Hamburg. Nicole Leidenfrost aus Wedel schuf das Gastgeschenk für Elizabeth II. Die internationale Kritik über ihr Werk ficht sie aber nicht an.
Das Gemälde zeigt die britische Königin Elizabeth II., wie sie im Alter von neun Jahren auf einem Pony reitet. Die Übergabe des Bildes als Geschenk an den royalen Gast in Berlin hat dessen Malerin unerwartet in den Fokus des internationalen Interesses gerückt. Sie heißt Nicole Leidenfrost und lebt in Wedel. Die Künstlerin hat den Moment noch vor Augen, als sie vor dem Fernseher saß und sah, wie die Queen zusammen mit ihrem Mann, Prinz Philip, vor dem Bild stand und es betrachtet, nachdem es ihr Bundespräsident Joachim Gauck überreicht hatte. „Ein einmaliger Moment, da hat mir schon mein Herz höher geschlagen“, sagt die 41-Jährige.
Die „Queen-Malerin“ ist gefragt: Sie bekommt E-Mails und Anrufe, Posts auf Facebook. Das Leben der Nicole Leidenfrost hat sich auf einen Schlag geändert, sagt sie und berichtet fröhlich: Journalisten melden sich, aus aller Welt, und Kunden. „Ich habe auch Anfragen aus Großbritannien, die sich für meine Bilder interessieren.“
„Soll das mein Vater sein?“, fragte die Queen bei der Übergabe
Nun muss man sagen: Das Acrylgemälde sorgte bei der Queen selbst eher für Irritation, und die Zeitungen in Großbritannien kommentierten es zum Teil mit großem Spott – das tut Nicole Leidenfrosts Freude über das Interesse an ihrer Arbeit aber keinen Abbruch. Das Bild zeigt die junge Königin auf dem Rücken eines in blauer Farbe gemalten Ponys, daneben ihren Vater König Georg VI. in einem leuchtend gelben Sakko. Elizabeth II. reagierte verhalten. „Soll das mein Vater sein?“, fragte sie. Im Internet wird der Künstlerin mit Häme und Spott begegnet. „Ist es Bad Painting oder einfach nur schlecht gemalt?“, fragte der Kunstkritiker Mark Hudson in einem Beitrag für den „Daily Telegraph“. Der „Guardian“ bezeichnete die Situation der Geschenkübergabe im Berliner Schloss Bellevue als „ungelenk“. Und was sagt die Künstlerin?
Nicole Leidenfrost lächelt; sie stört sich nicht an solchen Stimmen. „Ich bin ganz tiefenentspannt, die Königin hat gelächelt, die Stimmung war gut, und das ist doch wichtig“, sagt sie. „Ich fühle mich überhaupt nicht gekränkt.“ Sie habe extra royalblau als Farbe gewählt. Und: „Wahnsinn, noch nie wurde in letzter Zeit weltweit so intensiv über Kunst diskutiert, das ist wunderbar und toll für die Kunst“, findet sie. Überhaupt, Kunst müsse polarisieren. „Kunst ist wie Fußball, Jeder redet darüber, und bei Kunst könnten „Menschen ihre Emotionen rauslassen“.
Zur Queen-Malerin wurde sie durch Zufall. Sie verteilte Kunstpostkarten, gewissermaßen als Visitenkarten. „Da wurde ich angesprochen, ob ich nicht einmal bei einer Charity-Auktion mitmachen wolle“, sagt sie. Bei ebendieser Auktion kam ins Gespräch, dass man im Bundespräsidialamt Kunstgeschenke suche – dort gibt es lange Listen mit Künstlern. Im Herbst 2014 rief sie dort an. „Ich habe gedacht: Mehr als ablehnen können sie mich ja nicht. Ich hatte nie damit gerechnet, dass sich jemand melden würde.“ Sie hatte unter anderem Pferdemotive eingereicht. Doch als der Anruf kam, war sie perplex. Ob man nicht eines mit der Queen und einem Pferd machen könne, wurde sie gefragt. „Ich habe im Internet recherchiert und ein Foto gefunden, das herzerwärmend war, es hat mich sehr angesprochen.“
Lohn und Arbeitszeit bleiben „Betriebsgeheimnis“
Sie schlug vor, das Motiv der jungen Queen auf ihrem ersten Pony, geführt von ihrem Vater, als Gemälde umzusetzen. Der Lohn für das Queen-Bild? Darüber schweigt die Künstlerin diskret. Auch wie lange sie daran gearbeitet hat, verrät sie nicht: „Betriebsgeheimnis“, sagt sie und lacht.
Sie reichte es ein, wieder begann das Warten. Vor ein paar Wochen klingelte dann erneut das Telefon, der Zuschlag, „das hat mich unglaublich gefreut.“
Schon als Kind fiel Nicole Leidenfrost künstlerisch auf. Bevor sie an der Hochschule der Künste in Berlin aufgenommen wurde, malte sie ihre ersten Bilder auf Leinwand auf Bestellung. Der erste Kunde kaufte ihr eine Staffelei, weil sie noch keine hatte. Eine Hamburger Galerie nahm Werke von Wolfgang Joop aus dem Schaufenster und stellte ihre hinein. Die Gewinnerin des Kunstjournals „Artist Window“ 2013 war Stipendiatin 2009 der Universidad Nacional im spanischen La Coruña und der Kunstakademie Bad Reichenhall.
2013 zog sie von Berlin nach Wedel, der Liebe wegen. Präsent ist sie in aller Welt – mit Ausstellungen unter anderem in Deutschland, Peking, Marbella, Athen, Luxemburg. „Ich möchte, dass meine Bilder Freude in die Räume der Kunden bringen“, sagt sie. Ihre Motive: Tiere und Personen, Bewegungen, Ballett. Sie malt in Öl und Acryl. Sie verleiht auch Bilder an Firmen, macht Kreativkurse und mehr. Der Preis ihrer Werke reicht von 550 Euro bis zu 5000 Euro, die Nachfrage dürfte nach dem Queen-Gemälde wohl steigen.
Über den derzeitigen Rummel freut sich auch ihre Mutter, 81, die in einem Seniorenheim lebt. „Die war stolz wie Bolle“, sagt Nicole Leidenfrost. „Sie geht nicht mehr ohne Hut auf die Straße.“ Ganz wie die Queen.
Queen Elizabeth II. in Deutschland