Schnell die Autoroute online auf dem Handy prüfen und die Facebook-Freunde auf dem Laufenden halten – auch im Urlaub. Doch wie lassen sich die Auslandskosten senken?

Brüssel. Am Strand schnell mal skypen und den Sonnenuntergang per Handy uploaden – all diese kleinen Fingerübungen im Urlaub kosten den Verbraucher viel Geld. Erstmals setzt die EU-Kommission der Telekombranche nun Preisobergrenzen für Datendownloads im EU-Ausland. Vom 1. Juli an gelten auch für grenzüberschreitende Telefonate und SMS neue Gebühren. 2016 soll das gefürchtete „Roaming“ ganz verschwunden sein.

Was ist „Roaming“ überhaupt?

Das Wort „Roaming“ stammt aus dem Englischen und bedeutet in etwa „umherwandern“. In der Welt der Telekommunikation steht das für die Möglichkeit, auch in ausländischen Mobilfunknetzen zu telefonieren, angerufen zu werden oder SMS und Daten auszutauschen. Die Anbieter verlangen für die Weiterleitung von Gesprächen und Daten Gebühren, die sogenannten Roaming-Gebühren. Laut EU-Kommission entfallen rund 4 Prozent des gesamten EU-Mobilfunkmarktes auf „Roaming“, das entspricht 5 Milliarden Euro Umsatz.

Wie ist die Lage für Verbraucher derzeit?

Wer sein Handy im Ausland nutzt, muss mit hohen Zusatzkosten rechnen, kritisiert die EU-Kommission. „Die Leute haben es satt, böse Überraschungen zu erleben, wenn sie ihre Rechnung bekommen“, sagt die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes. Sie beklagt, dass viele Verbraucher ihr Handy im Ausland abschalten, weil sie die Kostenfalle fürchten: „Ein Mobiltelefon sollte mobil sein.“

+++ Urlaubsgrüße und Datendownload ab Juli günstiger +++

Warum sind denn schon wieder neue Vorgaben nötig?

„Weil der Markt nicht funktioniert“, so die EU-Kommission. Seit Jahren versucht Brüssel, in Europa die Preise durch Regulierung zu drücken. Seit 2007 gibt es schon Obergrenzen, die seitdem kontinuierlich sinken. Doch sie hatten lediglich zur Folge, dass die Telekom-Firmen jeweils knapp darunter blieben – auch wenn weitere Preissenkungen möglich gewesen wären.

Was ändert sich am 1. Juli?

Ab diesem Stichtag gelten neue gesetzliche Obergrenzen, die nach EU-Angaben 75 Prozent niedriger als 2007 sind. Ein Anruf aus dem europäischen Ausland kostet dann maximal 29 statt 35 Cent pro Minute (ohne Mehrwertsteuer). Bis 2014 sinkt die Summe schrittweise auf 19 Cent. Für eine SMS dürfen statt 11 nur noch 9 Cent berechnet werden, bis 2014 nur noch 6 Cent. Für deutsche Kunden würde das Telefonieren dann 35 Cent pro Minute inklusive Steuer kosten und eine SMS maximal 11 Cent. Das Ziel lautet, dass bis 2016 im EU-Ausland die gleichen Tarife wie im Inland gelten; dann wäre das Roaming abgeschafft.

Was ist neu beim Internet-Surfen im Ausland?

Ab 1. Juli dürfen Anbieter maximal 70 Cent vor Steuern pro Megabyte Datenvolumen verlangen, ab Juli 2014 maximal 20 Cent. Heutzutage zahlt ein Nutzer nach EU-Angaben oft noch bis zu 4 Euro. Ein Megabyte entspricht etwa 100 Mails ohne Anhang, weniger als eine Stunde Internet-Surfen oder einer Minute Musik-Download im MP3-Format.

Wie viel Geld spart der Verbraucher konkret?

Die EU-Kommission rechnet vor: Wenn eine vierköpfige Familie aus Deutschland eine Woche lang Urlaub in Griechenland, Frankreich oder Italien macht, spart sie bei den Handy-Gebühren rund 280 Euro (gegenüber dem Jahr 2009). Darin sind E-Mails, Surfen im Internet und Hochladen von Fotos enthalten. Ein britischer Geschäftsmann, der mehrfach im Jahr nach Deutschland reise, spare bis zu 1000 Euro.

Was kann man im Urlaub und auf Geschäftsreise noch tun?

Verbraucherschützer raten, die Handy-Mailbox vor der Reise ins Ausland auszuschalten oder im Urlaub nicht abzuhören, um Kosten zu sparen. Wer in der Nähe der deutschen Grenze Urlaub macht, kann prüfen, ob er ins deutsche Handynetz wechseln kann. Bei Smartphones sollte der Besitzer einige Funktionen ausschalten. Viele Firmen bieten Pakete fürs Ausland an.

Wie lautet die Kritik der Telekom-Branche?

Sie bemängelt, dass die EU den Unternehmen die Gewinne abgräbt. Der deutsche Branchenverband VATM nennt Vorgaben für Endkundenpreise „ordnungspolitisch verfehlt“. Nach Ansicht der Branche könnten die Regeln den Verbrauchern sogar schaden, weil den Firmen Geld für Investitionen in den Ausbau der Netze (schnelles Internet) fehle. Für das High-Speed-Internet seien in der EU 220 Milliarden Euro Investitionen nötig. Ein Telekom-Sprecher kritisiert: „Auf die Frage, woher diese großen Investitionssummen kommen sollen, bleibt die Politik mit ihren immer neuen Preissenkungen die Antwort schuldig.“

Und was ist beim Telefonieren außerhalb der EU?

Für Übersee oder Asien gelten die Regeln nicht. Denn die EU kann ihre Gesetzgebung nicht auf außereuropäische Länder anwenden.

Welche neuen Rechte haben Telefonkunden in Deutschland?

Am Donnerstag ist eine Reform des Telekommunikationsrechts in Kraft getreten. Der Wechsel zu einem neuen Anbieter, die Mitnahme von Rufnummern sowie Umzüge sollen einfacher werden. Wartezeiten bei Service-Nummern werden nach einer Übergangszeit kostenlos. Handynutzer können verhindern, dass über ihre Telefonrechnung Online-Services von Fremdanbietern abgerechnet werden. Sie können auch gegen einzelne Rechnungsposten Widerspruch einlegen, ohne dass eine Anschlusssperre droht. Im Festnetz ist das schon länger möglich. (dpa/abendblatt.de)