Offenbach/Hamburg. Unwetter und Tornados drohen. Hitze-Brand sorgt für Sendeausfall bei Arte. Reichstagskuppel gesperrt. Neue Dekadenrekorde.

Hoch „Annelie“ beschert Deutschland Sonne und hochsommerliche Temperaturen. Auch am heutigen Sonnabend wird es extrem heiß in Deutschland - so heiß, dass sogar der bisherige Hitzerekord gebrochen werden könnte. Die bislang höchste gemessene Temperatur in Deutschland betrug 40,2 Grad - das war in den Jahren 1983 und 2003. Mit im Gepäck hat Hoch „Annelie“ allerdings auch Schwüle, Blitz und Donner. Bis mindestens Dienstag soll sich nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) die Hitze halten.

Abendblatt.de hält Sie rund um die Hitze im News-Ticker auf dem Laufenden:

Heftiges Unwetter über Schleswig-Holstein

21.31 Uhr: Ein Gewitter mit heftigen Regenschauern ist am Abend über den Südwesten Schleswig-Holsteins hinweggezogen. Durch heftige Windböen seien größere Äste heruntergefallen und auch mal ein Baum umgestürzt, größere Schäden habe es aber nicht gegeben, berichtete ein Sprecher der zuständigen Regionalleitstelle in Elmshorn. In Vaale im Kreis Steinburg sei eine Straße durch die heftigen Regenfälle überspült worden. Menschen seien bei dem Unwetter aber nicht zu Schaden gekommen.

Gewitter über Norddeutschland - Starkregen und Hagel möglich

19.38 Uhr: Der Deutsche Wetterdienst meldet auf seiner Seite: "Heute Abend können sich im Norden gebietsweise, sonst eher örtliche, aber häufig kräftige Gewitter bilden mit Unwetterpotential durch Starkregen und Hagel. Dabei besteht in der teils sehr schwülen Luft verbreitet extreme Wärmebelastung."

Zahlreiche neue Hitzerekorde in Deutschland

18:22 Uhr: An zahlreichen Orten Deutschlands wurden am 4. Juli neue Rekorde gemessen. Dabei werden unterschiedliche Rekordarten unterschieden: Der stärkste Rekord ist der Absolutrekord in ganz Deutschland, der je seit Wetteraufzeichnungsbeginn erreicht wurde. Dieser wurde 2015 noch nicht eingestellt oder gebrochen und liegt bei 40,2°C (zuletzt am 13. August 2003 in Freiburg und in Karlsruhe erreicht). Der vorläufige Höchstwert vom heutigen Sonnabend liegt bei 38,5°C in Seehausen (Sachsen-Anhalt).

An zahlreichen Orten wurde es dennoch so heiß, wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichungen, im Juli oder der ersten Dekade des Julis (1.-10. Juli). An einigen Stationen (z. B. in Offenbach und Münster) wurde ein gestern aufgestellter neuer Rekord heute bereits wieder gebrochen.

Hamburg-Fuhlsbüttel - Dekadenrekord: 36,0°C nach 35,1°C (1964)

Bremen/Flughafen - Dekadenrekord: 36,2°C nach 35,0°C (2010)

Braunschweig - Dekadenrekord: 36,4°C nach 35,4°C (2010)

Reichstagskuppel wegen Hitze gesperrt

16.31 Uhr: Die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstags in Berlin sind wegen der Hitze bis Sonnabendabend gesperrt worden. Mehrere Menschen hätten dort am Sonnabend Kreislaufprobleme bekommen, sagte ein Bundestagssprecher. Daher sei am Nachmittag beschlossen worden, zunächst bis 20.00 Uhr keine Besucher mehr hineinzulassen. Das Restaurant auf dem Reichstagsgebäude bleibe allerdings offen.

"Annelie" beschert Brocken tropische Nacht

15.47 Uhr: Hoch „Annelie“ hat dem Brocken im Harz eine seltene tropische Nacht beschert. In der Nacht zu Samstag sank die Temperatur zu keiner Zeit unter 20 Grad, wie ein Sprecher der Wetterwarte sagte. Das sei auf dem Brocken zum letzten Mal im Jahr 2007 vorgekommen. Tagsüber am Samstag war der Berg angesichts der Sommerhitze rundherum eher ein Ort für eine Abkühlung. Bis nachmittags kletterte die Temperatur auf knapp 26 Grad, wie der Sprecher weiter sagte. Einen neuen Temperaturrekord für den Brocken erwartete er nicht. Dafür sei es zu windig. Die bisherige Top-Temperatur war mit 29 Grad am 20. August 2012 gemessen worden.

Jugendliche kollabieren bei Chorfestival wegen Hitze

15.25 Uhr: Wegen Verdachts auf Hitzekollaps sind am Samstag mehrere jugendliche Teilnehmer des Deutschen Chorfestivals in Trier ins Krankenhaus gebracht worden. Die jungen Leute seien etwa bei einer Probe im Trierer Dom zusammengeklappt, bestätigte ein Feuerwehrsprecher einen Online-Bericht des „Trierischen Volksfreunds“. Bis zum frühen Nachmittag seien sechs Jugendliche vorsorglich ins Krankenhaus gebracht worden. Insgesamt sind rund 3000 Sänger und Sängerinnen zu dem mehrtägigen Chorfestival nach Trier gekommen. Auch abgesehen davon habe der Rettungsdienst wegen Menschen mit Hitzeproblemen in der Stadt alle Hände voll zu tun, sagte der Sprecher.

Sendeausfall bei Arte durch Hitze-Brand

14.53 Uhr: Ein durch die Hitze verursachter Brand hat einen stundenlangen Komplettausfall der Sendungen des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte ausgelöst. Die Panne in einem elektrischen Schaltraum habe über fünf Stunden ab sieben Uhr morgens gedauert, sagte die Sprecherin des Senders Claude Savin am Sonnabend in Straßburg. Der Sendebetrieb konnte um 12.30 Uhr wieder aufgenommen werden.

„Die Panne war so schwer, weil auch das Notstromaggregat betroffen war“, sagte Savin. Verschont blieben die Webseite des Senders und die Mediathek Arte+7, so dass die Zuschauer die verpassten Sendungen des Vormittags doch noch anschauen können. Bereits am Donnerstag hatte es in Köln einen halbstündigen Sendeausfall beim Nachrichtensender n-tv gegeben, wofür möglicherweise auch die Außentemperaturen verantwortlich waren.

Ozon-Alarm in Hessen

12.45 Uhr: Durch die anhaltende Hitze ist die Ozonbelastung in ganz Hessen stark angestiegen. An rund einem Drittel der Messstellen sei am Freitag die Alarmschwelle von 240 Mikrogramm überschritten worden, teilte das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) am Sonnabend mit. Die Informationsschwelle von 180 Mikrogramm wurde an mehr als 75 Prozent der Stationen überschritten. Da es so heiß bleibe, sei auch am Sonnabend mit entsprechend hohen Ozonkonzentrationen zu rechnen, die vor allem zu Problemen mit den Atemwegen führen können.

Bei Werten von mehr als 180 Mikrogramm sollten Aktivitäten im Freien vermieden oder zumindest stark reduziert werden. Zuletzt wurde die Ozon-Alarmschwelle in Hessen laut HLUG im Juli 2012 überschritten.

Um 11 Uhr schon 32,5 Grad in Berlin

11.45 Uhr: Puh, schon am Vormittag kamen die Deutschen ordentlich ins Schwitzen: Die deutschlandweite Höchsttemperatur um 11 Uhr wurde in Berlin gemessen. Die Menschen in der Hauptstadt bekamen es mit 32,5 Grad Celsius zu tun. In Mannheim wurden 32,1 Grad gemessen, genauso wie in Marnitz in Mecklenburg-Vorpommern. In Hamburg, gemessen am Flughafen in Fuhlsbüttel, stieg das Thermometer auf 28,4 Grad.

Freibäder und Badeseen platzen aus allen Nähten

11.36 Uhr: Auch in Hessen ist wieder Schwitzen angesagt - wohl dem, der sich gleich morgens ein Plätzchen am erfrischenden Nass gesichert hat. Vor den Kassenhäuschen vieler Freibäder drängten sich schon am Morgen die Besucher, die Parkplätze vieler Waldseen platzten aus allen Nähten. Am Vormittag waren die Parkplätze am Langener Waldsee (Kreis Offenbach) und am Riedsee Leeheim (Kreis Groß-Gerau) dicht, wie ein Polizeisprecher in Darmstadt sagte.

Am Eschersheimer Freibad in Frankfurt drehten schon um 9 Uhr viele Badehungrige wieder um, weil die Schlange bereits zu Öffnungsbeginn so lang war. „Warum machen die bei der Hitze auch erst um neun Uhr auf?“, echauffierte sich ein Rentner. „Ich wollte bloß meine Bahnen schwimmen. Das kann ich jetzt vergessen.“

Auf Hitze könnten Unwetter und sogar Tornados folgen

10.45 Uhr: Mit der Hitze steigt die Gefahr schwerer Unwetter: Vor allem der Westhälfte Deutschlands drohen am Wochenende Hagel, schwere Sturmböen und starke Regenfälle. Die Unwetter ziehen am (heutigen) Samstag von Frankreich und den Benelux-Staaten heran, wie der Deutsche Wetterdienst in Offenbach vorhersagte. Am Sonntag steigt das Risiko weiter, wie Meteorologe Christoph Hartmann berichtete. Auch Orkanböen und sogar Tornados sind demnach möglich. Und es ist weiter Schwitzen angesagt: An diesem Samstag könnte sogar der bisherige Hitzerekord von 40,2 Grad geknackt werden - wenn, dann voraussichtlich im Südwesten. Den Wert will der Wetterdienst am Abend bekanntgeben.

Marie-Luise Marjan: Bei Hitze möglichst wenig bewegen

10.16 Uhr: “Muter Beimer“ Marie-Luise Marjan (74) bewegt sich bei der derzeitigen Hitze so wenig wie möglich. „Ich verhalte mich still. Am besten ist es, an einem Platz zu sitzen oder stehen zu bleiben, und wenn es geht, die Füße in einen Eimer mit kaltem Wasser zu stellen“, sagte die Schauspielerin der Deutschen Presse-Agentur in Köln. Zwischenzeitlich kühlt sie die Handgelenke unter fließendem Wasser. Bei hochsommerlichen Temperaturen geht sie ungern nach draußen, sondern bleibt lieber im Haus und erledigt Dinge, zu denen sie sonst selten kommt. „Musik hören, lesen, etwas sortieren, aufräumen - irgendwas gibt es immer zu tun im Haus“, sagte Marjan, die seit 30 Jahren die „Helga Beimer“ in der ARD-Serie „Lindenstraße“ spielt.

Notaufnahmen in Niedersachsen auf Hitzefälle eingerichtet

8.57 Uhr: Die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Niedersachsen sind für den Samstag auf viele Hitzefälle eingerichtet. „Es ist ganz deutlich, dass Hitzschlag, Hitzekollaps und Sonnenstiche die Notaufnahme füllt“, sagte der leitende Notarzt am Klinikum Osnabrück, Mathias Denter. Nicht nur ältere Menschen seien betroffen, auch viele jüngere. „Ich habe den Eindruck, dass die Älteren vernünftiger geworden sind, ihre Aktivitäten einschränken und viel trinken.“ Gerade die Jüngeren würden aber oft glauben, nicht betroffen zu sein, das stimme aber nicht.

Schon am Freitag habe seine Abteilung viele Menschen aufnehmen müssen, die nach stundenlanger körperlicher Arbeit an der prallen Sonne über Stunden hinweg kollabiert seien. Für das Wochenende rechnet der Notarzt mit Hitzeschock- und Hitzekollapspatienten, die sich durch Freizeitaktivitäten oder Gartenarbeit überfordert haben. „Wochenende ist auch immer Alkoholzeit“, sagte Denter. Alkohol und Hitze zusammen führe zu krassen Hitzeerschöpfungen bis zum Kollaps.

Der Internist und Chefarzt am Osnabrücker Marienhospital, Michael Müller, riet dazu, viel zu trinken, im Schatten zu bleiben und luftige Kleidung zu tragen. „Die Hitze ist dann nicht mehr das Problem, man kann sie dann schon gut aushalten“, sagte er. Am Samstag und Sonntag rechnen Meteorologen mit Spitzenwerten von bis zu 40 Grad in Deutschland.

Macher des Spaghetti-Eises: Einfaches Sorbet ist bei Hitze perfekt

8.20 Uhr: Der Spaghetti-Eis-Erfinder Dario Fontanella aus Mannheim rät bei der aktuellen Hitze zum einfachen Fruchtsorbet. Durch seine Frische und Süße passe es sehr gut zu heißen Temperaturen, sagte Fontanella. Beliebt seien derzeit Sorten wie Blaubeere, Zitrone, Orange, Himbeere und Cassis. Aber auch ausgefallenere Sorten wie Erdbeer-Basilikum-Eis oder Schokosorbet kämen gut an. Fürs Kombinieren verschiedener Eissorten zu einem erfrischenden Sommer-Mix hat Fontanella einen Tipp parat: Einfach an einen Fruchtsalat denken und das Eis entsprechend zusammenstellen.

Fontanella tüftelt derzeit an einer neuen Sommereissorte: Für sein Heu-Eis, das in den nächsten Tagen Premiere haben soll, hat er Heu aus Bioanbau bestellt. Er wolle, dass das neue Eis nach duftenden Heuwiesen und einfach nach Sommer schmeckt, erzählt der Eiskreateur.

Fontanella hatte 1969 die Idee, Vanilleeis durch eine Spätzlepresse zu drücken. Seither gilt er als Erfinder des Spaghetti-Eises. Dies sei ziemlich hitzeempfindlich, sagte Fontanella. Durch seine filigrane Struktur schmelze es schneller als Eiskugeln. Wer es mit nach Hause nehmen wolle, sollte Spaghetti-Eis lieber vorbestellen. Dann könne es in der Tiefkühltruhe ein bisschen extra abgekühlt werden und halte auch den Heimweg aus.

Ansturm auf Nord- und Ostseestrände erwartet

8 Uhr: Mit 37,7 Grad war am Freitag Bad Mergentheim in Baden-Württemberg der heißeste Ort Deutschlands. Bundesweit auf Platz zwei folgte Saarbrücken mit 37,6 Grad, wie ein DWD-Sprecher in Offenbach sagte. Kitzingen in Bayern landete mit 37,4 Grad auf Platz drei.

Am bislang heißesten Wochenende in diesem Jahr erwarten die Badeorte an Nord- und Ostsee einen Ansturm von Ausflüglern und Kurzurlaubern. Eine Sprecherin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein riet von Spontanreisen ab. Ohne Buchung könne die Quartiersuche mühsam werden. „Wir erwarten am Wochenende volle Strände, volle Parkplätze, volle Lokale und Geschäfte“, sagte der Tourismusdirektor des ostholsteinischen Ostseebades Grömitz, Olaf Dose-Miekley. Er rechnet am Samstag und Sonntag mit je rund 30.000 Gästen - der Ort selbst hat nur 5500 Einwohner. Beim Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern hieß es: „Der Motor läuft jetzt auf Hochtouren.“

Schon am Freitag zeigten sich die negativen Folgen der großen Hitze, so etwa ausgefallene Klimaanlagen in Zügen und Blitzeinschläge. Mit Regen und Hagel zog zum Beispiel ein starkes Hitzegewitter über Teile Thüringens hinweg. In Dachwig wurden innerhalb einer Stunde 36 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Nach Angaben der Polizei gab es aber keine größeren Schäden oder Verletzte bei dem Unwetter.

(dpa/HA)