Hamburg. Hitzerekord gebrochen. Bahnstrecken wegen Unwettern gesperrt. Zwölf Tote bei Badeunfällen - ein junger Mann stirbt in Hamburg.
Das Hoch „Annelie“ bescherte Deutschland Sonne hochsommerliche Temperaturen, Unwetter und den Feuerwehren jede Menge Arbeit. Zu den Wetterextremen und seinen Auswirkungen hält sie das Hamburger Abendblatt im Live-Ticker auf dem Laufenden.
Hitzerekord gebrochen - 40,3 Grad
Die Hitzewelle hat Deutschland einen neuen Temperaturrekord beschert. Im bayerischen Kitzingen wurden am Sonntag 40,3 Grad gemessen, wie ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes sagte und damit einen Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ bestätigte. Das ist die höchste jemals gemessene Temperatur in Deutschland seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Die bislang höchste jemals gemessene Temperatur in Deutschland betrugt 40,2 Grad.
Bahnstrecken wegen Unwettern gesperrt
Wegen des Unwetters sind am Sonntagabend die Bahnstrecken zwischen Berlin und Hannover sowie zwischen Kassel-Wilhelmshöhe und Hannover gesperrt worden. Auch der Bahnverkehr Berlin-Hamburg wurde unterbrochen, sagte ein Sprecherin der Deutschen Bahn am Abend. Die Züge von Hannover nach Hamburg werden über Rotenburg (Wümme) umgeleitet. Eine Ende der Sperrungen war am späten Sonntagabend nicht in Sicht. Die Verspätungen sollen sich nach Angaben der Bahn bis zum Montag hinziehen, sagte die Bahnsprecherin weiter. Aus Sicherheitsgründen würden die Fernzüge in den Bahnhöfen zurückgehalten.
Unwetter über Teilen Deutschlands
Starke Gewitter haben am Sonntag in Teilen Deutschlands für Abkühlung gesorgt. In einigen Regionen gab es laut Deutschem Wetterdienst auch heftigen Hagel. Umgestürzte Bäume blockierten Straßen, Keller liefen voll. Heftiger Regen löste unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Niedersachsen mehrere Rettungseinsätze aus.
Ein Gewitter mit heftigem Hagel sei von der Eifel über den Raum Bonn in Richtung Bergisches Land und Sauerland gezogen, berichtete etwa der Deutsche Wetterdienst in Essen. Im Rhein-Sieg-Kreis klingelte pausenlos das Telefon auf der Leitstelle der Polizei. Es gebe große Hagelschäden und Hunderte abgeknickte Äste. Wegen eines heftigen Gewitters musste außerdem das Fußball-Testspiel zwischen dem FC Gütersloh und Bundesligaabsteiger SC Paderborn abgebrochen werden.
In Sachsen ging laut Deutschem Wetterdienst im Erzgebirge ein Hitzegewitter mit Starkregen von 22 Liter je Quadratmeter und Stunde nieder. Unwetterwarnungen gab es auch für das Vogtland. In Niedersachsen kam es trotz Gewitter aber nicht zu sehr starken Beeinträchtigungen, wie ein Sprecher der Polizei in Osnabrück sagte. „Wir haben ein paar voll gelaufene Keller und ein paar umgeknickte Bäume. Zu richtig schweren Schäden ist es aber nicht gekommen.“
65 255 Blitze über NRW - zwei Schwerverletzte
Kräftige Gewitter haben die tropische Hitze in Nordrhein-Westfalen vorerst beendet. Dabei wurden am Sonntagmorgen zwei Menschen schwer verletzt. Sie wurden nach Polizeiangaben bei Hattingen an der Ruhr auf freiem Feld vom Blitz getroffen. Einer von ihnen musste vom Notarzt reanimiert werden. Beide wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Blitz und Donner zogen am Sonntag wie von den Meteorologen vorhergesagt von Westen her über das Land. Innerhalb von 24 Stunden gingen bis Sonntagnachmittag 65 255 Blitze über Nordrhein-Westfalen nieder, berichtete der Deutsche Wetterdienst in Essen. „Die Gewitter bilden sich heute ausgesprochen schnell“, sagte Meteorologe Malte Witt.
Mindestens 19 Züge wegen Hitze ausgefallen
Wegen der großen Hitze sind bundesweit allein am Sonntag mindestens 19 Fernzüge der Deutschen Bahn ausgefallen. Zudem habe es bis zum Nachmittag 32 Ausfälle auf Teilstrecken gegeben, weil die Klimaanlagen in den ICEs und ICs nicht mehr funktionierten, sagte ein Bahnsprecher in Berlin. Sieben Ersatzzüge wurden demnach eingesetzt. Viele Reisende mussten lange Wartezeiten in Kauf nehmen.
Rimini-Feeling, Blitz, Donner und Megastaus
Mediterrane Temperaturen an Nord- und Ostsee, Tropenhitze in Hamburg und am Abend Gewitter - das erste richtige Hochsommerwochenende hat den Badeorte an der Waterkant einen Besucheransturm beschert und den Feuerwehren jede Menge Arbeit.
An den Stränden von Nord- und Ostsee reihte sich Decke an Decke und Sonnenschirm an Sonnenschirm, soweit das Auge reicht - Hunderttausende suchten Abkühlung im Meer: Das Sommerhoch „Amelie“ mit Temperaturen weit über 30 Grad in großen Teilen Deutschlands hat einen Massenansturm auf die Badeorte an Nord- und Ostsee ausgelöst. Die Fahrt zum kühlen Nass wurde aber vielerorts zur Geduldsprobe für Urlauber und Tagesausflügler. Der Massenansturm auf die Badeorte und eine Sperrung der A7 im Norden Hamburgs sorgten für lange Staus auf den Autobahnen und Landstraßen - viele Parkplätze an der Küste waren zudem überfüllt.
Allein auf der Autobahn A1 von Hamburg in Richtung Ostsee staute sich der Verkehr am Sonnabend nach Angaben der Polizei zwischen Ahrensburg und Lübeck auf rund 30 Kilometern. „Auf einmal wollen sie alle - das ist der normale Wahnsinn bei diesen Hochsommertemperaturen“, sagte ein Sprecher des Lagedienstes in Kiel. Auch auf Bundesstraßen in Richtung Ostsee gab es bei mittäglichen Temperaturen um die 30 Grad Staus und dichten Verkehr. Rund um und in Hamburg verursachte zudem die Sperrung der A7 erhebliche Behinderungen.
Abkühlung in Nord- und Ostsee
Andrang auch an der Kieler Förde: „Wir haben hier 50 Minuten angestanden, um einen Parkplatz zu bekommen“, berichtete eine Kielerin, die am Samstag zum Baden an den Falckensteiner Strand gefahren war. „Hier am Strand liegt Decke an Decke.“
Wer es ans Wasser geschafft hatte, konnte sich bei angenehmen Temperaturen zwischen 26 und 28 Grad und einer leichten Brise am Strand abkühlen etwa am Flensburger Ostseebad. Unzählige Sonnenschirme und Strandmuscheln prägten das Bild und Kinder, die mit Schwimmflügeln und Gummitieren im Wasser planschten oder mit Kescher und Schaufeln zu Werke gingen. Viele Segler nutzten die leichte Brise für einen Törn auf der Förde.
Auch an der Nordsee herrschte Rimini-Feeling. „Campingplatz ausgebucht“ stand auf einem Schild des Campingplatzes Biehl in St. Peter-Ording. Tagesgäste und Urlauber belegten an den Stränden sämtliche Strandkörbe. Die Nachfrage nach einem der insgesamt rund 1200 „Bräunungsöfen“ in dem Nordseebad blieb bis zum späten Nachmittag ungebrochen. „Viele Hamburger haben im Radio gehört, wie warm es heute werden soll“, sagte Strandkorbvermieter Rüdiger Busse. „Sie kamen sehr früh - die ersten fuhren bereits um halb acht an den Strand.“
Schlangen vor den Eisdielen
Vor Eisdielen und Imbissbuden bildeten sich lange Schlangen. Angesichts der großen Nachfrage halbierte der Koch einer Pommesbude kurzerhand die Schnitzel, um die Hälfte dann zum Preis eines Ganzen an die hungrige Kundschaft zu verkaufen.
Die Hamburger Freibäder drohten aus allen Nähten zu platzen. Bei tropischen Temperaturen bis zu 36 Grad strömten Tausende auch in den Stadtpark um sich im Stadtparksee abzukühlen, Grillpartys zu feiern oder einfach die Sonne zu genießen.
Stress für die Retter im Norden
Stress bedeutete das Wetter für die Feuerwehren im Norden. Vor allem in Hamburg waren die Einsatzzahlen erhöht. Dort habe man innerhalb von 24 Stunden 1250 Einsätze gezählt - an einem normalen Wochentag seien es rund 800, sagte ein Sprecher. „Für ein Wochenende ist das sehr, sehr sportlich.“ Bei Temperaturen weit über 30 Grad suchten viele Menschen Erfrischung in Elbe und Alster - in mindestens neun Fällen musste die Feuerwehr am Sonnabendin Not geratene Schwimmer aus den Flüssen retten. Tragisch ging das nächtliche Bad eines 31-jährigen Mannes in der Alster in der Hamburger Innenstadt aus. Zeugen hatten die Feuerwehr alarmiert, als der Mann nach einem Kopfsprung vom Ufer nicht wieder auftauchte. Er wurde von Tauchern geborgen und starb später im Krankenhaus. Außerdem habe der Rettungsdienst mehr Kreislauf-Zusammenbrüche als gewöhnlich behandelt, sagte der Sprecher - konkrete Zahlen konnte er jedoch nennen.
In Bayern ertrank ein Vierjähriger in einem Baggersee. Am Rheinufer in Köln wurde ein Sechsjähriger beim Spielen von der Strömung erfasst. In einem Naturfreibad in Siegen ertrank ein Jugendlicher. Badetote meldeten auch Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft rief dazu auf, nur in bewachten Gewässern zu schwimmen. Bei Unfällen spiele oft Leichtsinn eine Rolle. Im letzten Jahr starben laut DLRG 392 Menschen beim Schwimmen in Deutschland, meist in Flüssen und Seen.
Auf die Hitzewelle folgen Gewitter
Zudem hielt eine Gewitterfront die Feuerwehr vor allem im Südosten Schleswig-Holsteins am Sonnabendabend in Atem. Insgesamt rückten die Wehren zu rund 180 Einsätzen raus. Hauptsächlich waren Bäume umgestürzt und Keller durch den Starkregen vollgelaufen. In Schwarzenbek schlugen Blitze in zwei Einfamilienhäuser ein und verursachten Dachstuhlbrände, in Buchholz brannte ein Einfamilienhaus nach einem Blitzeinschlag komplett aus. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden.
Am Sonnabend krachte es in einigen Landesteilen Niedersachsen, nordwestlich von Bremen fielen innerhalb einer Stunde 13 Liter Regen pro Quadratmeter. In Kehdingbruch bei Cuxhaven schlug ein Blitz in den Schornstein eines Hauses ein und verursachte einen Schaden von rund 50.000 Euro.
Extremhitze auch in Niedersachsen. In Lüchow wurden am Sonnabend 38,3 Grad gemessen. Damit schrammte die Stadt im Wendland nur knapp am niedersächsischen Hitze-Rekord vorbei: Der höchste Wert der vergangenen Jahrzehnte wurde am 9. August 1992 in Bergen und Faßberg in der Südheide gemessen - 38,6 Grad. Faßberg war auch am Wochenende im Temperatur-Ranking wieder ganz oben dabei: Neben Bergen und Celle war es die dritte Wetterstation, wo die 38-Grad-Marke geknackt wurde.
Hitze beschert neue Allzeit-Rekorde
An mehreren Stationen in Deutschland wurden die bisherigen Allzeit-Rekorde eingestellt, in Seehausen in Sachsen-Anhalt etwa mit 38,5 Grad oder in Artern in Thüringen mit 38,3 Grad. Damit blieben die Temperaturen aber noch etwas unter der höchsten Temperatur, die je in Deutschland gemessen wurde - dies waren 2003 in Karlsruhe und Freiburg jeweils 40,2 Grad Celsius gewesen.
Auf die Hitzewelle werden nach den Vorhersagen von Meteorologen vor allem im Westen und Norden Deutschlands unwetterartige Gewitter folgen. Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach gab für Sonntag für den Westen und Nordwesten Unwetterwarnungen wegen der Gefahr schwerer Gewitter mit vereinzelten Hagelfällen und Orkanböen um 120 Stundenkilometer heraus. Vor allem Nordrhein-Westfalen, das nördliche Rheinland-Pfalz, Teile von Hessen, Niedersachsen sowie Thüringen und Sachsen-Anhalt seien betroffen.
Zur zweiten Wochenhälfte hin sagt der Deutsche Wetterdienst sinkende Temperaturen voraus. Am Sonntabend war es noch zu zahlreichen regionalen Temperaturrekorden gekommen. Das Hamburger Institut für Wetter- und Klimakommunikation stellte in Leipzig, Erfurt, Saarbrücken oder am Flughafen Münster/Osnabrück Höchststände für einen Juli fest, bei Temperaturen von um die 37 Grad Celsius.
Feuerwehreinsätze vor allem in Bergedorf
Eine Gewitterfront hat die Feuerwehr in der Nacht zu Sonntag im Süden Schleswig-Holsteins in Atem gehalten. Betroffen war vor allem der Kreis Herzogtum Lauenburg. Hier rückten die Wehren nach Angaben der zuständigen Leitstelle zu 130 bis 140 Einsätzen aus. In Schwarzenbek schlugen Blitze in zwei Einfamilienhäuser ein und verursachten Dachstuhlbrände, in Buchholz brannte ein Einfamilienhaus nach einem Blitzeinschlag komplett aus. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden. Darüber hinaus stürzten Bäume auf Straßen und liefen Keller durch den Starkregen voll. Auch in den Kreisen Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen rückten die Wehren zu rund 40 wetterbedingten Einsätzen aus. In Segeberg und Wahlstedt schlugen Blitze in Gebäude ein, ohne größere Brände auszulösen. Die Hamburger Feuerwehr zählte rund 20 Gewittereinsätze vor allem im Bereich Bergedorf.
Mann springt in Alster und stirbt
Bei Temperaturen weit über 30 Grad suchten viele Menschen in Hamburg Erfrischung in Elbe und Alster. Gefährliche Aktionen: In mindestens neun Fällen musste die Feuerwehr am Sonnabend in Not geratene Schwimmer aus den Flüssen retten. Tragisch ging das nächtliche Bad eines 31-jährigen Mannes in der Alster auf Höhe Kennedybrücke in der Hamburger Innenstadt aus. Zeugen hatten die Feuerwehr alarmiert, als der Mann nach einem Kopfsprung vom Ufer nicht wieder auftauchte. Er wurde von Tauchern geborgen. Er sei vor Ort wiederbelebt worden und später im Krankenhaus gestorben, sagte ein Feuerwehrsprecher. Der Mann habe sich vermutlich abkühlen wollen und sei deshalb in die Alster gesprungen, sagte der Feuerwehrsprecher weiter.
Der Feuerwehrsprecher warnte davor, insbesondere an Stellen des aktiven Fähr- und Hafenverkehrs im Bereich der Elbe ins Wasser zu gehen.
Junger Mann stirbt nach Sprung in die Alster
Blitz schlägt in Haus ein
In Bad Segeberg ist ein Blitz in ein Haus eingeschlagen, Verletzte gab es nach ersten Angaben nicht. Gegen 21:30 Uhr meldete ein Anrufer aus der Oldesloer Straße den Blitzeinschlag. Zunächst versuchten die Bewohner offenbar, den Brand zu löschen. Beim Eintreffen der Feuerwehr war das Feuer bereits gelöscht, sodass die Feuerwehr sofort prüfen konnte, welche Scäden der Blitz angerichtet hatte. Eine Wärmebildkamera zeigte anhand der Schmauchspuren in der Elektrik die Stärke des Einschlages.
So schön ist der Sommer in Deutschland
Mann bei Rettung aus Wasser von Jetski überfahren
Eine Frau hat vor der Ostsee-Insel Hiddensee einen Wassersportler bei einem Bergungsmanöver mit einem Jetski überfahren. Ein Rettungshubschrauber brachte den Mann in ein Krankenhaus nach Stralsund. Die 37 Jahre alte Jetski-Fahrerin hatte versucht, den Mann zurück ans Ufer zu bringen, nachdem er mit einem Schleppreifen abgetrieben war, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Sie fuhr allerdings über den Schleppreifen. Der Mann erlitt schwere Verletzungen an der Schulter und am Bein. Zeugen holten den Verletzten aus dem Wasser und alarmierten die Polizei. Gegen die Frau wurde Strafanzeige erhoben.
Zwei Männer vom Blitz getroffen
Bei einem schweren Gewitter in Hattingen am Rande des Ruhrgebiets sind zwei Menschen vom Blitz getroffen worden. Sie wurden schwer verletzt, einer der beiden musste von einem herbeigeeilten Notarzt reanimiert werden. Beide wurden dann ins Krankenhaus gebracht. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, waren die beiden am frühen Sonntagmorgen auf freiem Feld unterwegs, als das Gewitter über sie hereinbrach.
Heftiges Unwetter über Schleswig-Holstein
Ein Gewitter mit heftigen Regenschauern ist am Sonnabendabend über den Südwesten Schleswig-Holsteins hinweggezogen. Durch heftige Windböen seien größere Äste heruntergefallen und auch mal ein Baum umgestürzt, größere Schäden habe es aber nicht gegeben, berichtete ein Sprecher der zuständigen Regionalleitstelle in Elmshorn. In Vaale im Kreis Steinburg sei eine Straße durch die heftigen Regenfälle überspült worden. Menschen seien bei dem Unwetter aber nicht zu Schaden gekommen. (HA/dpa)