Es war fast die letzte Chance für den streitlustigen Bahnchef Hartmut Mehdorn. In einer Sitzung des Konzernbetriebsrats am Freitag in Frankfurt...

Frankfurt. Es war fast die letzte Chance für den streitlustigen Bahnchef Hartmut Mehdorn. In einer Sitzung des Konzernbetriebsrats am Freitag in Frankfurt brachte er zwei Sätze über die Lippen, die er eine Woche lang vermieden hatte. Sie könnten ihm den Posten retten, sofern die Aufklärung der Datenaffäre gelingt und der Konzern zumindest bei diesem Thema wieder zur Ruhe kommt. Mehdorn sagte, der Bahnvorstand bedauere, dass es bei den Überprüfungen von Mitarbeitern "zu Verstößen gekommen ist und kein Gremium der Arbeitnehmerinteressenvertretung informiert war". Und: "Er entschuldigt sich dafür bei seinen Mitarbeitern."

Gewerkschaften und Betriebsrat hatten dies tagelang gefordert. Mehdorn hat jetzt zumindest Zeit gewonnen. Dem Konzernbetriebsrat reichte die Entschuldigung fürs Erste aus. Ihr müsse allerdings eine lückenlose Aufklärung folgen, sagte Vizevorsitzender Jens Schwarz. Bei dem Treffen mit den Betriebsräten ging es laut zur Sache. Die Stimmung sei nicht gerade freundlich gewesen, berichteten Teilnehmer. Der Rücktritt Mehdorns sei aber nicht gefordert worden.

Die Gewerkschaften Transnet und GDBA sprachen nachher von einem ersten Schritt, die "Schnüffelaffäre" sei damit aber nicht aus der Welt. Sie beharren auf einer Sondersitzung des Bahn-Aufsichtsrates am kommenden Dienstag und werden dabei von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) unterstützt. Aufsichtsratschef Werner Müller will das Kontrollgremium erst eine Woche später versammeln.

Der Terminstreit war am Freitag noch nicht entschieden. Bahn-Vertreter werden sich spätestens am kommenden Mittwoch wieder zur Sache äußern müssen. Dann befasst sich der Verkehrsausschuss des Bundestages aufs Neue mit der Affäre. Zu mehr als 100 Fragen verlangt er Antworten. Bahnmitarbeiter und Öffentlichkeit interessiert vor allem: War es zur Korruptionsabwehr nötig, rund drei Viertel aller Beschäftigten zu überprüfen?

Diente der Datenabgleich mit Adressen, Telefonnummern und Bankverbindungen von Lieferfirmen wirklich nur dem Ziel, Betrug und Bestechung aufzuklären? Warum wurden die unbescholtenen Mitarbeiter nicht wenigstens nach der Datenkontrolle informiert? Weitere Fragen dürften folgen.

In Zukunft will die Bahn auf alle Fälle vorsichtiger mit Personaldaten umgehen. Der Vorstand erklärte, "dass im Jahre 2009 keine Daten zur Mitarbeiterüberprüfung genutzt oder übermittelt werden".