Berlin. Frauenrechtlerin sieht in Vorstoß zu Legalisierung von Prostitution das “unrühmliche Ende einer einstigen Menschenrechtsorganisation“.
Der Vorstoß zur Legalisierung von Prostitution von Amnesty International erntet Kritik - auch von der Feministin Alice Schwarzer. Ihrer Ansicht nach schlägt sich die Menschenrechtsorganisation damit auf die Seite der Täter. DPA-Mitarbeiterin Lena Klimkeit bat die 72-Jährige zum Interview.
Frage: Wie reagieren Sie auf die Resolution von Amnesty?
Alice Schwarzer: Ich bin schockiert! Denn Amnesty war einmal eine sehr anerkannte Organisation für die Verteidigung der Menschenrechte. Jetzt aber wollen sie sich für die Legalität „der Organisation der Sexarbeit“ einsetzen, so wörtlich. Das heißt, dafür, dass Frauenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber unbehelligt ihrem Milliarden-Geschäft nachgehen können. Damit schlägt Amnesty sich auf die Seite der Täter.
Was bedeutet die Empfehlung auf lange Sicht für die Rechte von Frauen?
Schwarzer: Allein in Deutschland haben wir heute Hunderttausende von Frauen, vor allem sehr jungen Frauen, aus Armutsländern, überwiegend Osteuropa. Sie sprechen oft kein Wort Deutsch und werden von denen, die an der Prostitution Milliarden verdienen, als „Frischfleisch“ von Bordell zu Bordell, von Modelwohnung zu Modelwohnung verschoben. Ein Signal wie das von Amnesty bestärkt die Frauenhändler und macht den Frauen das Leben noch schwerer. Sie sind es, die unsere Solidarität brauchen! Sie haben Schutz und Hilfe für den Ausstieg bitter nötig.
Welche Konsequenz könnte der neue Kurs aus Ihrer Sicht für Amnestys Ruf und den Zusammenhalt innerhalb der Organisation haben?
Schwarzer: Ich kann nur hoffen, dass dieser skandalöse Beschluss pro Prostitution und gegen Prostituierte auch innerhalb der sich als links verstehenden Organisation noch diskutiert wird. Für mich, die ich lange Anhängerin von Amnesty war, ist es das unrühmliche Ende einer einstigen Menschenrechtsorganisation.
Zur Person: Alice Schwarzer ist Journalistin und Frauenrechtlerin. Sie gilt seit Jahrzehnten als feministische Frontfrau in Deutschland und hat zahlreiche Kampagnen initiiert, um die Unterdrückung von Frauen anzuprangern.