Die Zähne fallen aus, die Augen werden schwächer - auch Zootiere erreichen oft ein hohes Alter. Sie benötigen ganz besondere Pflege.
Köln. Chico reißt sein Maul auf. Viele Zähne hat er nicht mehr in seinem Gebiss. Seine Finger sind krumm, sein rötliches Fell wirkt schütter - Chico ist ein echter Brüllaffen-Senior. Mit seinen 29 Jahren hält er den Rekord, sagt Kurator Alexander Sliwa. Früher hat Chico als Leierkastenaffe auf Teneriffa gearbeitet, heute verbringt er seinen Ruhestand im Kölner Zoo.
Arthrose, Bandscheibenschäden, Zahnprobleme, grauer Star. Tiere bekommen im Alter die gleichen Beschwerden wie Menschen. „Manche werden sogar etwas kauzig“, sagt Sliwa. Der Luxus im Zoo: Pflegenotstand gibt es eher nicht, denn hier kümmert sich ein Tierarzt um die Altersleiden der Tiere. Erfolgreich. Im Schnitt werden Tiere in der Natur nur halb so alt wie im Zoo.
„Alle wollen immer nur klein und niedlich“, beschreibt Sliwa das Dilemma der Zoos. Die Tierbabys seien die Stars. Ein alter Klunkerkranich von 48 Jahren, träge Krokodilsenioren oder ein alter Orang-Utan seien dagegen nicht so beliebt. Tilda ist mit ihren knapp 50 Jahren schon eine reifere Orang-Utan-Dame. Sie bewegt sich langsam, und auf ihren Fingern zeichnen sich schon die Altersflecken ab. Im Kölner Zoo ist Tilda von den anderen Orang-Utans getrennt. „Die Jüngeren würden Sie nicht in Ruhe lassen“, sagt Kurator Sliwa.
Alte Tiere seien weniger flexibel, nicht mehr so wendig. Bei den Roten Varis bemerkt Sliwa, dass das älteste Vari-Weibchen Tanja den Kopf ständig schief hält. „Die hat bestimmt einen Schlag bekommen“, vermutet er. Varis sind Halbaffen aus Madagaskar. Tanja ist noch dort geboren. Jetzt lebt die 30-Jährige mit ihrem 29-jährigen Mann Trouble getrennt von den jüngeren Varis im Kölner Zoo.
Eine Senioren-WG gibts auch bei den Elefanten im Allwetterzoo Münster. Die drei Asiatischen Elefantenkühe Rada (48), Kanaudi (49) und Tefi (49) leben mit drei jüngeren Elefanten zusammen. „Wenn ein Elefant 60 wird, ist das ein echtes Highlight“, erklärt Kurator Dirk Wewers. Das wäre mit einem über 100-jährigen Menschen vergleichbar. Das Alter merke man den Dickhäutern aber nicht an. „Nur Rada sieht ein bisschen eingefallener aus“, sagt Wewers.
Saftiges Fleisch ohne viel Knochen gibt es für das betagte Löwenpaar (beide 17) im Zoo Duisburg. Normalerweise würden Raubkatzen nur etwa 15 Jahre alt, erklärt Biologe Volker Grün. Im Zoo gibt es deswegen altersgerechte Nahrung. „In der Natur kriegen die alten Tiere das, was die anderen ihnen übriglassen“, sagt Grün.
Vielen Tieren sehe man ihr hohes Alter gar nicht an. Siamang Jupp sei mit seinen 40 Jahren immer nach aktiv und aufmerksam, erzählt Grün. Die alten Tierpfleger kennen den Affen seit sie vor Jahrzehnten im Zoo angefangen haben.
Dabei muss über die Jahre hinweg nicht immer eine enge Freundschaft entstehen: Manche Tierpfleger mag Brüllaffe Chico einfach nicht, erzählt Wolfgang Schmiedeberg im Kölner Zoo. Auch ihn, normalerweise einer von Chicos Lieblingspflegern, begegnet der Brüllaffe an manchen Tagen mit Drohgebärden. „Dann sage ich: Ich bin’s doch. Und dann erkennt er mich“, erzählt Schmiedeberg, während er mit seiner Kollegin das Essen für die Affen vorbereitet. Für den alten Chico wird natürlich auch ein bisschen weiches Gemüse dabei sein. (dpa)