Hamburg/Wien/Helsinki. Die 24-jährige deutsche Starterin ist krank. Eigentlich sollte sie in Wien schon heute mit ihrem Titel “Black Smoke“ auftreten.
Während der Eurovision Song Contest (ESC) mit den Halbfinals in Wien bereits in seine 60. Runde gestartet ist, steigt auch in Hamburg die Spannung. Die Hansestadt stellt mit Ann Sophie nicht nur den deutschen Beitrag für den europäischen Sängerstreit beim Finale am Sonnabend (ab 20 Uhr im Liveticker auf abendblatt.de), sondern ist auch in diesem Jahr traditionell Schauplatz des größten ESC-Events außerhalb der österreichischen Hauptstadt.
Abendblatt.de hält Sie auf dem Laufenden über den Wettbewerb, bei dem der Nachfolger von 2014er Siegerin Conchita Wurst gesucht wird:
Guildo Horn traurig über Aus der Finnen
15.37 Uhr: Schlagersänger Guildo Horn hat das Aus der finnischen Punkband Pertti Kurikan Nimipäivät (PKN, siehe Meldung von 13.07 Uhr) mit vier behinderten Musikern beim ESC bedauert. „Natürlich wäre es der Oberhammer gewesen, wenn die finnischen Punkrocker im Finale vor vielleicht 200 Millionen Fernsehzuschauern aufgetreten wären“, sagte Horn in Trier.
Aber beim ESC solle der olympische Gedanke im Vordergrund stehen, so Horn. „Man sollte das auch nicht zu politisch sehen. Es ist nur Musik, ob von einem Musiker mit oder ohne Behinderung. Unterm Strich soll's Freude bereiten und ein gutes Gefühl.“ Finnland verdiene ein dickes Kompliment für „den vorbildlich lässigen Umgang mit dem Thema Behinderung“ und die Punker „für die geile Performance“.
„Behinderte Menschen werden in deutschen Unterhaltungssendungen meist als sperriges Randthema empfunden“, sagte Horn, der 1998 beim Grand Prix mit „Guildo hat Euch lieb“ den siebten Platz belegt hatte. Der 52-Järhige, der sich seit Langem sehr für Menschen mit Behinderung einsetzt, wünsche sich in Deutschland bei der Wahl von Interpreten „wieder etwas mehr Mut statt Mainstream“. Zum Finale werde er Ann Sophie aus der Ferne ein „sanftes toi, toi, toi“ schicken.
60. Eurovision Song Contest in Wien
Österreich und Deutschland schenken sich nichts
15.06 Uhr: Die Nachbarn Deutschland und Österreich zeigen sich beim ESC übrigens gerne die ganz kalte Schulter. Bei 47 gemeinsamen Teilnahmen habe Deutschland den Liedern aus der Alpenrepublik 30 Mal null Punkte gegeben, erläutert Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ). Umgekehrt habe sich auch Österreich nicht gerade generös gezeigt: 21 Mal „zéro points“ für die Bundesrepublik. „Wir haben noch Luft nach oben“, meint Ostermayer mit Blick auf das ESC-Finale am kommenden Samstag in Wien. Zu den bemerkenswerten nachbarschaftlichen Abstimmungen zählte auch, dass Udo Jürgens bei seinen drei Teilnahmen keinen einzigen Punkt aus Deutschland bekam. Nicole („Ein bißchen Frieden“) erhielt bei ihrem Sieg 1982 aus Österreich immerhin einen Punkt.
Ann Sophie muss erkrankt absagen
14.48 Uhr: Kleiner Schock für alle deutschen Grandprix-Fans: Kurz vor dem ESC-Finale fühlt sich Ann Sophie krank. Ihr gehe es nicht so gut, bekannte die 24-jährige Hamburgerin soeben auf einer Pressekonferenz. Ein Termin am späten Nachmittag wurde gestrichen. „Leider müssen wir den Auftritt im Eurovision Village von Ann Sophie heute absagen.
Der Grund dafür ist die Erkältung unserer Künstlerin“, teilte der NDR mit. Die Maßnahme geschehe rein vorsorglich. Ann Sophie sollte auf der Fanmeile am Wiener Rathaus ihren Beitrag „Black Smoke“ unter freiem Himmel singen. Das Wetter hat sich in der österreichischen Hauptstadt zuletzt deutlich verschlechtert.
Nur drei Minuten trällern
14.26 Uhr: Der ESC ist zwar eine große Party, dennoch hat er noch weitere klare und viele Regeln. Eine kleine Regelkunde für den 60. ESC:
Besonderheiten beim 60. ESC
Jury vergibt die Punkte schon vorab
13.29 Uhr: Deutschland darf übrigens beim Finale und auch schon beim zweiten Semifinale seine Wertung für Künstler anderer Nationen abgeben. Die Jury stimmt aber – anders als das TV-Publikum – nicht während der jeweiligen Live-Sendungen aus Wien am 21. und 23. Mai ab. Es geschieht schon nach der zweiten Generalprobe am Abend davor, den sogenannten „Jury-Finalen“. Diese Shows sehen die Jury-Mitglieder in einer speziellen, nicht öffentlichen Übertragung gemeinsam in Hamburg.
Das ist die deutsche Jury
13.21 Uhr: Auf dem Spielbudenplatz auf Hamburg-St. Pauli wird schon seit Montag fleißig an der Bühne für die deutsche ESC-Party geschraubt. Von dort werden am späten Sonnabendabend auch die Punkte aus Deutschland vergeben - und zwar von folgender Jury: Die Sänger Mark Forster („Flash mich“), Ferris MC („Zur Erinnerung“) und Johannes Strate („Es tut mir weh dich so zu sehen“) sowie die Sängerin Leslie Clio („I Couldn’t Care Less“) und der Produzent Swen Meyer (Kettcar, Tomte) urteilen über die Beiträge. Die fünf Experten bestimmen damit zur Hälfte das Abstimmungsergebnis aus der Bundesrepublik. Die anderen 50 Prozent legen die Zuschauer per Telefon, SMS und App fest.
Ann Sophie mit ESC-Party-Moderatorin Barbara Schöneberger am Dienstag in Wien:
Finnische Punker trösten sich nach Aus
13.07 Uhr: Nach ihrem Aus im ersten ESC-Halbfinale sehen sich die Mitglieder der finnischen Punkband Pertti Kurikan Nimipäivät (PKN) dennoch als Gewinner. „Wir haben nicht verloren. Wir sind nicht ins Finale gekommen, aber wir haben diesen ganzen Wettbewerb gewonnen“, sagte Schlagzeuger Toni Välitalo in einem Interview im finnischen Fernsehen. „Kein Grund, uns schlecht zu fühlen oder zu weinen“, ergänzte Frontmann Pertti Kurikka. Und fragte den TV-Journalisten des Senders Yle: „Kannst du uns gratulieren?“
Mit ihrer Punkmusik habe die Band, deren Mitglieder alle mit einer geistigen Behinderung leben, wohl nicht den Geschmack des Grand-Prix-Publikums getroffen, meinte Sänger Kari Aalto: „Jeder will nur Pop hören, Balladen oder Gesangsgruppen. Wie sind eine etwas andere Band. Wir haben unser Bestes gegeben, aber diesmal keinen Fisch gefangen.“ Auf Facebook erklärte PKN: „Wir haben alles richtig gemacht, aber die anderen haben die Punkte nach Hause geholt.“
Ann Sophie empfindet "große Freiheit"
12.20 Uhr: Ann Sophie genießt den ESC trotz Lampenfieber. „Ich empfinde ein großes Gefühl der Freiheit. Denn ich mache das, was ich liebe“, sagte die Hamburgerin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Trotzdem habe sie vor jedem Auftritt Lampenfieber und spüre Respekt vor dem Publikum, räumte die 24-Jährige ein. Ein Rezept gegen die Aufregung habe sie noch nicht gefunden. „Sobald ich mich eingegroovt habe, geht das Lampenfieber auch wieder weg“, sagte die Sängerin.
Vor dem ESC-Finale am Sonnabend habe sie unterdessen das Gefühl, dass Deutschland wirklich hinter ihr stehe. Ann Sophie kommt in Wien nur deshalb zum Zug, weil der Gewinner des deutschen Vorentscheids, Andreas Kümmert, auf den Start verzichtet hatte. (dpa/epd/HA)