Rote Zahlen auch für Gesamtjahr nicht ausgeschlossen. Diskussion um Rolle von Großaktionär Salzgitter.

Hamburg. Als Bernd Drouven vor fast genau einem Jahr das Ruder bei der Norddeutschen Affinerie von Werner Marnette übernahm, musste er sich in einer spektakulären Abwehrschlacht gegen den unerwünschten österreichischen Investor Mirko Kovats bewähren. Damals gewann Drouven. Doch wird der Hobbysegler kaum vorausgeahnt haben, dass er mit der Affinerie heute erneut in schweres Wetter geraten würde.

Der gebürtige Frankfurter musste gestern als Vorstandschef von Europas größter Kupferhütte einen Quartalsverlust von 98 Millionen Euro bekannt geben, nach einem Plus von 60 Millionen im gleichen Vorjahreszeitraum. Grund für das erste Minus seit fünf Jahren waren vor allem die drastisch gesunkenen Kupferpreise. Auch für das gesamte laufende Geschäftsjahr schließt Drouven einen Verlust nicht aus, obgleich er mit wieder steigenden Kupferpreisen rechnet.

Doch damit nicht genug der Schwierigkeiten für das Unternehmen, das sich nach seinem wichtigsten Produkt in Aurubis für "Rotes Gold" umbenennen will: Wegen der Wirtschaftskrise geht auch die Nachfrage nach Kupferprodukten zurück - die Affinerie muss nun die bereits eingeschränkte Produktion weiter drosseln. Bis zu 200 der 2000 Mitarbeiter in Hamburg müssen daher bald mit Kurzarbeit rechnen. "Im Bereich der Kupferweiterverarbeitung müssen wir darüber nachdenken", sagte Drouven.

Zwar hatte die Affi den Umsatz im ersten Quartal noch von 1,41 Milliarden auf 1,49 Milliarden Euro erhöhen können. Zu diesem Wachstum hatte allerdings auch die Konsolidierung des übernommenen belgischen Konkurrenten Cumerio beigetragen.

Die Zahl der Beschäftigten soll in diesem Jahr konstant bleiben. Bisher arbeiten weltweit 4700 Mitarbeiter für die Affinerie, 70 Prozent davon in Deutschland. Für Unruhe sorgt nach dem Wirbel mit Ex-Großaktionär Kovats erneut ein Investor der Affinerie: Der Stahlkonzern Salzgitter hält 22 Prozent an den Hamburgern und strebt eine Sperrminorität an. Im Sommer vergangenen Jahres besaßen die Niedersachsen erst fünf Prozent und sprachen von einer "Finanzbeteiligung mit industriellem Aspekt". Analysten sehen jedoch wenig industrielle Verbindungen zwischen dem Kupfer und dem Stahlgeschäft.

Die Gerüchte über ein angebliches Interesse an einer Mehrheitsbeteiligung an der Affinerie hat Salzgitter gestern allerdings umgehend dementiert: "Wir haben nicht vor, die Norddeutsche Affinerie zu übernehmen", sagte ein Firmensprecher auf Anfrage.

Auch NA-Chef Drouven wies entsprechende Überlegungen zurück: "Eine Übernahme ist nicht das Ziel von Salzgitter." Eine Mehrheitsbeteiligung sei für Salzgitter unattraktiv, nicht zuletzt, da sich bei einer Fusion keine direkten Synergien ergeben. Dennoch wollen die beiden Firmen in der Logistik und bei der Forschung und Entwicklung zusammenarbeiten.