83.000 Euro für Party mit 20 Prostituierten könnte als “unangemessen“ gelten. Ergo-Chef Torsten Oletzky unter Druck. Auch Munich Re entsetzt.
Düsseldorf/Köln. Nach der Sex-Party für 100 Vertreter der Hamburg-Mannheimer könnten auf die Versicherung Steuernachforderungen zukommen. Die mittlerweile zum Ergo-Konzern gehörende Versicherung hatte nämlich die Rechnung für die Party mit 20 Prostituierten in Höhe von 83 000 Euro komplett steuerlich geltend gemacht. Die Kölner Steuerrechtlerin Prof. Johanna Hey wies am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa auf einen anderen Streitfall um Nachtbar- und Bordellbesuche hin. Dabei hatte der Bundesfinanzhof die Anerkennung der Kosten 1990 bereits als „unangemessen“ zurückgewiesen (Urteil BFH III R 21/86).
Neben dem sonst üblichen Streit um die Höhe der Abzugskosten habe das Obergericht mit dieser Entscheidung ein grundsätzliches Abzugsverbot wegen Unangemessenheit aufgestellt, sagte Hey.
„Was angemessen ist, das lässt natürlich Wertungsmöglichkeiten offen.“ Da bei den Versicherungsvertretern Prostituierte im Spiel waren, spreche aber einiges gegen eine Abzugsfähigkeit, sagte Hey. Da die Sex-Party der Versicherung erst wenige Jahre zurückliegt, sei die Steuer auf jeden Fall noch nicht verjährt und eine Änderungen der Steuerbescheide möglich.
In Paragraf 4, Absatz 5 des Einkommenssteuergesetzes hat der Gesetzgeber einen Katalog von Ausgaben erstellt, die nicht von der Steuer abgezogen werden dürfen. Dazu zählen Gästehäuser für Nicht-Betriebsangehörige, Segel- und Motorjachten und Aufwendungen für Jagd- und Fischerei. In dem Katalog heißt es in Satz 7, auszuschließen seien auch andere Aufwendungen, „soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind“.
Laut „Handelsblatt“ (Dienstag) gerät Ergo-Chef Torsten Oletzky verstärkt unter Druck der Arbeitnehmervertreter. Der Zeitung zufolge wollen sie Oletzky eine öffentliche Entschuldigung für die Sex-Party im Juni 2007 abringen. Bei Ergo sei die Budapester Orgie schon im vergangenen Jahr bekanntgewesen. Doch viele Mitglieder des Aufsichtsrates hätten davon bis vor kurzem nichts gewusst. Ein Unternehmenssprecher wollte sich nicht zur Kommunikation zwischen Unternehmen und Aufsichtsrat äußern.
Auch Munich Re als Mutterkonzern entsetzt
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hat sich entsetzt über die Sex-Party bei der Tochtergesellschaft Hamburg-Mannheimer gezeigt. Der Skandal um den Ausflug ins Rotlichtmilieu von Budapest betreffe den Rückversicherer zwar nur indirekt, sagte Munich-Re-Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek der „Financial Times Deutschland“ (Dienstag). „Aber die Reputation ist für die gesamte Gruppe ein wichtiges Thema, und darum sind diese Dinge überhaupt nicht tolerierbar.“ Er sei entsetzt, dass es so etwas im Konzern gegeben habe.
Die Regeln der Munich Re seien sehr deutlich. „Wir haben einen hohen Anspruch auf ethisches Verhalten. Der ist eindeutig.“ Er würde in so einem Fall „keinerlei Gnade“ walten lassen, sagte Jeworrek. Dass es zu den Vorgängen kommen konnte, habe nicht an den Regeln gelegen, sondern daran, dass sie missachtet wurden. Vor wenigen Wochen war bekanntgeworden, dass die mittlerweile zum Ergo-Konzern gehörende Hamburg-Mannheimer 2007 für ihre 100 besten Vertreter eine Sex-Party in Budapest organisiert hatte. Ergo gehört mehrheitlich zur Munich Re.
Die Munich Re hat neben dem Ärger über die Hamburg-Mannheimer auch eigene Sorgen. Im ersten Quartal hatte der Konzern vor allem wegen der Katastrophe in Japan einen Verlust von fast einer Milliarde Euro eingefahren. Das Erdbeben und der Tsunami in Japan kosten die Munich Re nach vorläufigen Modellrechnungen 1,5 Milliarden Euro. „Wir haben die ersten drei Schadenmeldungen im Haus, die bestätigen unsere Modellrechnungen“, sagte Jeworrek. Weltweit rechnet er mit einem Anstieg der Preise für den Katastrophenschutz.