Die Auskunftei will Facebook und Twitter nutzen, um die Kreditwürdigkeit der Nutzer zu prüfen – Datenschützer üben scharfe Kritik.

Hamburg. Deutschlands größte Auskunftei Schufa von einer Sicherung der „Qualitätsführerschaft“ – Datenschützer sprechen von „Grenzüberschreitung". Die Schufa will in sozialen Netzwerken wie Facebook und aus anderen Quellen im Internet gezielt Daten über Verbraucher sammeln. Nach Recherchen des Hörfunksenders NDR Info lässt das Wiesbadener Unternehmen dafür am Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam (HPI) entsprechende Projektvorschläge entwickeln. Vertreter der Schufa und des HPI bestätigten die NDR-Recherchen. Datenschützer reagierten entsetzt auf die Pläne.

Wie der Sender am Donnerstag berichtet, will die Schufa in dem in dem am 1. April beim HPI eingerichteten Forschungsprojekt mit dem Namen „Schufa-Lab@HPI“ Kontakte von Facebook-Mitgliedern auf Beziehungen zwischen Personen untersuchen. Damit will die Auskunftei auch die Kreditwürdigkeit der Verbraucher prüfen. Zudem sei die Analyse von Textdaten denkbar, um „ein aktuelles Meinungsbild zu einer Person zu ermitteln“.

+++ Verbraucherschützer kritisieren Schufa-System als irreführend +++

+++ Facebook erntet Kritik für Kinder-Profile +++

Ebenso könnten die Wissenschaftler untersuchen, wie die Schufa über eigene Facebook-Profile oder Zugänge zum Kurznachrichtendienst Twitter verdeckt an „Adressen und insbesondere Adressänderungen“ anderer Nutzer gelangen kann. Auch Personensuchmaschinen wie Yasni, Geodatendienste wie Google Streetview oder Mitarbeiterverzeichnisse von Unternehmen könnten Daten liefern. Angedacht sei auch die „automatisierte Identifikation von Personen öffentlichen Interesses, Verbraucherschützern und Journalisten“.

Die Schufa will die Daten in einem Pool zusammenfassen, um sie für „existierende und künftige Produkte und Services“ einzusetzen. Ziel sei es, „Chancen und Bedrohungen für das Unternehmen zu identifizieren und zu bewerten.“

Schufa-Vorstand Peter Villa sagte dem NDR, das Unternehmen wolle sich „durch wissenschaftlich fundierte Ergebnisse langfristig die Qualitätsführerschaft unter den Auskunfteien in Deutschland sichern“. In der Sammlung der Projektideen heißt es, es handele sich lediglich um „Grundlagenforschung“, die man zudem nach „höchsten ethischen Maßstäben“ betreibe.

Bei Datenschützern stoßen die Pläne auf heftige Kritik und rechtliche Bedenken. „Sollte die Schufa die gewonnenen Daten tatsächlich einsetzen, wäre das eine völlig neue Dimension“, sagte der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert NDR Info. Hinter einem solchen Forschungsprojekt stecke immer eine Absicht. Er zweifle daran, dass eine Umsetzung der Projektideen rechtlich haltbar sei.

Ähnlich äußerte sich Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wenn die privaten und persönlichen Datensammlungen zusammengeführt und ausgenutzt würden, wäre das hochgefährlich, sagte Castello. Sie sprach von einer „Grenzüberschreitung“. (dapd/abendblatt.de)