Berlin. Im Internet kursieren zurzeit etliche Videos von Katzen, die sich wahnsinnig vor Gurken erschrecken. Warum die Tiere Angst haben.
Katzen haben angeblich sieben Leben. Dennoch gibt es etwas, das ihnen große Angst macht: Gurken. Was ungeheuerlich klingt, dokumentieren inzwischen etliche Videos im Internet. Während ihre Katze zum Beispiel arglos am Napf frisst, legen Besitzer heimlich eine Gurke hinter sie - und schauen zu, wie die Mieze kurze Zeit später vor Schreck wie ein Flummi in die Luft springt.
„Funny as hell“ (wahnsinnig lustig) kommentiert eine Nutzerin ein Youtube-Video namens „Cats vs. Cucumbers“, also Katzen gegen Gurken. Es ist einer von Hunderten Kommentaren. Angeklickt wurde die Aufnahme ein paar Millionen Mal. Vielleicht liegt es daran, dass die tierische Angst vor Gemüse so ungewöhnlich ist - Videos wie dieses gehen im Netz derzeit buchstäblich ab wie Schmitz’ Katze.
Manche Betrachter stellen auch Theorien auf, warum ausgerechnet Gurken das Grauen für Katzen bedeuten sollen. Besonders häufig wird vermutet, dass das längliche Gemüse sie an eine Schlange erinnert. Auf die reagieren die Samtpfoten in anderen Videos nämlich ähnlich.
„Katzen sind von Natur aus fremden Dingen gegenüber eher skeptisch“, erklärt Heimtier-Referent Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund. „Es handelt sich also einfach nur um den Überraschungseffekt in Kombination mit einem den Katzen fremden Gegenstand“. Menschen würden in so einer Situation genauso erschrecken, betont er. „Ob die Katze die Gurke mit einer gefährlichen Schlange verwechselt, wie oftmals angenommen wird, ist jedoch etwas weit her geholt.“
Das sieht auch Veterinärmedizinerin Hildegard Jung so: „Es würde höchstwahrscheinlich mit jedem anderen Gegenstand, den die Katze nicht kennt und der sich nicht durch Geruch vorab verrät, so wirken“, erklärt die Tierärztin aus München, die auf Verhaltenstherapie spezialisiert ist. Eine Gurke bewege sich schließlich auch nicht, anders als eine Schlange.
Tatsächlich fällt auch nicht jede Hauskatze auf den Streich herein: Eine junge Berlinern erzählt etwa, ihr Stubentiger sei von dem grünen Gemüse völlig unbeeindruckt gewesen - wenngleich sie es genauso hinter ihr platziert habe wie es im Netz zu sehen ist. Auch andere Halter hatten schon von Fehlversuche. Tierschützer raten ohnehin von dem vermeintlichen Spaß ab. Tierärztin Jung bezeichnet solche Videos etwa als „absolut indiskutabel“.
Katze fühlt sich nicht mehr sicher
„Für die Katze ist das Ganze weitaus weniger amüsant, als es auf den Betrachter wirken mag“, meint auch Katzenexperte Tünte. „Der heftige Schreck verursacht in der Katze eine Fluchtreaktion, mit Anstieg des Blutdrucks, des Herzschlags und mit Erhöhung der Muskelaktivität“. Unter anderem werde auch die Darmtätigkeit erhöht.
„Gerade nach dem Fressen braucht ein Tier jedoch - genauso wie ein Mensch - Ruhe, um den Verdauungsvorgang weiter durchzuführen“, betont er. Wenn Katzen sich in eigentlich geschützen Bereichen wie dem Futterplatz nicht mehr sicher fühlten, könne das zu ernsthaften Verhaltensproblemen führen. Die seien dann nicht mehr lustig, warnt der Experte, „nicht für Menschen, und schon gar nicht für die Katze.“
Für die deutsche Gemüsebranche hat das Internetphänomen allerdings seinen ganz eigenen Charme. „Die Gurke kann so vielleicht sogar noch mehr Aufmerksamkeit gewinnen, besonders bei der jüngeren Zielgruppe“, heißt es bei der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse. Einen Imageschaden fürchtet man dort keineswegs. „Unsere Empfehlung ist aber, aus der Gurke etwas Schmackhaftes zuzubereiten, zum Beispiel einen leckeren Gurken-Salat.“