Lange galt sie als Mode-Sünde, doch für 2014 zählt die Jogginghose zu den Top-Trends. Setzt sich der gemütliche Schlabberlook jetzt auch in der Öffentlichkeit durch?
Berlin. Auf den Laufstegen in Paris und Mailand ist die Jogginghose längst kein Tabu mehr. Designer wie Stella McCartney bieten den Schlabber-Klassiker für 2014 als Teil stadttauglicher Glamour-Sport-Outfits an. Und wer die Jogginghose in vollem Ausmaß würdigen will, nimmt außerdem am 21. Januar am „Internationalen Jogginghosentag“ teil.
Vier Gründe, warum es in Ordnung ist, in Jogginghosen öffentlich herumzuspazieren – und vier Gründe, warum das gar nicht geht:
Pro
1. Es gibt kaum ein bequemeres Kleidungsstück. „Entspann Dich und trag die Jogginghose einfach den ganzen Tag, egal ob in der Schule oder bei der Arbeit“, appellieren die Initiatoren des „Internationalen Jogginghosentags“. Auf Facebook haben bereits Zehntausende „Freunde des bequemen Beinkleides“ ihre Zustimmung signalisiert.
2. Jogginghosen sind unkonventionell. „Der Jogginghosentag ist auch ein Protest gegen die Konvention, dass man solche Hosen nicht in der Öffentlichkeit tragen sollte“, sagt der Mitinitiator des Aktionstages, Matthias Strohmeier. „Ein bisschen wie Casual Friday“ – er spielt damit auf die Gepflogenheit in vielen Unternehmen an, freitags von der strengen Kleideordnung abzuweichen statt Anzug und Krawatte zu tragen. Jogginghosen seien immer ein stückweit Provokation, sagt außerdem der Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts, Gerd Müller-Thomkins.
3. Jogginghosen können stilvoll wirken – bei Frauen. „Wer in der Öffentlichkeit angezogen wirken möchte, sollte dazu aber hohe, elegante Schuhe tragen“, sagt Stilberaterin Ines Meyrose. „In Branchen, deren Dresscode kein Kostüm vorschreibt, können ,Jogpants‘ stylisch wirken, wenn sie zum Beispiel noch mit einem Blazer kombiniert werden“.
4. Jogginghosen sind Ausdruck von Individualität. Gerade in kreativen Branchen könnten Frauen sich mit eleganten Designermodellen hervorheben, sagt Meyrose, die Mitglied im Interessenverband deutscher Farb- und Stilberater ist. Varianten und Abwandlungen der klassischen Jogginghose böten zudem zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten, sagt Modefachmann Müller-Thomkins.
Kontra
1. Jede Kleidung hat ihren Zweck und ihre Daseinsberechtigung – und Jogginghosen sind nur zum Sporttreiben da. „Jogginghose bleibt Jogginghose, auch wenn sie von einem Designer stammt“, sagt Agnes Jarosch, Leiterin des Deutschen Knigge-Rates. „Im Fitnessstudio, in der Freizeit, dort gehört sie hin.“
2. Jogginghosen haftet immer noch etwas Proletenhaftes an. „Die Jogginghose stammt ja ursprünglich aus der Eisenbieger-Szene, dem Vorläufer der Fitnesskultur“, sagt Müller-Thomkins.
3. Wer als Mann in Ballonseide durch die Fußgängerzonen flaniert, wirkt ungepflegt. Wenn Männer in der Öffentlichkeit gemütlichere Hosen tragen wollten, sollten sie im Sommer zu weiten, luftigen Leinenhosen greifen, sagt Meyrose. „Im Winter gehen dann entspannt geschnittene Cordhosen.“
4. Jogginghosen sind beleidigend. „Kleidung ist eine Wertschätzung des Anlasses und des Gastgebers“, sagt Jarosch. Wer zum Beispiel auf einer schicken Hochzeit in Jogginghosen auftaucht, verhalte sich respektlos.
Fazit
Das Image des „Proll“-Kleidungsstücks hat die Jogginghose teilweise verloren – bei Frauen. Für Männer sind Jogginghosen nach wie vor keine modische Alternative. Doch auch die Jeans sei ursprünglich nur eine grobe Goldgräberhose in den USA des 19. Jahrhunderts gewesen, bis sie sich weit verbreitete, sagt Knigge-Expertin Jarosch. „Vielleicht geht die Jogginghose einen ähnlichen Weg.“