München. Franz Beckenbauer wird 70 – und ist immer noch am Ball. In Hamburg entdeckte er seine zweite Passion.

Jetzt ist der Tag gekommen, an dem Franz Beckenbauer eventuell mit dem Golfspielen beginnen wollte. „Vielleicht, wenn ich 70 bin“, hat er einmal gesagt, „dann fang ich langsam mit diesem Großvatersport an.“ An diesem Freitag nun wird Deutschlands bester Fußballspieler aller Zeiten tatsächlich 70. Und spielt schon seit 33 Jahren Golf.

Das tut er gut und mit Ehrgeiz und Begeisterung. Ein ballsportliches Naturtalent halt, das 1981 erstmals zum Schläger griff. Im Kreis Stormarn war das, wo ihn der Sportjournalist Gerhard Pietsch mal mit nach Hoisdorf nahm, einem wunderbaren, hügeligen Golfplatz mitten im Wald. „Gerhard Pietsch hatte immer bei mir trainiert und brachte eines Tages den Franz mit“, erinnert sich der Golflehrer Barry Rookledge. „Der hatte eigentlich gar keine Lust, sagte: ,Gib mir mal diesen Stock‘ – und hat dann total vorbeigehauen.“

Franz Beckenbauer und seine Sprüche

 

„Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser.“

 

„Der Rehhagel ist ein erstklassiger Trainer - zumindest in der 2. Liga.“ (Über den ehemaligen Bayern-Trainer Otto Rehhagel)

 

„Ja mei, der Dante. Der braucht den Ball nur zu stoppen. Als Brasilianer. Wenn das jetzt ein Isländer wäre, oder wenn er vom Nordpol kommt, dann würde ich sagen, gut, der hat seine Skistiefel noch an. Aber so: fürchterlich.“

 

„Ich lass ihn hinten raus.“ (Auf die Frage, wie er als Trainer mit Druck umgehe)

 

„Es wird sich doch noch ein Terrorist finden, der das Olympiastadion wegsprengt.“ (Während der Diskussion um ein neues Stadion in München)

 

„Du, Rodolfo, lass es gut sein, ich bin von der anderen Fakultät.“ (Zu Avancen des homosexuellen Ballett-Stars Rudolf Nurejew)

 

„Mir geht das Fußballgeschäft oft auf die Nerven. Ich denke an Konfuzius, der gesagt hat: Fasse die Sorgen des Tages zusammen auf eine halbe Stunde, und in dieser Zeit mache ein Schläfchen.“

 

„Es tut mir leid für den Rest der Welt, aber diese Mannschaft wird auf Jahre hinaus nicht zu schlagen sein.“ (Nach dem WM-Finale 1990)

 

„Wenn du die Meisterschale überreicht bekommst, dann bist du Meister.“

 

„Ich würde mich als Gelegenheitsarbeiter bezeichnen.“ (Auf die Frage nach seiner genauen Berufsbezeichnung)

 

„In einem Jahr hab ich mal 15 Monate durchgespielt.“

 

„Ja gut, es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage.“

 

„So groß ist das Verbrechen nun auch nicht. Der Liebe Gott freut sich über jedes Kind.“ (Über sein zunächst uneheliches Kind)

 

„Ich hab mal einen Stammbaum machen lassen: Die Wurzeln der Beckenbauers liegen in Franken. Das waren lustige Familien, alles uneheliche Kinder. Wir sind dabei geblieben.“

 

„Die haben unter den freiwilligen Helfern so viele hübsche Mädchen ausgesucht, dass ich in den Stadien ein paar Mal hintereinander rein- und rausgegangen bin.“ (Zur WM 2006)

 

„Aus dem Mund eines Torhüters ist selten ein vernünftiger Satz gekommen.“

 

„Van Gaal ist ein Fachmann, ein Lehrer, ein Fußballlehrer, also ganz anders, genau das Gegenteil von Jürgen Klinsmann.“

 

„Johan war der bessere Spieler, aber ich bin Weltmeister.“ (Über Johan Cruyff)

 

„Ich bin ja gelernter Versicherungskaufmann, stellen Sie sich mal vor, ich wäre heute noch jeden Tag in der Versicherung - gut, die Allianz wäre dann mit Abstand das größte Unternehmen der Welt.“

 

„Ich möchte einmal wissen, in welcher Kommission ich nicht bin. Ich glaube, da habe ich nicht aufgepasst.“

 

„Erfolg ist ein scheues Reh. Der Wind muss stimmen, die Witterung, die Sterne und der Mond.“

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Und das war’s dann. Ein Franz Beckenbauer haut an keinem Ball vorbei, an keinem. „Danach war sein Ehrgeiz total geweckt“, erzählt Rookledge. Der 60 Jahre alte Engländer war damals der Club-Pro in Hoisdorf. Heute ist er eine der prägenden Figuren im Hamburger Golfsport, hat die Anlagen in Siek und Sülfeld entwickelt und den „Nobelplatz“ Oberalster gegründet. „Dreimal nur war er bei mir im Training, dann haben wir neun Löcher gespielt, Platzreife“, sagt Rookledge. Sofort Handicap 31 hatte der Kaiser danach.

Beckenbauer hatte ja auch Zeit, nachdem er im Oktober 1980 aus New York nach Hamburg gekommen war. Er wurde zwar 1981/82 mit dem HSV noch einmal deutscher Meister, bestritt aufgrund von Verletzungen in jener Saison aber nur zehn Partien und 28 insgesamt in Hamburg. Kicken ging selten, Golfen schon. „Er war oft in Hoisdorf, sehr relaxed. Ich meine, er war ein Weltstar, aber er war extrem nett, völlig offen“, erzählt Rookledge: „Er sagte zu mir: ,Barry, call me Franz.‘ Wir haben uns gut verstanden.“

Der Kaiser wird 70

Franz Beckenbauer mit der Meisterschale
Franz Beckenbauer mit der Meisterschale © WITTERS | VI Images
Der brasilianische Fußball-Star Pele (M) begrüßt am 31.03.1978 im New Yorker Giants-Stadion den deutschen Abwehrspieler Franz Beckenbauer (r), mit dem er ein Jahr zuvor noch in der Mannschaft von New York Cosmos spielte. Beckenbauer blieb bis 1980 bei Cosmos und spielte 1983 noch einmal für die New Yorker
Der brasilianische Fußball-Star Pele (M) begrüßt am 31.03.1978 im New Yorker Giants-Stadion den deutschen Abwehrspieler Franz Beckenbauer (r), mit dem er ein Jahr zuvor noch in der Mannschaft von New York Cosmos spielte. Beckenbauer blieb bis 1980 bei Cosmos und spielte 1983 noch einmal für die New Yorker © dpa | Martin Athenstädt
Am 8.7.1990 wurde Franz beckenbauer gegen den Titelverteidiger Argentinien auch als Trainer Weltmeister, was er bereits 1974 als Spieler schaffte
Am 8.7.1990 wurde Franz beckenbauer gegen den Titelverteidiger Argentinien auch als Trainer Weltmeister, was er bereits 1974 als Spieler schaffte © dpa | Frank Leonhardt
Freude bei Beckenbauer, und Jürgen Kohler über den Titel
Freude bei Beckenbauer, und Jürgen Kohler über den Titel © WITTERS | Richiardi
Franz Beckenbauer beim Golf
Franz Beckenbauer beim Golf © WITTERS | ALeoni1@wmg.loc
Franz Beckenbauer im Trikot des HSV
Franz Beckenbauer im Trikot des HSV © WITTERS | WilfriedWitters
Franz Beckenbauer und Uwe Seeler
Franz Beckenbauer und Uwe Seeler © WITTERS | WilfriedWitters
Franz Beckenbauer  und Günter Netzer bei der Eröffnung eines HSV-Fanshops
Franz Beckenbauer und Günter Netzer bei der Eröffnung eines HSV-Fanshops © WITTERS | WilfriedWitters
v.l. Horst Hrubesch, Jürgen Groh, Jürgen Milewski, Felix Magath, William Jimmy Hartwig, Ditmar Jakobs, Franz Beckenbauer beim Fotoshooting für den Playboy
v.l. Horst Hrubesch, Jürgen Groh, Jürgen Milewski, Felix Magath, William Jimmy Hartwig, Ditmar Jakobs, Franz Beckenbauer beim Fotoshooting für den Playboy © WITTERS | WilfriedWitters
Franz Beckenbauer und Ehefrau Heidi
Franz Beckenbauer und Ehefrau Heidi © WITTERS | ValeriaWitters
Franz Beckenbauer in National-Trikot
Franz Beckenbauer in National-Trikot © WITTERS | WilfriedWitters
Franz Beckenbauer war von 1994 bis 2009 Präsident des FC Bayern München, zudem von 2002 bis 2009 Vorsitzender des Aufsichtsrates der FC Bayern München AG
Franz Beckenbauer war von 1994 bis 2009 Präsident des FC Bayern München, zudem von 2002 bis 2009 Vorsitzender des Aufsichtsrates der FC Bayern München AG © WITTERS | ChristofStache
Franz Beckenbauer als Deutschland-Teamchef im Volksparkstadion 1988
Franz Beckenbauer als Deutschland-Teamchef im Volksparkstadion 1988 © WITTERS | ValeriaWitters
Fifa-Präsident Joseph S. Blatter, der damalige Bundespräsident Horst Köhler, und Franz Beckenbauer auf der Eröffnungsfeier zur Fußball-WM in Deutschland 2006
Fifa-Präsident Joseph S. Blatter, der damalige Bundespräsident Horst Köhler, und Franz Beckenbauer auf der Eröffnungsfeier zur Fußball-WM in Deutschland 2006 © WITTERS | MatthiasHangst
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Bei allem Talent konnte Beckenbauer natürlich auch auf dem Golfplatz nur schlecht verlieren. Bei einem fiesen Slice brauste er schon mal wenig kaiserlich auf. Rookledge erinnert sich an einen gruseligen Fehlschlag bei einem Turnier in Beckenbauers Wohnort Kitzbühel, als der kleine weiße Ball im Unterholz verschwand: „Da hat er wütend gleich den 1000 Mark teuren Schläger hinterhergeschmissen.“ Und noch in der Anfängerzeit schlug Beckenbauer bei einem Probeschwung eine Grassode aus dem Boden. So etwas macht man nicht, das ist gegen die Etikette. Umso schlimmer, wenn man dabei noch vom Platzinhaber beobachtet und zurechtgewiesen wird. „Nächstes Mal bringe ich meinen eigenen Gärtner mit“, fauchte der Kaiser zurück.

Was andere über Franz Beckenbauer gesagt haben

 

„Beckenbauer ist eine geglückte Mischung aus Selbstbewusstsein, Sensibilität und Bescheidenheit.“(Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder)

 

„Er ist keiner, der Panik hat, weil er jetzt 70 wird. Er blickt auf ein Leben zurück, was einzigartig ist als Fußballer, als Sportler, als Persönlichkeit.“ (Günter Netzer)

 

„Wenn er erklärt, dass der Ball eckig ist, dann glauben ihm das alle.“(Trainer Otto Rehhagel)

 

„Vor allen Dingen aber ist er auch ein wunderbarer Mensch, ein Weltstar ohne Allüren. Er ist ja auch jemand, dem man Allüren nachsehen würde, aber er hat keine und das ist das Schöne.“ (DFB-Präsident Wolfgang Niersbach)

 

„Wenn der Franz aus dem Fenster springt, fällt er nach oben.“ (Sepp Maier)

 

„Für das Image der Deutschen im Ausland hat er mehr geleistet als 50 Jahre Diplomatie und zehn Goethe-Institute zusammen. Wahrscheinlich ist er so mächtig, dass er sogar Regierungen stürzen könnte.“(André Heller, Wiener Künstler und künstlerischer Berater der WM 2006)

 

„Brauchen wir eigentlich noch einen Kanzler, wo wir Franz haben?“ (TV-Entertainer Harald Schmidt)

 

„Wenn der Kaiser spricht, legen sogar die Engel ihre Harfen beiseite.“ (Der verstorbene Meistertrainer Max Merkel)

 

„Schaut aus wie 60, hat aber so viel gemacht, das würden andere nicht mal in 150 Jahren schaffen. Genialer Fußballer. Was er aber danach noch gemacht hat für den Fußball, für den Sport, für Deutschland: Große Anerkennung.“ (Philipp Lahm)

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Inzwischen, sagt Beckenbauer, ist er viel ruhiger geworden. Bis Handicap sieben hatte er sich 1997 heruntergespielt, jetzt ist er wieder knapp zweistellig. Aber Spaß und Leidenschaft sind geblieben – und der gute Zweck hinzugekommen. Durch Benefizturniere in seinem Namen hat Beckenbauer im Laufe der Jahre für seine Stiftung über 20 Millionen Euro eingesammelt.

Im Golfclub Hoisdorf ist Franz Beckenbauer übrigens heute noch Mitglied. Vielleicht bekommt er zum 70. ja eine Geburtstagskarte.

Anekdoten des Franz Beckenbauers

Ausbildung zum Versicherungskaufmann

1959 begann Beckenbauer als Lehrling bei der Allianz-Versicherung. 1. Lohn: 90 Mark im Monat. Als Sachbearbeiter in der Kfz-Abteilung verdiente er anschließend 450 Mark. Für seinen ersten Profivertrag erhält er 400 Euro im Monat. Sein Vermögen wird heute auf 160 Millionen Euro geschätzt.

Wer hat’s zuerst gesagt?

Von 2000 bis 2003 wirbt Beckenbauer für ein Telekommunikationsunternehmen, es entsteht der Spruch: „Ja, is’ denn heut’ scho’ Weihnachten?“

Größte Erfolge

Franz Beckenbauer ist der Einzige neben dem Brasilianer Mario Zagallo, der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde.

Gefragter TV-Gast

Mit 57 Auftritten ist Beckenbauer Rekordgast im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF

Spitzname „Kaiser“

Anfang August 1971 entsteht das Foto des österreichischen Fotografen Herbert Sündhofer, das Beckenbauer in Wien neben der Büste von Kaiser Franz Joseph I. zeigt - der Spitzname „Kaiser“ verselbständigt sich danach. Allerdings: Bereits nach dem DFB-Pokalspiel am 14. Juni 1969, das der FC Bayern gegen Schalke 04 gewinnt, wird Beckenbauer in den Medien erstmals als „Kaiser“ bezeichnet, um die Bezeichnung von Reinhard „Stan“ Libuda als „König von Westfalen“ zu übertreffen.

Eigentore

Beckenbauer erzielte in der Bundesliga vier Eigentore. Mehr haben nur Manni Kaltz/Hamburger SV, Nikolce Noveski/Mainz 05 (je 6) und Per Röntved/Werder Bremen (5) auf dem Konto.

UEFA-Ambitionen

Beckenbauer kündigt Anfang 2005 an, bei der nächsten Wahl um das Präsidentenamt der UEFA zu kandidieren. Allerdings hatte Beckenbauer stets betont, nicht gegen den damaligen Präsidenten Johansson anzutreten. Bei der Wahl am 26. Januar 2007 in Düsseldorf trat dann Johansson erneut an und Beckenbauer kandidierte nicht.

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