Berlin. Wenn Schiffe in Seenot geraten, rücken Seenotretter aus. Ein Experte erklärt, wie die Überlebenschancen von Schiffbrüchigen stehen.
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hilft Menschen, die auf der Nord- und Ostsee in Seenot geraten. Mit ihren 60 Rettungseinheiten verantwortet sie ein Gebiet zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten. Wie eine Rettung abläuft, hängt dabei von den Gegebenheiten vor Ort ab, erklärt Christian Stipeldey, Pressesprecher der DGzRS.
Wenn ein Notruf bei der DGzRS eingeht, werden umgehend die nächstgelegenen Rettungsmittel alarmiert. Das können die Boote der DGzRS selbst sein, aber auch Fahrzeuge, die sich in der Nähe der Unglücksstelle befinden – vom Fischkutter bis zum Kreuzfahrtschiff.
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Seenotrettung in der Nordsee: So gehen die Retter vor
„Unsere Zuständigkeit ist es, sämtliche Einsatzmittel zu koordinieren“, erklärt Stipeldey. Zu Beginn würden zunächst möglichst viele Informationen zum Unfall gesammelt. Also wo jemand über Bord gegangen ist, wie die Drift- und Strömungsverhältnisse sind und welcher Seegang herrscht. Denn all das kann dabei helfen, das Suchgebiet einzugrenzen. Im Idealfall ist die Unfallstelle bekannt.
Dann können zum Beispiel ein Hubschrauber und Suchschiffe zum Einsatz kommen. Helikopter könnten zwar nicht lange in der Luft bleiben, ein Suchgebiet aber schnell überfliegen. Bei Schiffen sei es aufgrund des relativ geringen Brennstoffverbrauchs umgekehrt. Stipeldey erklärt: „Dabei werden parallele Streifen gefahren. Die Suchstreifenbreite wird vorab anhand der Sicht- und Seegangsverhältnisse vor Ort und der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge festgelegt. Man fährt also eine gerade Linie, dreht um 90 Grad, fährt ein kleines Stück zur Seite und dann dreht man noch mal um 90 Grad und fährt 180 Grad gewendet zurück. So versetzen die Schiffe immer weiter in eine Richtung, bis das Suchgebiet einmal komplett durchfahren wurde.“
Schiffbruch in der Nordsee: So stehen die Überlebenschancen
Dabei können harsche Bedingungen eine Suche deutlich erschweren. Insbesondere im Winterhalbjahr seien Einsätze besonders fordernd und würden oftmals länger dauern. Das kalte Wasser sei zudem für die Schiffbrüchigen selbst gefährlicher.
Wie lange jemand im kalten Wasser überleben könne, ließe sich aber nicht pauschal sagen. Es komme etwa darauf an, wie der Schiffbrüchige ernährt ist, welche Ausrüstung er trägt und ob er in Panik gerät oder ruhig bleibt. Entscheidend sei also, „wie viel Energie man zuzusetzen hat, um den Körper im Wasser möglichst lange warm zu halten“, so Stipeldey.
„Tote hingegen kann man auch nach Monaten noch finden.“ Aufgrund der Windverhältnisse in der Deutschen Bucht würden Vermisste nach Wochen oder auch Monaten zwischen der Halbinsel Eiderstedt und Esbjerg in Dänemark an die Strände gespült werden. „Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Menschen vermisst bleiben“, sagt Stipeldey.
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