniel Friedheim vom Vergleichsportal Check24. Das gelte auch für Gelegenheitsraucher. Der Wechsel zu einem günstigen Anbieter ist hier nicht so einfach wie bei einer Sachversicherung. Gesundheitszustand und Alter bestimmen die Beitragshöhe. Ein Wechsel ist daher nicht immer sinnvoll.

Auch die Berufsunfähigkeitsversicherung sollte beibehalten werden. "Sie ist die finanzielle Absicherung der eigenen Arbeitskraft und darf nicht auf dem Sparaltar geopfert werden", sagt Castello. Allenfalls in jungen Jahren und bei guter Gesundheit ist ein Wechsel des Anbieters noch möglich. Auch sollte die Auswahl mehr von den Versicherungsbedingungen als vom Preis abhängig gemacht werden.

Um nicht nur laufende Beiträge zu sparen, sondern auch noch etwas herauszuholen, gehen Sparer in Krisenzeiten an ihre private Altersvorsorge. "Das ist nicht gut, aber es wird dazu kommen, denn viele werden keine Alternative haben", erwartet Rudnik. Wenn möglich sollte man seine Lebensversicherung weiterführen, vor allem wenn man sich im letzten Drittel der Laufzeit befindet. Auch eine Beitragsfreistellung ist möglich. "Bei einer Kündigung muss man damit rechnen, nur 40 bis 45 Prozent der eingezahlten Beiträge zurückzubekommen", sagt Rudnik. Sein Rat zum Schluss: "Versicherungen niemals spontan kündigen, sondern sich beraten lassen."