Eine “unverantwortliche Skandalisierung“ sieht Bahn-Chef Hartmut Mehdorn in der Debatte um den Spitzelskandal - der nach Ansicht der Bahn rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Staatsanwaltschaft solle für eine “Besinnung auf die Fakten“ sorgen.

Berlin. Die Bundesregierung erwartet so schnell wie möglich eine lückenlose Aufklärung über die Datenschutzaffäre bei der Deutschen Bahn. Die Bahn müsse darlegen, auf welcher Grundlage der Datenabgleich bei 173.000 Mitarbeitern vorgenommen worden sei, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag.

Alle weiteren Schlüsse - etwa über die Zukunft von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn - ergäben sich, wenn der Komplex aufgeklärt sei, machte Steg deutlich.

Mehdorn habe inzwischen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, bestätigte der Sprecher des Verkehrsministeriums, Rainer Lingenthal. Er fügte hinzu, in erster Linie gehe es bei den Vorgängen nicht um rechtliche Fragen der Zulässigkeit, sondern darum, ob der Datenabgleich von 173.000 Mitarbeitern ein geeignetes Mittel in einem Unternehmen sei, ein gutes Vertrauensverhältnis unter den Mitarbeiter zu schaffen. Zu klären sei auch, ob bei einem solchen Vorgehen nicht Betriebsrat, Aufsichtsrat und Eigentümer informiert werden müssten.

"Unverantwortliche Skandalisierung"

Laut Lingenthal räumte Mehdorn in einem Schreiben ein, dass dieses Vorgehen bisher nur einem "engen Kreis" zugänglich gemacht worden sei. Am Nachmittag wollte ein Prüfungsausschuss zusammenkommen, um über diese Fragen zu beraten.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn erklärte dazu, er erhoffe sich vom Einschalten der Staatsanwaltschaft "eine Versachlichung der Debatte und eine Besinnung auf die Fakten". Derzeit seien viele Diskussionsbeiträge durch eine "unverantwortliche Skandalisierung" geprägt. Dem solle der Boden entzogen werden.

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Der Datenabgleich sei nach Ansicht der Bahn rechtlich nicht zu beanstanden, bekräftigte Mehdorn. Dies sei Praxis in vielen Unternehmen und werde von Wirtschaftsprüfern und Staatsanwälten ausdrücklich empfohlen. Der Anti-Korruptionsbeauftragte der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, ein ehemaliger Oberstaatsanwalt, sehe "nach wie vor auch keine Anhaltspunkte für ein strafrechtliches Verhalten der Bahn oder deren Mitarbeiter", sagte Mehdorn. Da in Teilen der Öffentlichkeit offensichtlich jedoch das notwendige Vertrauen fehle, habe sich die Bahn zur Einschaltung der Staatsanwaltschaft entschlossen.