Grindavík. Zum vierten Mal in vier Monaten wird der Ort Grindavik von Lavaströmen bedroht. Eine berühmte Touristenattraktion wurde geräumt.
Zum vierten Mal in vier Monaten ist auf Island ein Vulkan in derselben Region ausgebrochen. Die leuchtend rote Eruption nahe dem Küstenort Grindavík war von der nordöstlich gelegenen Hauptstadt Reykjavik aus zu sehen.
Die Touristenattraktion Blaue Lagune, in der sich rund 700 Menschen befanden, wurde umgehend evakuiert. Auch ein paar wenige Bewohner, die zwischenzeitlich nach Grindavík zurückgekehrt waren, sollten sicherheitshalber wieder aus dem Ort gebracht werden.
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Ausbruch hatte sich mit heftigen Beben angekündigt
Wissenschaftler versuchten, sich von einem Hubschrauber aus ein Bild der Lage zu machen. Der Ausbruch hatte sich erneut mit starker seismischer Aktivität angekündigt. Experten zählten etwa 80 Erdbeben. Die Länge der aufgebrochenen Erdspalte war Experten zufolge rund 3,5 Kilometer lang. Rettungskräfte beschwerten sich über Touristen, die aus Sensationsgier in die Region aufgebrochen seien.
Grindavík liegt auf der Reykjanes-Halbinsel rund 55 Kilometer südwestlich von Reykjavik. Auf der Halbinsel ist es seit Mitte Dezember nun zu vier Vulkanausbrüchen gekommen, bei einem im Januar hatte die Lava sogar drei Häuser am nördlichen Ausläufer des 4000-Einwohner-Ortes erfasst. Die Zukunft der Gemeinde ist ungewiss. Die Regierung hat bereits einen Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach Bewohner ihr Wohneigentum an ein staatliches Unternehmen verkaufen können sollen.
Experten sind allerdings von der Häufigkeit und Heftigkeit der Vulkanausbrüche nicht überrascht. „Seit 2021 gab es ja wiederholt Ausbrüche, und wir rechnen mit weiteren Ausbrüchen in der nahen und sogar teilweise fernen Zukunft. Die Aktivität auf der Reykjanes-Halbinsel wird vermutlich noch mehrere Jahre mit kleinen Ausbrüchen weitergehen, die aber leider auch Ortschaften und Infrastruktur betreffen können“, sagte der deutsche Vulkanologe Valentin Troll von der schwedischen Universität Uppsala gegenüber tagesschau.de.
Auf Island stoßen zwei tektonische Platten zusammen
Grund für die Ausbrüche sei insbesondere die Lage der Reykjanes-Halbinsel auf der Spreizungszone zweier tektonischer Platten, der Nordamerikanischen und der Eurasischen Platte. Diese rieben aneinander, was zu Öffnungen in der Erdkruste führen könne, führte Troll aus. Der Überdruck in den unterirdischen Magmakammern könne sich dann durch Eruptionen entladen. Die Folge: Glühend heiße Lava wälzt sich bis über die Erde und kann auch menschliche Behausungen bedrohen.
Wie bei vielen anderen Vulkanen weltweit hätten auch die in Island eine Art „Rhythmus“, erklärte Troll. Ihre Aktivität vollziehe sich in Zyklen. „Es gibt Perioden, da passiert circa 800 Jahre lang nichts, und dann gibt es Perioden, in denen viel Aktivität stattfindet, die 200 bis 300 Jahre dauern“, sagte Troll. Auf Island habe jetzt ein neuer Aktivitätszyklus begonnen, glaubt der Vulkanologe. Die fünf Vulkansysteme auf der Halbinsel könnten in den nächsten Jahren immer wieder aktiv werden, was zu „kleineren Vulkaneruptionen“ führen könne.
Vulkanologe: Aktivität könnte mehrere Jahre bis Jahrzehnte andauern
Ganz ähnlich schätzen das auch andere Experten ein. „Nach acht Jahrhunderten relativer Unterbrechung und völliger Einstellung der Oberflächenaktivität sind wir in eine neue Episode der Plattentrennung eingetreten, die mehrere Jahre – möglicherweise Jahrzehnte – dauern könnte“, sagte der Vulkanologe Patrick Allard vom französischen Institut de Physique du Globe de Paris gegenüber der Nachrichteagentur AFP. Die kürzlichen Ausbrüche hätten gezeigt, dass sich das Magma sehr nah an der Erdoberfläche befinde und bereit zum Ausbruch sei. Auch er geht allerdings davon aus, dass die weiteren Ausbrüche nicht riesig sein werden.
Hinzu kommt: Mittlerweile können Wissenschaftler Eruptionen ziemlich gut prognostizieren. Daten wie Bodenhebungen, seismische Aktivität, Erdbeben, Temperaturentwicklungen, Gasausstöße würden in die Prognosen einfließen und ließen eine ziemlich genaue Vorhersage zu, erklärte Vulkanologe Troll gegenüber der Tagesschau. Das würde dabei helfen, Menschen rechtzeitig zu warnen und aus den Gefahrengebieten zu evakuieren.
Neben den Lavaströmen, die laut Troll durch Dämme wenigstens etwas eingegrenzt werden könnten, bereiten den Experten giftige Gase Sorgen. Bei einer ungünstigen Windrichtung sei sogar eine Stadt wie Reykjavik gefährdet. Im Falle der Reykjanes-Halbinsel würden die Gase durch den Wind aber in der Regel auf das Meer hinausgetrieben und durch die Windstärke erheblich verdünnt. „Aber im näheren Umfeld könnte das natürlich problematisch sein. Die Schutzbehörden, die Feuerwehr, die Polizei, die müssen eben mit Gasmasken in die Bereiche um den Vulkan, um sich selber zu schützen - lokal können also solche Gefahren auftreten“, erklärte Troll.
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